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zur Intensivierung der religiösen Praxis der Laien in Kaschau *

In document Barokk vallásos közösségek (Pldal 65-79)

Bruderschaften in der posttridentinischen Kirche

Das 19. ökumenische Konzil der katholischen Kirche, das von 1545 bis 1563 im norditalienischen Trient stattfand, unterstrich in seinen Reformbeschlüssen im Hinblick auf die Seelsorge der Laien die Rolle der Diözesan- und Pfarrstruk-turen. Es führte zu „einer neuen Phase in der Geschichte des Pfarrseelsorgerech-tes“,1 in der dem Recht der Pfarrer als der primären und eigentlichen Ausüber der cura animarum für ihre Pfarrkinder mehr Geltung verschafft werden sollte.

Ebenfalls sollten die Diözesanbischöfe ihrer Aufsichtspflicht, gemäß der ur-sprünglichen Bedeutung des Wortes ἐπίσκοπος (Aufseher), intensiver nachgehen.

Für seelsorglich aktive religiöse Orden bedeutete es eine deutliche Einschrän-kung der Autonomie ihrer Tätigkeit, unter anderem auch im Bereich des Bru-derschaftswesens.2

Als eine Reaktion auf manche Missstände, über die sich Bischöfe be-schwert hatten, bestätigte schon das Konzil von Trient selbst das Recht der Diözesanbischöfe, Aufsicht über die Bruderschaften in ihren Diözesen aus-zuüben.3 Als weiterer Versuch, das Bruderschaftswesen genauer zu

* Der Aufsatz beruht wesentlich auf Teilen der Dissertationsschrift des Autors: Štefan DÓCI, Ein Dominikanerkonvent im Ambiente von Pfarrei, Stadt und Staat: Die seelsorgliche Tätigkeit der Kaschauer Predigerbrüder im 18. Jahrhundert, 2014. [Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien.]

1 HeribertSCHMITZ, Pfarrei und ordentliche Seelsorge in der tridentinischen und nachtridentinischen Gesetzgebung = Die Bistümer und ihre Pfarreien, hrsg. von Erwin GATZ,Freiburg u. a., Herder, 1991 (Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem En-de En-des 18. JahrhunEn-derts – Die Katholische Kirche, 1), 47.

2 Einen wertvollen Überblick über das posttridentinische bzw. barocke Bruderschaftswesen mit reicher Bibliographie bietet Peter HERSCHE, Muße und Verschwendung: Europäische Gesell-schaft und Kultur im Barockzeitalter, I, Freiburg u. a., Herder, 2006, 396–419.

3 MarcVENARD,BernardVOGLER, Die kollektiven Formen des religiösen Lebens = Die Zeit der Konfessionen (1530–1620/30), hrsg. von Marc VENARD u. a., Freiburg u. a., Herder, 2010 (Die Geschichte des Christentums – Religion, Politik, Kultur, 8, Sonderausgabe), 1020.

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tieren, gilt das Breve Quaecumque von Papst Clemens VIII. vom 7. Dezember 1604, mit dem breite Befugnisse der Diözesanbischöfe in diesem Bereich sanktioniert wurden.4

Die Tätigkeit von Bruderschaften wurde von kirchlichen Autoritäten allerdings grundsätzlich gefördert. Man wusste nämlich, dass die von ihnen gepflegten Frömmigkeitsideale und -formen die Inhalte des katholischen Glaubens zum Aus-druck brachten, welche von den protestantischen Reformatoren in Frage gestellt worden waren und die man in der Zeit der katholischen Reform dem Volk wieder nahe bringen wollte (so etwa die auf dem Glauben an die dauerhafte Realpräsenz Christi in der Eucharistie beruhenden Verehrung des Allerheiligsten Sakraments durch die Sakramentsbruderschaft). Die deutlichste Form der Förderung, nämlich die Erteilung von verschiedenen Privilegien durch die Päpste, erfuhr auch die vom Predigerorden betreute Rosenkranzbruderschaft während der Barockzeit immer wieder.

Die Tatsache, dass ein Drittel der in der nachtridentinischen Periode errich-teten Bruderschaften in Verbindung zu einem religiösen Orden stand, hat Peter Hersche besonders hervorgehoben. Seiner Behauptung, die Orden erhofften sich „dafür im Gegenzug eine gewisse materielle Unterstützung durch die Mit-glieder“,5 ist zuzustimmen. Einen gegenseitigen Austausch von geistlichen und materiellen Gütern kennen wir schon aus der Tradition der frühmittelalterlichen Gebetsverbrüderungen. Die Idee des sacrum commercium spielte in der Seelsorge der Predigerbrüder seit der Anfangszeit eine wichtige Rolle: Thomas von Aquin lieferte seinen Mitbrüdern in dieser Hinsicht wichtige theologische Argumente.6 Man kann jedoch das Materielle nicht im Vordergrund der Interessen der Or-densleute sehen, vielmehr war ihre Überzeugung von der Qualität der eigenen Spiritualität der Triebmotor bei Bruderschaftsgründungen.

4 BernhardSCHNEIDER, Wandel und Beharrung: Bruderschaften und Frömmigkeit in Spätmittelalter und Früher Neuzeit = Volksfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit, hrsg. von Hansgeorg MOLITOR, Heribert SMOLINSKY,Münster, Aschendorff, 1994, 67f.

5 HERSCHE, Muße und Verschwendung, 397. Zur Frage der Verbindungen zwischen religiösen Orden und Bruderschaften siehe auch Marie-Hélène FROESCHLÉ-CHOPARD, Françoise HERNANDEZ, Les dévotions des confréries, reflet de lʼinfluence des ordres religieux?, Dimensioni e problemi della ricerca storica, 1994/2, 104–126.

6 Der Aquinate behandelte die Frage im Zusammenhang mit seiner Verteidigung der Men-dikantenarmut. Siehe dazu Ulrich HORST, Wege in die Nachfolge Christi: Die Theologie des Or-densstandes nach Thomas von Aquin, Berlin, Akademie, 2006 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens, Neue Folge, 12), 57–67.

Beitrag der dominikanischen Rosenkranzbruderschaft…

Die Rosenkranzbruderschaft – „das Erbe“ des Dominikanerordens Seit der Errichtung der Confratria Virginis Mariae et Divi Dominici Ordinis Fratrum Praedicatorum im flandrischen Douai durch den bretonischen Dominikaner Alanus von Rupe (†1475), die zwischen 1464 und 1470 erfolgte, und der Gründung der Rosenkranzbruderschaft in Köln durch Jakob Sprenger (†1495), einen Mitbruder und Schüler des Alanus, im Jahre 1475 wurde der Kreis der Laien, die an den Do-minikanerorden formell gebunden waren, immer größer.7 Nach mehreren päpst-lichen Dokumenten seiner Vorgänger bezüglich des Rosenkranzes erklärte der aus dem Dominikanerorden stammende Papst Pius V. (1566–1572) mit dem Breve Consueverunt vom 17. September 1569 ‚definitiv‘ den heiligen Ordensgründer Do-minikus als Stifter des Rosenkranzes, sanktionierte die Form des Gebetes und be-stätigte das ausschließliche Recht der Dominikaner, Bruderschaftsgründungen vorzunehmen. Priester, die nicht dem Dominikanerorden angehörten, durften eine Rosenkranzbruderschaft nur auf Grund einer Beauftragung des Ordensmeisters oder dessen Vikars errichten.8 Allerdings wurde diese Kompetenzfrage zur Ursa-che vieler Konflikte mit anderen religiösen Orden während der ganzen Frühen Neuzeit.9

Die Dominikaner bekannten sich zur Bruderschaft als ihrer sacra haereditas10 und bemühten sich selbst aktiv um verschiedene Privilegien und Ablässe,11 um

7 Über die Geschichte des Rosenkranzes und der Rosenkranzbruderschaft existiert un-zählige Literatur. Wir verweisen nur auf einige einen Grundüberblick bietende Titel:

Franz COURTH, Art: Rosenkranzbruderschaften = Marienlexikon, V, St. Ottilien, Editions Sankt Ottilien, 1993, 564f; AndreasHEINZ, Art: Rosenkranz: I, Theologiegeschichte = Marien-lexikon, V, St. Ottilien, Editions Sankt Ottilien, 1993, 553–555; Stefan JÄGGI, Rosenkranz-bruderschaften: Vom Spätmittelalter bis zur Konfesionalisierung = Der Rosenkranz: Andacht Geschichte: Kunst, hrsg. von Urs-Beat FREI, Fredy BÜHLER,Bern, Benteli, 2003, 92–105. Im Buch von Gábor BARNA, Az Élő Rózsafüzér társulata: Imádság és imaközösség a 19–21. századi vallási kultúrában, Budapest, Szent István Társulat, 2011, das sich der speziellen, im 19.

Jahrhundert begründeten, Form des Lebendigen Rosenkranzes widmet, ist auch ein Überblick über die frühere Geschichte des Rosenkranzes und der Rosenkranzbru-derschaft zu finden.

8 Bullarium Ordinis FF. Praedicatorum, V, hrsg. von Antoninus BREMOND, Romae, 1733, 223f.

9 Ein Streitfall zwischen den Dominikanern und den Jesuiten wird geschildert in: Giovanni PIZZORUSSO, Una controversia sul rosario, Domenicani e gesuiti nelle Antille Francesi (1659–1688), Dimensioni e problemi della ricerca storica, 1994, 202–215.

10 So wurde es vom Generalkapitel des Ordens, das 1574 in Barcelona stattfand, formuliert.

Acta capitulorum generalium ordinis Praedicatorum, hrsg. von Benedictus Maria REICHERT, V, Romae, 1901 (Monumenta ordinis fratrum Praedicatorum historica, 10), 175f.

11 Im Bullarium Ordinis FF. Praedicatorum (hrsg. von Antoninus BREMOND, V–VII, Romae 1733–1740) sind die Privilegienurkunden aus dem Zeitraum bis 1740 abgedruckt.

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das als Proprium des Ordens verstandene Rosenkranzgebet unter den Gläubigen möglichst erfolgreich zu verbreiten. Im Mittelpunkt dieser Aktivität stand die Verehrung der Jungfrau und Gottesmutter Maria. In Wirklichkeit aber versuch-ten die Dominikaner, den Bruderschaftsmitgliedern die Komplexität des katho-lischen Glaubens aufzuzeigen und ihr religiöses Leben in seiner Gesamtheit zu fördern. Die Betreuung der Bruderschaften war ein wichtiger Bestandteil der vielumfassenden Predigttätigkeit.12

Die Rosenkranzbruderschaft der Dominikaner in Kaschau

Die Tradition der Rosenkranzfrömmigkeit in Kaschau reicht in die vorrefor-matorische Zeit zurück. Die Existenz einer Rosenkranzbruderschaft an der Domi-nikanerkirche im Jahre 1522 lässt sich aufgrund eines in diesem Jahr verfassten Testaments des Kaschauer Bürgers Johannes Seydel vermuten.13 Die Bruderschaft wurde höchstwahrscheinlich aufgelöst, nachdem die Brüder 1556 die Stadt verlas-sen hatten.14 Die dominikanische Präsenz in der oberungarischen Metropole wur-de 1698 wiewur-derbelebt.15 Ein Wiedergründungsdatum der Rosenkranzbruderschaft ist unbekannt. Zwar gibt Éva Knapp in ihrem Aufsatz über die Kaschauer Bru-derschaften das Jahr 1716 als das Errichtungsdatum an,16 doch konnte diese

12 Auf die Verknüpfung zwischen der Predigt und der Rosenkranzverbreitung wies bereits das Generalkapitel von Rom 1571 hin. Acta capitulorum generalium, V, 126. Das oben er-wähnte Generalkapitel von Barcelona wiederholte die Ermahnung, die Rosenkranzbru-derschaft durch die Predigten zu fördern. Acta capitulorum generalium, V, 175f.

13 VojtechWICK, Dáta k dejinám košických dominikánov [Titel der ungarischen Ausgabe: Ada-tok a kassai domonkosok történetéhez], Košice, 1932, 10. Siehe auch BélaWICK, Szent Ferenc rendjének története Kassán, hrsg. von Péter SAS, Budapest, Bookmaker, 2005, 22f.

14 Zu den Umständen der Unterbrechung der dominikanischen Präsenz in Kaschau siehe WICK, Dáta k dejinám košických dominikánov, 11–13.

15 Zur Wiedereinrichtung des Dominikanerkonvents und der unmittelbaren Vorgeschichte siehe WICK, Dáta k dejinám košických dominikánov, 22–26; Béla VilmosMIHALIK, „...Campus ad fidei catholicae inseminationem“: Katolikus megújulás az egri egyházmegyében a 17. század utolsó harmadában, Budapest, 2013, 238–240. [Unveröffentlichte Dissertation.]

16 ÉvaKNAPP, Vallásos társulatok, rekatolizáció és társadalmi átalakulás Kassán a 17–18. században, Századok, 1995, 794. In ihrem Aufsatz zitiert die Autorin als Quelle ein die Rosenkranz-prozessionen betreffende Schreiben der Kaschauer Dominikaner an den Bischof von Erlau aus dem Jahre 1764, das im Diözesanarchiv von Erlau aufbewahrt wird: Egri Főegyházme-gyei Levéltár (= EFL), Archivum vetus, Nr. 66, Congregationem Marianam respicientia, pag. 62–65. Dort (pag. 63) wird das Jahr 1716 allerdings nur im Zusammenhang mit dem Erlass eines Dekrets der römischen Kongregation für Bischöfe und Ordensleute bezüglich einer Causa in Neapel erwähnt.

Beitrag der dominikanischen Rosenkranzbruderschaft…

Angabe nicht verifiziert werden. Ein Eintrag im Protokoll des Stadtrates zum 28.

Januar 1732 spricht von einem Betrag von 3 Rheinischen Gulden, der den Domi-nikanern für die Rosenkranzbruderschaft ausbezahlt wurde.17 Derartige Vermerke wiederholen sich in späteren Jahren relativ oft. In den untersuchten Stadtbüchern aus der Zeit vor 1732 wurde keine ähnliche Nachricht in Bezug auf die Bruder-schaft gefunden, obwohl Bemerkungen von Beiträgen des Stadtrates für die Do-minikaner bei verschiedenen Anlässen vorhanden sind. Deshalb scheint es möglich zu sein, dass die Wiedergründung erst ein paar Jahre vor dem genannten Datum zustande kam. Damit dürfte sie zu Anfang der Bruderschaftsgründungsperiode in Ungarn zwischen 1721 und 177018 stattgefunden haben. Auf die Tätigkeit der Brüder auf dem Gebiet der Rosenkranzfrömmigkeit vor 1732 weisen Vermerke in mehreren Büchern aus dem historischen Bestand der Dominikanerbibliothek in Kaschau hin, die von ihrem Erwerb für den Konvent im Jahre 1729 dank dem Einsatz des damaligen ordentlichen und Rosenkranzpredigers Thomas Pauer sprechen.19 Derselbe Pater stand einer Angabe Vojtech Wicks zufolge im Jahre 1733 der Rosenkranzbruderschaft vor.20 Im Sinne der Ordensbestimmungen hat-ten einzelne dominikanische Niederlassungen für die Förderung des Rosenkranzes mittels der Predigt und für die Förderung der Rosenkranzbruderschaft zu sorgen.

Beide Aufgaben wurden offensichtlich Pater Thomas Pauer übertragen. Es bleibt offen, ob er als Rosenkranzprediger schon 1729 an der Spitze der Bruderschaft stand und ob es eine Rosenkranzbruderschaft damals schon gab.

Im Zeitraum zwischen der Wiedererrichtung und der im Zusammenhang mit josephinischen Kirchenmaßnahmen erfolgten Aufhebung in der zweiten Hälfte der 1780er Jahre war die Rosenkranzbruderschaft eines der wichtigsten pastoralen Felder der Dominikaner in Kaschau. Die bereits erwähnten Vermerke in den Stadtbüchern über die Spenden für die Veranstaltungen der Bruderschaft sind ein

17 „Reverendis patribus dominicanis pro fraternitate sacratisimi Rosarii resolvuntur floreni rhenenses tres.”

Archív mesta Košice, Magistrát mesta Košice, Supplementum Halagianum, H III/2 mac 126, Protocollum 1731, fol. 32r (Eintrag zum 28. Januar 1732).

18 GáborTÜSKÉS, ÉvaKNAPP, Volksfrömmigkeit in Ungarn: Beiträge zu vergleichenden Literatur- und Kulturgeschichte, Dettelbach, Röll, 1996 (Quellen und Forschungen zu europäischen Ethnologie, 18), 288, 295.

19 Als Beispiel sei genannt: Dominikánsky konvent v Košiciach, Historická knižnica, Josuae PLACAEI,SS. Theol. in Acad. Salmuriensi Profess. Celeberrimi Opera omnia, in unum Corpus nunc Primum Collecta [...], Tomus primus, Franequerae, 1699, Titelblatt: „Ab inclyta Camera Sce-pusiensi residentia Cassoviensis per sollicitationem P. Thomae Pauer O. P. pro tempore concionatoris ordinarii et rosariani acquisivit 1729.“

20 WICK, Dáta k dejinám košických dominikánov, 29.

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Zeugnis davon, dass dieser Aktivität im Kontext des religiösen Lebens der Stadt auch von der Stadtverwaltung eine nicht geringe Bedeutung zugeschrieben wurde.

Als Hauptquelle für die Darstellung religiöser Impulse, welche die Predigerbrü-der den BruPredigerbrü-derschaftsmitgliePredigerbrü-dern anboten, dient ein BruPredigerbrü-derschaftszettel, den die Dominikaner in Kaschau auf Slowakisch veröffentlichten, und der gleichzeitig als Aufnahmeformular für die Rosenkranzbruderschaft diente.21 Ein heute im Ka-schauer Staatsarchiv sich befindendes Exemplar gehörte Martin Szihelszky, der 1755 in die Kaschauer Bruderschaft aufgenommen worden war. Der Titel diesen vierseitigen Textes lautet auf Deutsch übersetzt: „Die kurze und notwendige Auf-munterung der Brüder und Schwestern des Allerheiligsten Rosenkranzes“.22 Er präsentiert bündig die Rosenkranzbruderschaft und deren Ziele, beschreibt die Methode des Rosenkranzgebetes und informiert über Verpflichtungen, welche Bruderschaftsmitglieder auf sich nehmen. Es handelt sich in mancherlei Hinsicht um eine bedeutende Quelle. Sie zeigt das Selbstverständnis der Predigerbrüder bezüglich des Rosenkranzes und ist gleichzeitig ein Zeugnis für manche Aspekte der frühneuzeitlichen Frömmigkeit und Mentalität. Von der Verwendung der Volkssprache ist abzuleiten, dass die Brüder sich in ihrer Tätigkeit an breitere Krei-se der Bevölkerung wandten.23 Eine zweite relevante Quelle ist ein im Erzbischöf-lichen Archiv in Erlau aufbewahrter handschriftlicher Zettel mit den Bruder-schaftsregeln.24 Zu berücksichtigen ist auch eine kurze Zusammenfassung der Regel, die als Teil einer Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben des Domini-kanerkonventes und dessen Bruderschaften von 1785 im Kaschauer Staatsarchiv überliefert ist.25 Schließlich werden zwei Schreiben der Kaschauer Dominikaner an den Diözesanbischof Franz Barkóczy von 175226 und Karl Eszterházy von 176427

21 In der von TÜSKÉS und KNAPP erstellten Typologie der barockzeitlichen Bruderschaft-spublikationen werden neben Aufnahmeformularen noch Handbücher, Geschenkbücher, Andachtsbücher und Gelegenheitspublikationen genannt. Diese erschienen in lateini-scher, ungarilateini-scher, deutlateini-scher, slowakischer und kroatischer Sprache, wobei davon nur 30 Prozent der Drucke auf Latein waren. TÜSKÉS,KNAPP, Volksfrömmigkeit, 324f.

22 Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky Štátny archív v Košiciach (= ŠA KE), Domini-káni – Košice, Novšia manipulácia, Náboženské spolky, Bruderschaftszettel „Krátke a potrebne zbuzenj bratruw a sester Neyswetegssyho Ružence“ (Aufnahmeformular von Martin Szihelszky, 1755).

23 Vgl. TÜSKÉS,KNAPP, Volksfrömmigkeit, 335

24 EÉL, Archivum vetus, Nr. 66, Congregationem Marianam respicientia, pag. 60–61.

25 ŠA KE, Dominikáni – Košice, Stará manipulácia, O 16.

26 Archív Košickej arcidiecézy (= AACass), Košické biskupstvo, Acta Religiosorum – Do-minikáni, Pater Augustinus Marics an den Bischof von Erlau, Kaschau, 2. Januar 1752.

27 EFL, Archivum vetus, Nr. 66, Congregationem Marianam respicientia, pag. 62–65.

Beitrag der dominikanischen Rosenkranzbruderschaft…

herangezogen, dem wir ebenfalls einen für unsere Fragestellung relevanten Hinwe-is entnehmen können.

Der Text des Bruderschaftszettels beginnt mit einer Information über den Urheber der Rosenkranzbruderschaft: Die Erzbruderschaft des Allerheiligsten Rosenkranzes sei auf die Ermahnung der seligen Jungfrau Maria, durch den heiligen Dominikus, den Gründer des Dominikanerordens, eingeführt worden.

Dass diese Feststellung historischer Wirklichkeit nicht entspricht, war bereits im 18. Jahrhundert einigen Historikern, auch aus dem Dominikanerorden,28 bekannt.

Im Allgemeinen war aber die alte, in das Ende des 15. Jahrhunderts zurück-reichende Überlieferung immer noch lebendig.29 Der Hinweis auf Dominikus hat-te offensichtlich die Funktion, die Verknüpfung zwischen dem Orden und der Bruderschaft zu begründen. Was die Bezeichnung ‚Erzbruderschaft‘ anbelangt, trifft dieser Ausdruck keine Aussage über einen Rechtsstatus der Bruderschaft. Sie solle, nach einer Erläuterung in der Schatz-Kammer Deß H. Rosenkrantz, einem 1661 in Konstanz erschienenen Bruderschaftshandbuch, lediglich auf die ‚Vor-nehmlichkeit‘ der Rosenkranzbruderschaft hinweisen. Diese bestünde in ihrer mehrfachen Allgemeinheit: Sie sei allen Personen (d. h. ohne Rücksicht auf Ge-schlecht, Standeszugehörigkeit etc.) zugänglich und mache die Mitglieder aller geistlichen Verdienste des Predigerordens teilhaft.30

Die Bindung der Bruderschaftsmitglieder an den Dominikanerorden sollte unter anderem durch den regelmäßigen Besuch der Ordenskirche zum Ausdruck kommen. Laut dem Bruderschaftszettel waren alle verpflichtet, am Rosenkranzfest (das immer am ersten Oktobersonntag gefeiert wurde), am Neujahrstag als Titular-fest des Namens Jesu, an allen gebotenen Feiertagen der seligen Jungfrau Maria,

28 Um eine historische Korrektur bemühten sich die französischen Dominikanerhistoriker Jacques QUÉTIF (†1698) und Jacques ECHARD (†1724) in ihrem Werk Scriptores Ordinis Praedicatorum recensiti, notisque historicis et criticis illustrati, I, Luttetiae Parisiorum, 1719, 851f.

29 In einem Bericht des Superiors des Kaschauer Klosters über die dominikanischen Bruderschaften heißt es: „Habet residentia nostra Cassoviensis confraternitatem Sacratissimi Rosarii de qua vera ac firma omnium sententia est, confraternitatem Sacratissimi Rosarii a sancto Patre Dominico fundatore ordinis Praedicatorum per Gloriosam Virginem Dei Matrem fuisse institutam, propagatam et in diversis mundi partibus non sine magnis praeclarisque miraculis dilatatam, hoc testantur suis diplomatibus plurimi pontifices.“ EFL, Archivum vetus, Nr. 66, Congregationem Marianam respicientia, pag. 56 (Bericht des Vikars Augustinus Marics an den Bischof Karl Eszterházy, Kaschau [1771]).

30 Schatz-Kammer Deß H. Rosenkrantz. Das ist Sattsammer gründtlicher Bericht von der hochlöblichen Ertz-Bruderschafft deß H. Rosenkrantzes oder Psalters Jesu Mariae. Erster Theil. Von Ursprung, Gnaden, Indulgentzen, Hoch- und Freyheiten, Statuten und Regulen […]. Der ander Theil. Von außerlesnen Miraclen, Exempel, wunderthätigen Zeichen […], Konstanz 1661, I, 19f.

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am Tag des heiligen Dominikus und am ersten Sonntag jedes Monats reuevoll zu beichten, das Altarsakrament fromm zu empfangen, weiter allen Prozessionen fleißig beizuwohnen und an jedem Sonntag und Feiertag, falls möglich, an Predig-ten und am Rosenkranzgebet in der Dominikanerkirche teilzunehmen. Diese Pflicht war allerdings nicht absolut. Es hieß: Sie bindet nicht unter Sünde.31 Dieser Formulierung sei nun unsere Aufmerksamkeit gewidmet.

Merkmal der religiösen Bildung Nr. 1: Erziehung zur Freiheit Im Aufnahmeformular ist eine Bestimmung zu finden, die Brüder und Schwes-tern der Bruderschaft seien verpflichtet, jede Woche auf ein- oder dreimal den ganzen Rosenkranz oder den Psalter zu beten.32 In der Aufstellung über Ein-nahmen und Ausgaben der dominikanischen Bruderschaften von 1785 heißt es, die drei Teile des Rosenkranzes seien für das gemeine Wohl der heiligen christ-lich-katholischen Kirche zu persolvieren.33 Im Text des Bruderschaftszettels geht man nach der Erklärung des Wesens des Rosenkranzgebetes (es wird be-tont, dass die 15 Geheimnisse der menschlichen Erlösung fromm zu betrachten sind) und nach der Nennung von dessen einzelnen Teilen wieder auf die Auf-gaben der Mitglieder ein. Es wird gesagt, die Brüder und Schwestern der Bru-derschaft seien unter keiner, nicht einmal unter lässlicher Sünde verpflichtet, das Gebet zu sprechen. Sollten sie aber diese freiwillige Pflicht vernachlässigen,

31 „Podle pak Regul tohoto Arcy-Braterstwa: Den hlawnjho a Titulárskýho Swátku S. Ružence (který se swetý wždicky w Prwnj Nedělu Mesýce Octobra) tak take na Den Nowého Leta, gakožto Titulárskýho Swátku Neysladssýho Gména Ježjsse; y na wssecky prikázane Swátky Blahoslaw. Panny Marye; Na den Sw. Dominika, a w prwnj Nedělu každiho Mesýce, wssecy Bratrowe a Sestry powyni budu zkrusse-ne se spowýdati, pobožzkrusse-ne Welebnu Swátost Oltárnj prigjmati, powyni take budu na wssecky Processye pilne chodiwaty, pri tom take každu Nedělu y Swátek (když můžu) magu se na Kázen y na S. Ruženec w Chráme Zákonikůw S. Dominika ustanowyti: Táto pak powynnost pod žádnim hrjchem se nezawa-zuge.“ ŠA KE, Dominikáni – Košice, Novšia manipulácia, Náboženské spolky, Bru-derschaftszettel „Krátke a potrebne zbuzeni bratruw a sester Neyswetegssyho Ružence“

(Aufnahmeformular von Martin Szihelszky, 1755).

32 „Kterého S. Braterstva Bratrowe y Sestry gakožto Udowe powynnj budu se modliti každy týden na geden, aneb na trj rázy celi Ruženec, neb Psalterium.” ŠA KE, Dominikáni – Košice, Novšia manipulácia, Náboženské spolky, Bruderschaftszettel „Krátke a potrebne zbuzenj bratruw a sester Neyswetegssyho Ružence“ (Aufnahmeformular von Martin Szihelszky, 1755).

33 „Praedicta tres rosaria debent pro bono communi Sanctae Ecclesiae Christianae Catholicae persolvi.“ ŠA KE, Dominikáni – Košice, Stará manipulácia, O 16 (Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben des Dominikanerkonventes und dessen Bruderschaften, Juni 1785).

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