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Jahrhundert bis heute – Zur angelsächsischen Literaturanalyse

In document INVESTIGATIO FONTIUM II. (Pldal 179-200)

Der Alte Ritter und die bretonischen Artus-Sagen *

Das 21. Jahrhundert bis heute – Zur angelsächsischen Literaturanalyse

Von ungebrochenem Interesse sowie vom Weiterleben der italienischen Schule der Forschung zeugt eine Studie von Rizzo Nervos ehemaliger Doktorandin Giovanna Carbonaro, die zur Analyse des Gedichts Bachtins literaturtheore-tische Methode anwendet40 und die bereits bekannten Phänomene durch den Chronotopie-Aspekt in ein neues Licht rückt.

Über die sachverständigen Zusammenfassungen, Verweise und Anregungen zur weiteren Forschung von Bruce, Beaton und Jeffreys hinaus hat sich die frü-here englischsprachige Literatur in Martins Übersetzung eigentlich erschöpft.41 Als erste bedeutendere englischsprachige Studie gilt die Analyse von Marina Scordilis Brownlee (mit einer neueren englischen Übersetzung von Fotini Skordili im Anhang).42 Die Verfasserin behandelt darin die einzelnen Werke der

40 Carbonaro, G.: Il cronòtopo del Vecchio Cavaliere (Ἱππότης ὁ πρεσβύτης). In: Lalomia, G./Pioletti, A./Punzi, A./Rizzo Nervo, Fr. (Hrsg.): Forme del tempo e del cronòtopo nelle letterature romanze e orientali. X Convegno Società Italiana di Filologia Romanza. VIII Colloquio Internazionale Medioevo romanzo e orientale (Roma, 25–29 settembre 2012) (=Medioevo romanzo e orientale. Colloqui 12). Rubettino Editore, Soveria Mannelli (Catanzaro) 2014, 363ff.

41 Douglas Bruce, J.: The Evolution of Arthurian Romance from the Beginnings down to the Year 1300. Johns Hopkins Press, Baltimore/Göttingen 19282. II. 28; Jeffreys, E.: The popular Byzantine verse romances of chivalry. Work since 1971. In: Μαντατοφόρος 14 (1979) 20ff.

Auf die Forschungsergebnisse von Elisabeth Jeffreys zur mittelgriechischen Literatur und zur mündlichen Überlieferung, die zur Deutung des Alten Ritter (mittelbar) ebenfalls in Beziehung gesetzt werden könnten, soll hier nicht eingegangen werden. Beaton, R.: The Medieval Greek Romance. London/New York 19962, 142ff. bzw. (s. The Tristan Legend: Texts from Northern and Eastern Europe in Modern English Translation. Ed. J. Hill. Leeds 1977), 41ff.

42 Scordilis Brownlee, M.: The Politics of an Arthurian Prequel: Rustichello, Palamedes, and Byzantium. In: Hidalgo, J. M. (Hrsg.): “La Pluma Es Lengua del Alma”: Ensayos en Honor de E. Michael Gerli. Newark DE 2011, 53ff.

bretonischen Romanreihe inklusive der Sammlung des Rusticiaus im Hinblick auf die literarische Figur des Palamedes. Im Verhältnis zur früheren Fachliteratur enthalten ihre Feststellungen zum Alten Ritter allerdings keine Neuigkeiten (um von dem Umstand ganz zu schweigen, dass auch die englische Übersetzung des griechischen Textes an mehreren Stellen fehlerhaft zu sein scheint, was zu gelegentlich ebenfalls unbegründeten Interpretationen führt).

Goldwyn sieht im Werk ein fesselnd interessantes Beispiel für die mittelal-terliche Interpretatio graeca und weist dabei aufgrund einer Parallelanalyse des Alten Ritter und des hebräischsprachigen König Artus nach, wie die Geschichte dabei der griechisch–homerischen und der hebräisch–biblischen Phraseologie und Mentalität angepasst wird. Er betrachtet die zyprische Entstehung, ja sogar Ciggaars Hypothesen, als Ausgangspunkt43 und gibt einen Überblick vor allem über das literarische Instrumentarium für die Übertragung des ritterlichen Milieus: inhaltliche Allusionen aus der Ilias, homerischer Stil hauptsächlich in der Verwendung von Gleichnissen, narratologische Lösungen, Attribute und insbesondere die Beschreibung von Zweikämpfen. Letztere sind von besonde-rer Bedeutung, zumal die ritterlichen Kampfideale (Nahkampf) sich grund-sätzlich vom homerischen Kampfstil (Speerwerfen) unterscheiden. Goldwyn macht auch darauf aufmerksam, dass der Verfasser das Genre des Gedichtes bewusst absteckt und sich von der Komödie entfernend ein Heldengedicht zu schaffen beabsichtigt.

Im Verhältnis zur früheren Forschung enthält die Studie keine neuen phi-lologischen Ergebnisse bezüglich des griechischen Textes und der Beispiele;

ohne Berücksichtigung der gesamten deutschsprachigen Fachliteratur stützt sich die Autorin bei der Aufzählung der homerischen Anklänge auf Gidels Arbeit, bringt andererseits aber auch eine neue englische Übersetzung des Textes.44

Als Teil des großen englischen Projektes zu literarischen Aktivitäten in Europa zwischen 1348–1418 in historisch–georaphischem Zusammenhang überblicken soll, werden die geschichtlichen und literaturgeschichtlichen Daten zu den Städten Athen, Thebai und Mystras sowie der Region Morea von

43 Ciggaar, K.: Manuscripts as intermediaries: the Crusader States and literary cross-fertilization.

In: Ciggaar, K. – Teule, H. G. B. (Hrsg.): East and West in the Crusader States. Context – Contacts – Confrontations III. Acta of the congress held at Hernen Castle in September 2000 (= Orientalia Lovaniensia Analecta 125). Leuven 2003, 131 ff. besonders 148–150.

44 Goldwyn, A. J.: Arthur in the East: Cross-Cultural Translations of Arthurian Romances in Greek and Hebrew, Including a New Translation of Ὁ Πρέσβυς Ἱππότης [The Old Knight]’.

In: Journal of Literary Artifact in Theory, Culture and History 5 (2012), 75ff.

Scordilis Brownlee und Kewin Brownlee dargestellt. Im Zusammenhang der peloponnesischen Literatur unter besonderer Berücksichtigung der Romane folgen die Autoren der Zusammenfassung resp. dem einschlägigen Kapitel von Beatons Werk. Da der Alte Ritter in Beatons Klassifizierung – in erster Linie nach seinem Thema und Inhalt – unter den „westlichen Romanadaptationen“

eingestuft wird und diese Romane zu der Werkgruppe gehören, die zur Peloponnes Bezüge aufweisen, stufen sie das Gedicht Der alte Ritter in der Literaturenzyklopädie unter der peloponnesischen Literatur ein, wobei sie sich im Einklang mit Breillat auf dessen zyprische Herkunft beziehen. 45

Die neueste, etwa 60 Seiten umfassende Studie stammt von Thomas H.

Crofts,46 der zu seiner Untersuchung auch das Original der Handschrift einsah, dabei jedoch zugegebenermaßen nicht die kritische Edition von Rizzo Nervo übertreffen wollte, sondern „the present one provides the first anglophone edition, with critical apparatus“ – die „en face“-Untersuchung des griechischen Textes und seiner neuen – durch den Verfasser und Dimitra Fimi angefertig-ten – englischen Übersetzung könne nämlich für noch mehr Anhänger des Alten Ritter sorgen.

Crofts wichtigste Feststellungen und Hypothesen zur früheren – vor allem englischen und italienischen – Fachliteratur in den umfangreichen einleitenden Kapiteln der Studie lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen: der Codex mit der Signatur Vat. Gr. 1822 stelle Crofts zufolge ursprünglich eine Komposition dar, die irgendwo in Norditalien für den Schulgebrauch zusammengestellt wor-den sei. Der ursprüngliche „Redakteur“ der Sammlung (?) könnte der mit seiner grammatischen Abhandlung im Band ebenfalls mit auftauchende Andronikos Kontoblakas gewesen sein, der das Gedicht Der alte Ritter möglicherweise aus Bessarions Bibliothek bezogen hatte; das Gedicht selbst könnte dann als Beispiel für das transferre ad sententiam von einem zeitgenössischen Kopisten zyprischer Herkunft für dieses Übungslehrwerk vorbereitet worden sein.

45 Brownlee, K. – Scordilis Brownlee, M.: Athens, Thebes and Mystra. In: Wallace, D.

(Hrsg.): Europe. A Literary History, 1348–1418. Oxford University Press 2015. Bd. II, Kap.

VII/63, bes. 315ff.

46 Crofts, Th. H.: ΙΠΠΟΤΗΣ Ὁ ΠΡΕΣΒΥΤΗΣ. The Old Knight. An Edition of the Greek Arthurian Poem of. Vat. Gr. 1822. with a translation by Th. H. Crofts and D. Fimi. In: Archibald, E. – Johnson, D. F. (Hrsg.): Arthurian Literature XXXIII. D. S. Brewer, Woodbridge (Suffolk) 2016, 158ff. Das Ergebnis der unter Mitwirkung von italienischen Experten, vor allem von Fabrizio Cigni, durchgeführten Forschung wurde bereits 2014 im voraus verkündet (nach Allaire, G. – Psaki, R.: The Arthur of the Italians: The Arthurian Legend in Medieval Italian Literature and Culture. Cardiff 2014, 252: „The Old Knight. A New Edition of the Greek Arthurian Poem of MS Vaticanus Graecus 1822, ed. T. H. Crofts, trans. D. Fimi, forthcoming“).

Die Annahme, der bezüglich der Person des Kopisten Rizzo Nervos vorsich-tige Hypothese zugrunde liegt, sei zwar spektakulär, jedoch leider nicht beweis-bar. Was die Frage nach dem Entstehungsort des Gedichts anbelangt, behauptet Crofts, dass nicht einmal Breillats und Rizzo Nervos Argumente notwendig seien, um als Herkunftsregion das Zypern des 13./14. Jahrhunderts zu bestim-men. Von seiner obigen Überzeugung ausgehend zählt er die schon bekann-ten Testimonien auf und hebt unter diesen besonders die Aufführungen im Umfeld des Lusignan-Hofes hervor. Nach Girvaud meint er in dem zyprischen Passionsspiel das einzige literarische Denkmal zu finden, das die zyprische Aufführung des Werkes beweisen könne. 47 Man kann mit dem Autor – auch angesichts der Ergebnisse der früheren Fachliteratur – in zweierlei Hinsicht einverstanden sein: Erstens setzt das Gedicht in der Tat ein Publikum voraus, für das die ritterliche Vorbilder idealisierende höfische Kultur fränkisch–

griechischer Prägung charakteristisch ist; zweitens dürfte das Werk tatsächlich für eine Aufführung im Patronatskreis (gleich dem byzantinischen theatron) bestimmt gewesen sein, der das im Verhältnis zum sprachlichen Niveau der Romane anspruchsvollere, attizisierende Gedicht gebührend zu schätzen ver-mochte. Dass dieses Milieu – wie dies vom Verfasser als Tatsache betrachtet wird – auch faktisch der zyprische Hof der Lusignans gewesen wäre, lässt sich jedoch nicht belegen. Nach Meinung des Autors – unter Weiterführung von Goldwyns Anregungen – sei die schneidend–satirische Schärfe des Gedichts nicht zu verkennen: „The poet of The Old Knight is a trenchant satirist.“48 Auch die homerischen Reminiszenzen sollen letztendlich diesen komischen Charakter verstärken.

Diese Deutung kann als die Alternative zu Rizzo Nervos Gesell-schaftsallegorie-These betrachtet werden. Im Zusammenhang mit der Geburt des Gedichts und Rustichellos Rolle wird von Crofts implizit eigent-lich Ciggaars wildromantische Vorstellung wieder aufgegriffen, nach der Rustichello sein König Edward I. gewidmetes Buch entweder in Zypern oder in Akra vorgelesen und der Dichter die Eingebung zu seinem Werk ebenda bekommen haben könnte.49 Gemäß der expliziten Absicht des Verfassers richtet sich die die Studie begleitende Textedition nach der Ausgabe von

47 Crofts (Anm. 46) 163ff.

48 Crofts (Anm. 46) 181.

49 Crofts (Anm. 46) 177: „That Edward landed in Cyprus and that Rustichello could have been in Cyprus, is, as mentioned above, certainly enough to set our imagination working. Could our Cypriot-Greek poet have been involved with this text’s transmission from the time of Rustichello’s presentation of the Compilazione to Edward?“

Rizzo Nervo: Der Apparat markiert überwiegend die orthographischen Abweichungen der Handschrift und behält zugleich die vermuteten zyp-rischen Formen bei – enthält jedoch keine neuen Ergebnisse.

Obwohl das Gedicht nach wie vor zu neueren, modernsten Annäherungen anspornt,50 sind neue Daten und dadurch eine wesentliche Hilfe zum Verständnis des Werkes – neben der nie ganz auszuschließenden Möglichkeit der Entdeckung von weiteren Handschriften – von den sprachlichen und literarischen Untersuchungen zum sich ständig erweiternden Korpus der mittelgriechischen Volkssprache und der byzantinischen Wissenschaftssprache zu erwarten. Der griechische Autor muss über Homer hinaus auch andere, in der Sprache der Wissenschaft verfasste byzantinische Werke gekannt haben.

Unsere Kenntnisse über die volkssprachige Literatur (über Motive sowie struk-turelle und dichterische Lösungen) können auch die Entstehungsumstände des Alten Ritter weiter nuancieren – und uns nicht zuletzt aufgrund von ergän-zenden historischen Daten vielleicht auch der fränkisch–griechischen Region seiner Geburt näher bringen.

Zum Schriftträger – die Charakteristika des Codex

Aufgrund der Beschreibung des Scriptors wurde der das Gedicht Der alte Ritter (Poema graecum anonymum) enthaltende Codex (Vaticanus Graecus 1822) in seiner heutigen Form im 17. Jahrhundert zusammengestellt und im 19. Jahrhundert neu gebunden.51 Uns ist nicht bekannt, wann die Handschrift (der Handschriftteil) bzw. die Folios mit dem Gedicht in den Vatikan gelangt sind.52

50 Siehe https://vimeo.com/45391890.

51 Canart, P.: Bibliothecae Apostolicae Vaticanae codices manu scripti recensiti. Codices Vaticani Graeci: codices 1745–1962: Tom. 1: codicum enarrationes. Città del Vaticano 1970. 217ff.;

Ders.: Bibliothecae Apostolicae Vaticanae codices manu scripti recensiti. Codices Vaticani Graeci:

codices 1745–1962: Tom. 2: intr. addenda, indices. Città del Vaticano: Bibliotheca Vaticana 1973. XLI; Ders.: Les Vaticani graeci, 1487–1962: notes et documents pour l’histoire d’un fonds de manuscrits de la Bibliothèque Vaticane (= Studi e testi 284). Città del Vaticano 1979, 86f., Anm. 26, bzw. 248ff. Vgl. Rizzo Nervo (Anm. 38, vecchio cavaliere) 28.

52 Im Codex finden sich nach Canarts Einordnung insgesamt elf kürzere und längere Exzerpte bzw. Textausschnitte, die sieben größeren Einheiten zugeordnet werden können. Wenn man die unten erörterte, auf ziemlich schwachen Füßen stehende Hypothese von der zyprischen Provenienz des Werkes Anfang des 17. Jahrhunderts außer Acht lässt, gehört der Cod. Vat.

Graec. 1822 eindeutig zu den miscellanea-artigen Handschriften, deren Entstehung auch mit der Ausplünderung Roms im Jahre 1527 zusammenhängen kann. Siehe Canart (Anm. 51,

Les Vaticani) 86ff., Anm. 26 und Devreesse, R.: Le fonds grec de la Bibliothèque Vaticane des origines a Paul V. Città del Vaticano 1965, 264ff., bes. 266. Siehe außerdem Lilla, S.: I manoscritti vaticani greci. Lineamenti di una storia del fondo (= Studi e testi 415). Città del Vaticano 2004, 61ff. (I Vat. Gr. 1808–1962); Janz, Th.: Lo sviluppo dei Vaticani greci tra fondo antico e accessioni seicentesche. In: La Vaticana nel Seicento (1590–1700): una biblioteca di biblioteche, a cura di Claudia Montuschi (= Storia della Biblioteca Apostolica Vaticana 3). Città del Vaticano 2014, 503ff., bes. 530. Die (auf den einschlägigen Internetoberflächen der Pinakes und der Vatikaner Bibliothek erörterte) Fachliteratur zu den verschiedenen, im Codex zufällig nebeneinander gebundenen (s. Crofts [Anm. 46] 172ff.) grammatischen, lexikographischen und historischen Exzerpten bietet leider keine substantiellen Anhaltspunkte: Guida, A.:

Sui lessici sintattici di Planude e Aremnopulo, con edizione della lettera A di Armenopulo.

In: Prometheus. Rivista quadrimestrale di studi classici 25 (1999) 1ff. Manfredini, M.: Un testimone ignorato del Περί συντάξεως λόγου di Gregorio di Corinto: il Vind. Phil. Gr. 254.

In: Codices manuscripti. Zeitschrift für Handschriftenkunde. Heft 31 (November 2000) 41ff.;

Ders.: Un codice copiato da Isidoro di Kiev: Cremon. 160. Atti dell’Accademia Pontaniana.

NS 51 (2002) 247ff.; Monfasani, J.: In Praise of Ognibene and Blame of Guarino: Andronicus Contoblacas’s Invective against Niccolò Botano and the Citizens of Brescia. In: Bibliothèque d’humanisme et Renaissance 52/2 (1990) 309ff.; Gallavotti, C.: Nota sulla schedografia di Moscopulo e suoi precedenti fino a Teodoro Prodromo. In: Bollettino dei Classici. Ser. 3. 4 (1983) 3ff.; Michaelides, D.: Palamedes rediens. La fortuna di Palamede nel medioevo el-lenico. In: Rivista di studi bizantini e neoellenici. NS 8–9 (1971–’72) 261ff.; Canart, P.: De la catalographie à l’histoire du livre. Vingt ans de recherches sur les manuscrits grecs. In: Byzantion (1980) 563ff.; Villani, E.: L’inedito lessico ambrosiano ΑΝΤΙΧΕΙΡ (C 222 inf., ff. 207r–208v):

fonti e composizione. In: Aevum 85 (2011) 369ff.; Dies.: Il lessico ambrosiano inedito ΑΝΤΙΧΕΙΡ (C 222 inf., ff. 207r–208v). Milano: EDUCatt 2014 (auf S. 13ff. ihre früheren Feststellungen textgetreu wiederholend); Ippolito, P.: Una grammatica greca fortunata: gli ‘Erotemata’ di Manuele Moscopulo. In: Rendiconti della Accademia di archeologia, lettere e belle arti 55 (1980) 1ff. – non vidi; Kotzabassi, S.: Kopieren und Exzerpieren in der Palaiologenzeit. In:

Bravo Garcia, A. (Hrsg.): The Legacy of Bernard de Montfaucon: Three Hundred Years of Studies on Greek Handwriting. Proceedings of the Seventh International Colloquium of Greek Palaeography (Madrid – Salamanca, 15–20 September 2008). In: Bibliologia 31 (2010) 473ff., mit einem Überblick über die Typen der Handschriften und Kopien aus der Palaiologos-Zeit.

Die Missverständnisse können sogar in die Irre führen; fest steht, dass weder Fol. 139v mit dem gleichen Wasserzeichen und von derselben Schreiberhand wie Folios 201 und 204 mit dem Text des Alten Ritter (s. weiter unten), das die grammatische Abhandlung des Manuel Moschopoulos enthält, noch Folio 199v mit dem grammatischen Exzerpt des Manuel Planudes im Besitz (vgl. possessor) desjenigen Moschopoulos waren, dessen Name nach Canart (Anm.

51, Tom. I) 223 auf Fol. 199v vermerkt ist. Gamillscheg, E.: Eine Platonhandschrift des Nikephoros Moscopulos (Vind. Phil. gr. 21). In: Byzantios. Festschrift für Herbert Hunger zum 70. Geburtstag. Wien 1984, 100 und Anm. 30 bemerkt bezüglich des VI. Teils („Grammatik“) des Vat. Gr. 1822 irrtümlich, dass Canart einen Possessorvermerk erwähnt und mitteilt. Canarts besprochene Transkription kann aufgrund von Schreiner, P.: Texte zur spätbyzantinischen Finanz- und Wirtschaftsgeschichte in Handschriften der Biblioteca Vaticana, Studi e testi – Biblioteca apostolica vaticana 344. Biblioteca Apostolica Vaticana, Città del Vaticano 1991, 238 nachvollzogen werden. Die leer gebliebene Fläche von Fol. 199v wurde sekundär für die Zwecke eines (Steuer)Einnahme-Inventars benutzt. Der in der 8. Zeile erwähnte „gemeine

Das Gedicht ist am Schluss des Codex, auf den Folios 200r–205v, zu lesen.

Da Anfang und Ende des Gedichts verloren gegangen sind, stellen die insgesamt 307 Zeilen des Textes in Wirklichkeit ein Fragment dar. Wegen des Umfangs und der Art der Abkürzung der Geschichte ist es aber wahrscheinlich, dass der Text lediglich einen Quaternio (also insgesamt 8 Folios, von denen 6 auf uns gekommen sind) in Anspruch nahm. Beim Neueinbinden kann das untere Bifolio verloren gegangen sein, das auf seinem ersten Blatt die Anfangszeilen, auf dem zweiten die Schlusszeilen enthielt. Darüber hinaus wurden die auf uns gekommenen drei Bifolien sicherlich in umgekehrter Richtung gefaltet, worauf die inkorrekte Reihenfolge der Blätter zurückzuführen ist. Die korrekte Reihenfolge ist ff. 203–205v, 200–202v.53

Die Datierung der Papierfolios östlicher Herkunft schwankte zunächst in einer mehrere Jahrhunderte umfassenden Zeitspanne, bis Breillat aufgrund der Wasserzeichen die Feststellung gelang, dass die Folios im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts, d.h. zwischen 1425–1450 entstanden sein müssen.54 Im mit hellbrauner Tinte geschriebenen Text hob der Schreiber die Anfangszeilen der Verse mit rötlich–brauner Tinte hervor und schloss inhaltliche Einheiten mit dem Zeichen „÷“ ab. Die Seiten erwecken den Eindruck eines Prosatextes und haben 22 fortlaufende Zeilen, in denen die Schnitte durch einen Punkt, die Halbzeilen durch Kommas getrennt sind. In einigen Fällen wurden die Minuskeln durch Majuskeln ersetzt. Über dem Iota und dem Ypsilon sieht man ein Diärese-Zeichen. In der Form des Epsilon zeigt das Schriftbild das Fortleben der zyprischen Schrift (12./13. Jahrhundert, s. unten). Die Handschrift ist si-cherlich kein Autograph, sondern eine Kopie: Diese Hypothese unterstützen die einzelnen Fehler im Text (so vor allem die statt des – für den Kopisten unverständlichen – Ausdrucks δαιτυμόνες [‘Tischgesellen’] geschriebene

Mann“ (?) namens Moschopoulos wird mit dem Haupttext und dem schöpferisch und bibliophil veranlagten Nikephoros oder Manuel Moschopoulos wohl kaum etwas zu tun gehabt haben.

Auf dieses Irrtum ist wahrscheinlich auch der Umstand zurückzuführen, dass in den Registern (so auf der Homepage der Pinakes-Datenbank) Nikephoros Moschopoulos als Possessor der ganzen Handschrift angeführt ist. Canarts Bemerkung zu einem ähnlichen Eintrag auf Fol. 195v wurde bereits von Darrouzès, J. (in Revue des Études Byzantines 29 [1971] 327) berichtigt.

53 Die korrekte Reihenfolge wurde bereits vom Editor princeps wiederhergestellt. Zu derselben logischen Folgerung bezüglich der Vertauschung kommt auch Pontani (Anm. 36) 236, der den Codex auch selbst in Augenschein nahm. Canart (Anm. 51, Tom. II) XLI nimmt die Argumentation an, stellt zugleich jedoch fest: Zur Zeit von Papst Pius IX. wurde der Codex bereits so eingebunden, dass die Anzeichen der Umordnung der einzelnen Folios unerkenntlich geworden sind.

54 Breillat (Anm. 35) 324.

Wortgruppe οἱ δὲ τιμῶνες etc.), sowie der Umstand, dass Fol. 139v derselben Handschrift zweifelsohne von derselben Schreiberhand stammt. „Diese Angabe habe ich Dr. Giovanna Carbonaro zu verdanken“ – schreibt Rizzo Nervo.55 „Fol.

139v gehört zur im Katalog (sc. Canart) mit der Ziffer III gekennzeichneten und ins 14./15. Jahrhundert datierten Foliogruppe, die aus den Folios 127–141v der Handschrift besteht. Diese Einheit enthält Ausschnitte aus dem Werk De ratione examinandae orationis libellus des Manuel Moschopoulos. Wie es auch im Katalog der Bibliothek (sc. Canart) verzeichnet ist, sind in den Ausschnitten des abgeschriebenen Werkes insgesamt vier Schreiberhände zu unterscheiden:

Die Schreiberhand auf Fol. 139v unterscheidet sich eindeutig von der auf Fol.

134–139r und Fol. 140–141v – letztere wurden wahrscheinlich vom zweiten oder dritten Kopisten angefertigt. Zudem weisen Fol. 200–205 dieselbe Schere als Wasserzeichen aufwie das vom Schreiber von Fol. 134–139r verwendete Papier – mit diesem Schreiber sind auch die Folios 88–102v, 109, 120–121v und 111–119v der Handschrift verbunden. Der Kopist von Fol. 200–205 muss folglich zur selben Zeit und im selben Scriptorium tätig gewesen sein, als die Foliogruppe, zu der auch 139v gehört, zusammengestellt wurde.“ Der Verfasser vorliegender Studie konnte die Handschrift persönlich nicht einsehen. Sind die obigen Feststellungen richtig, so könnten der Alte Ritter und die (vorliegenden ersten oder auch die späteren) Kopien von Manuel Moschopoulos’ Werk auch für den selben Auftraggeber angefertigt worden sein.

Zur Klärung der Frage bedarf es jedenfalls weiterer Forschungen – zugleich ist nicht auszuschließen, dass wir in einem anderen Codex ähnlich gemischten Inhalts in Zukunft auch das verschollene Bifolio auffinden werden.

Sprachliche und paläographische Kennzeichen – zyprische Verbindungen?

Dialektale Eigentümlichkeiten

Im auf uns gekommenen Text des Alten Ritter hat Breillat – neben den allgemei-nen mittelgriechischen Charakteristika – zyprische Dialektmerkmale identifi-ziert.56 Seit dem Erscheinen seiner Studie wurde Breillats vorsichtiger Vorschlag einer zyprischen Herleitung des Gedichts zum bestimmenden Element in der einschlägigen Fachliteratur: So werden von der Autorin Rizzo Nervo auch in ihrer jüngsten Arbeit, die neben einer Textedition auch umfassende Analysen

55 Rizzo Nervo (Anm. 38, vecchio cavaliere) 29, Anm. 62.

56 Breillat (Anm. 35) bes. 325, Anm. 2.

enthält, Breillats Beispiele wiederholt.57 Die Verfasser heben insgesamt drei sprachliche Phänomene und ein Idiom hervor (bei der Identifizierung stützen sie sich auf Beaudouins Monographie über die zyprische Mundart):58

Als die bezeichnendste Eigenart wird der Gebrauch des -ω statt -ου im Singular Genitiv betrachtet. Beispiele: v. 32: τῶ δωματίω; v. 42: Οὐτέρω Παντρεγόρω (nicht infolge von Attraktion entstanden v. 213: ταμίω; v.

290: πολιχνίω).

Erscheinen eines -ω- statt -ου- in der 3. Person Plural Aktiv Indikativ.

Beispiele: v. 197: δίδωσιν statt δίδουσιν; v. 279: προβαίνωσιν statt προβαίνουσιν. (Breillat wirft als weiteres vergleichbares Beispiel die in der Handschrift ursprünglich belegte – vom Kopisten später getilgte und zu παιδίσκας korrigierte – Form παρθνος, zu der er bemerkt: „ne faut-il pas voir le « dorisme », παρθένως pour παρθένους?“)

Beispiele: v. 197: δίδωσιν statt δίδουσιν; v. 279: προβαίνωσιν statt προβαίνουσιν. (Breillat wirft als weiteres vergleichbares Beispiel die in der Handschrift ursprünglich belegte – vom Kopisten später getilgte und zu παιδίσκας korrigierte – Form παρθνος, zu der er bemerkt: „ne faut-il pas voir le « dorisme », παρθένως pour παρθένους?“)

In document INVESTIGATIO FONTIUM II. (Pldal 179-200)