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König Wenzels Bibliothek

In document Deutung I. & Quelle (Pldal 109-112)

von Maria Theisen

1 König Wenzels Bibliothek

önig Wenzel IV. (1361–1419), Sohn des Kaisers Karl IV. aus dem Hau-se Luxemburg, römisch-deutscher König Hau-seit 1376 und Nachfolger auf dem böhmischen Thron im Jahre 1378, hatte sich im Laufe von etwa fünf-zig Jahren eine schon zu Lebzeiten weithin berühmte Büchersammlung zugelegt. Im Gegensatz zu seinem Vater unternahm Wenzel IV. unseres Wissens keinen Versuch, der Nachwelt ein Denkmal in Form eigener Schrif-ten zu hinterlassen. Im Aufbau seiner Sammlung folgte er vielmehr von Jugend an einer Vorliebe für kostbare Bücher, wie sie an ausnahmslos al-len europäischen Fürstenhäusern seiner Zeit zu beobachten ist. Direkte In-spiration erfuhr er möglicherweise von seinen französischen Verwandten, die er in den siebziger und neunziger Jahren des 14. Jahrhunderts zweimal auf diplomatischen Reisen besuchte und deren beeindruckende Bücher-sammlungen er mit Sicherheit gesehen hat: jene des französischen Königs Charles V und jene des Duc de Berry.1 Umso mehr mag es verwundern, dass heute nur mehr sieben illuminierte Bücher mit ganzer Sicherheit dem Besitz des böhmischen Königs zugeordnet werden können. Es handelt sich hierbei um eine Abschrift der deutschsprachigen Willehalm-Trilogie,2 eine deutsche Übersetzung der Psalterauslegung des Nicolaus de Lyra,3 zwei

1 Krása 1971: 23, 52.

2 Wien, ÖNB, Ser. n. 2643 (dat. 1387). Theisen 2010.

3 Salzburg, UB, M III 20.

K

astronomische Sammelhandschriften,4 den Tetrabiblos (Quadripartitus) des Claudius Ptolemaeus,5 eine unvollendete Abschrift des Alten Testa-ments in deutscher Sprache6 sowie die Prachtausgabe des ursprünglich 1356 von Karl IV. promulgierten Reichsgrundgesetztes, der sogenannten „Gol-denen Bulle“.7 Darüber hinaus sind illuminierte Bücher erhalten geblie-ben, die wahrscheinlich aus Wenzels Besitz stammen, wie zum Beispiel die Perikopen aus den Paulusbriefen in deutscher Übersetzung,8 das Drag-maticon philosophiae des Wilhelm von Conches9 oder das in Oxford auf-bewahrte Stundenbuch,10 eventuell auch die Zeichnungen zu den Reisen des Ritters John de Mandeville,11 deren tschechische Übersetzung aus der Feder des Hofpoeten Laurentius von Březová stammte. Fraglich ist, ob der König jemals den reich illuminerten Bellifortis des Konrad Kyeser gesehen hat, da Kyeser das ursprünglich für Wenzel geschriebene Werk im Jahr 1405 König Ruprecht von der Pfalz gewidmet hat.12 Aus zeitgenössischen Berichten wissen wir noch konkret, dass Wenzel zwei komplette, sehr wahrscheinlich illuminierte astronomische Atlanten der Astronomen Ter-zysko und Bysconi besaß. Der König soll sie von Burg Karlstein nach Burg Točník gebracht haben.13 Wien aufbewahrten Handschriften König Wenzels IV. und seines Umkreises sind im Katalog der illuminierten Handschriften publiziert: Jenni/Theisen 2014.

9 Madrid, BN, Res. 2.

10 Oxford, Pembroke College, ms. 20.

11 London, BL, Ms. Add. 24189. Krása 1983.

12 Göttingen, UB, 2° Cod. Ms. Philos. 63 Cim. Sämtliche illuminierte Wenzelshand-schriften wurden publiziert in Schmidt 1969. Krása 1971. Mit rezenterer Literatur in den Katalogen der bisher letzten großen Luxemburger-Ausstellungen: Drake Boehm/Fajt 2005. Fajt 2006. Takács 2006. Zu den Bellifortis-Handschriften sei auf die ausführliche Publikation Cermann 2013 hingewiesen.

13 Krása 1971: 52. Točník wurde mit Ausbruch der Hussitenkriege im Jahr 1419 nie-dergebrannt.

Grund für diese sehr geringe Zahl an erhaltenen Büchern aus Wenzels Besitz waren die unmittelbar nach dem Tod des Königs ausbrechenden Hussitenstürme, im Zuge derer u.a. die königlichen Burgen geplündert und zerstört wurden. Zudem nahm sein Bruder Sigismund (1368–1437) mit sich, was er nach seiner heimlichen Krönung zum böhmischen König im Jahr 1420 auf der Prager Burg und auf Burg Wenzelstein an Kostbarem finden konnte. Davon musste er jedoch, wie die Chroniken berichten, ei-nige Wagenladungen nach der Niederlage bei Deutsch-Brod auf dem Schlachtfeld zurücklassen:

[...] Truhen mit verschiedenen Büchern, jüdischen und christlichen, deren allein hier so viele waren, dass drei Fuhren nicht genügend gewesen wären [...].14 Und von einer Belagerung der Burg Wenzelstein durch Prager Bürger im darauf folgenden Jahr wusste Laurentius von Březová zu berichten:

[...] und als sie nicht eingelassen wurden, sind sie, die Mauer durchbrechend, dort eingedrungen und traten in einen gewölbten Raum mit Büchern ein, die sie plünderten [...].15

Immerhin war es Sigismund gelungen, einige kostbare Bücher für sich zu retten, die schließlich sein Enkel Ladislaus Postumus im Jahr 1455 von sei-nem Vormund Friedrich III. einforderte:

[...] kostliche grosse und schone puher, teutsch und latein herlich bibl und sust anndre puher, in der heiligen geschrift in der swarzen kunst und in naturlichen dingen, die weilent kunig Wenczslaws von Behem gewesen und nachmallen von kaiser Sigmunden an unseren herrn kunig Albrechten komen und in dem turnlein auf dem purktor zu Wienn gelegen sind [...] cx volumina gnotiger pu-cher in geistlichen und kaiserlichen rechten in der heiligen geschrift, groo kost-lich bibl schonew decretal und decret, die wol M. phunt phenning wet sind.16 All diese Notizen bestätigen die Vermutung, dass in Wenzels Bibliothek(en) eine große Zahl kostbarer Codices aufbewahrt gewesen sein muss, auch Hinweise auf die Goldene Bulle und die Wenzelsbibel sind diesen Anga-ben des Ladislaus zu entnehmen. Ein Sammelschwerpunkt des Königs oder gar Angaben darüber, wie viele Schriften in deutscher Sprache von

14 Dobrovský/Palacký 1829: 49. Krása 1971: 18.

15 Heřmanský/Březová 1954: 61. Krása 1971: 18.

16 Gottlieb 1900: 5ff. Krása 1971: 19.

ihm in Auftrag gegeben worden sind, sind freilich weder aus dieser Liste ablesbar noch anhand des Wenigen, das erhalten blieb, rekonstruierbar.

Deutsch als Schriftsprache bzw. auch als Sprache von Dichtern, die für den Prager Hof tätig wurden, ist schon für die Ära der slawischen Přemysli-den greifbar, an die sowohl Karl IV. von Luxemburg als auch sein Sohn Wenzel IV. aus Gründen der Legitimation immer sichtbar anschließen wollten. Zur Zeit der Luxemburger wurde in Prag Deutsch neben Latein verstärkt als offizielle Kanzleisprache verwendet,17 die ihrerseits wiederum sprachlich in einer Linie mit den Kanzleisprachen jener Städte stand, zu de-nen das Herrscherhaus sehr enge politische und kulturelle Verbindungen unterhielt, namentlich Nürnberg, Regensburg und Eger.18 Nicht zuletzt hatte auch der aus Schlesien stammende Kanzler Karls IV., Johannes von Neumarkt (1310–1380), sowohl religiöse Schriften als auch Briefsammlun-gen für die Kanzlei19 in deutscher Sprache verfasst. Der verstärkte Ge-brauch der tschechischen Sprache als Schriftsprache, für die sich Jan Hus besonders verdient gemacht hatte, lässt sich am Königshof schließlich ab etwa 1410 erkennen – einer Zeit, als König Wenzel IV. das berühmte De-kret zu Kuttenberg (1409) erlassen hatte, um eine gerechte Stimmenver-teilung zwischen Deutschen und Tschechen an der Prager Karlsuniversität herzustellen. Sein Versuch führte zum Protest und Auszug der deutschen Professoren aus Prag. Die grundsätzlich das Tschechische würdigende Haltung Wenzels ließe sich auch an der langjährigen Förderung des Refor-mers Jan Hus ablesen (die zugleich politische Gründe hatte) sowie letztlich sogar an seiner königlichen Devise, die er in tschechischer Sprache entwer-fen ließ (toho pzde toho) und die in allen seinen Büchern sehr oft anzu-treffen ist.

2 Die deutschen illuminierten Handschriften des Königs

In document Deutung I. & Quelle (Pldal 109-112)