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Entscheidung unter Unsicherheit bzw. Risiko

In document DR. JOACHIM SCHMID PHD DISSERTATION (Pldal 27-31)

Generell kann man sagen, dass Banken hinsichtlich der Kreditvergabe generell mit Risiken operieren müssen, die nie absolut richtig eingeschätzt werden können, weil auf das angestrebte Ergebnis eine Vielzahl von Faktoren einwirkt und weil niemand genau weiß, wie sich die Zukunft entwickeln wird. „Mit der Entscheidung unter Sicherheit ist ein Extremfall bezeichnet; der entgegengesetzte Fall wird in Anlehnung an das Schrifttum als Entscheidung unter Unsicherheit bezeichnet. Hier hat der Entscheidungsträger keinerlei Anhaltspunkte dafür, welche Umweltlage eintreffen wird. In einer solchen Situation liegt vollkommende Ignoranz vor. Empirische Studien haben ergeben, dass nur einige Menschen bereit sind, in solchen Situationen Entscheidungen zu treffen. Das gleiche trifft in der Regel für die Entscheidungssubjekte in der vorgegebenen Entscheidungssituation zu. Die Entscheidungsträger und die Bankmitarbeiter, die die Entscheidung vorbereiten, werden im Normalfall soviel Informationen sammeln, dass sie in der Lage sind, einzelne Anhaltspunkte über die Entscheidungsparameter zu formulieren. Bei Entscheidung unter Risiko kennt der Entscheidende mindestens einen Parameter mit unbekannter Verteilung. Die Situation zwingt zur Wahl zwischen verschiedenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen, da dem Entscheidungssubjekt im Augenblick der Entscheidung nicht bekannt ist, welchen exakten Wert der Parameter annimmt. Es liegt unvollkommene Information vor. In der vorgegebenen Entscheidungssituation sind weder vollkommene Information noch vollkommene Ignoranz gegeben, sondern eine (qualitativ und quantitativ) unvollkommene Information; mithin ist eine Entscheidung unter Risiko zu treffen.“ 41)

Ist eine Kreditentscheidung unter zunehmendem Risiko zu treffen, also bei Vorliegen zunehmend unvollkommenerer Information und immer geringerer Kenntnis über die Verteilung der Risikoparameter (also die klassischen Bedingungen des Risikomanagements), dann gilt wie folgt: „Tatsächlich kann die Bank den Kredit nur dann weiter rechtfertigen, wenn sie weiter Vertrauen in den Unternehmer setzt, ausreichend Erträge und Cashflows zu

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erwirtschaften, um den Kapitaldienst für Zinsen und Tilgung zu erbringen. Wenn dieses Vertrauen in den Unternehmer bzw. das Management erschüttert ist, dann sollte die Bank sich konsequent von dem Schuldnerunternehmen zurückziehen.“ 42)

Wer also meint, dass gerade in der Krisensituation mittelständischer Unternehmen eine von der Bank eingeforderte, noch so präzise Analyse der vorgelegten Dokumentationen eine Vereinfachung seiner Entscheidungssituation brächte, der müsste sich demnach irren. Denn es ist dem Entscheider bei zunehmend unvollkommenerer Information natürlich klar, dass der „echte“ Informationsgehalt dessen, was man tatsächlich wissen kann, immer kleiner wird (siehe hierzu auch 161)). Zunehmen wird also eher das Bedürfnis nach Vertrauenswürdigkeit des Unternehmers bzw. eine deutliche Sensibilisierung der Bankmitarbeiter für diese Persönlichkeitsaspekte des Unternehmers, und dies gerade in der Krise.

Wenn sich demnach das Unbehagen verursachende Gefühl eines „Wissensvakuums“ bei den Mitarbeitern der Bank ausbreitet, genau dort entscheiden zu müssen, wo man aufgrund von mangelnder Information prinzipiell immer weniger entscheidungsfähig ist, sucht man Halt im Vertrauen, dass hoffentlich alles (also die Kreditvergabe) gut gehen würde, im Endeffekt also im Vertrauen in den Unternehmer. Hinsichtlich des auftretenden Wissensvakuums sei noch Parkinson als Namensstifter des „Parkinson-Prinzips“ erwähnt, welcher meint, dass „wo immer in der Kommunikation ein Vakuum entsteht, Gift, Müll und Unrat hineingeworfen werden.“ 43) Das bedeutet aber auch, dass aufgrund des auftretenden Misstrauens scheinbare Informationen („Gift, Müll und Unrat“) quasi ersetzend „erzeugt“ werden.

Gerade im Krisenmanagement und vor allem dann, wenn die Bank im Vorfeld bereits eine ausufernde Kreditvergabe, wie z.B. durch angehäufte Überziehungen, erkannt hat, tritt zusätzlich nachfolgende Problematik auf: „Zielbindungen können eskalieren. Dann nämlich, wenn Menschen (Unternehmer) nicht mehr bereit sind, ihre (bisherigen Fehl-) Entscheidungen zu korrigieren - trotz zu erwartender, negativer Folgen (Insolvenz). Im ökonomischen Bereich ist dieser Zustand erreicht, wenn Menschen immer mehr Geld in etwas investieren, in das sie bereits sehr viel vergeblich hineingesteckt haben. Wird das Commitment zu stark, pumpen zum Beispiel Manager unaufhörlich Geld in ein schlechtes Projekt. Zahlreiche Experimente untermauern das Risiko des Kontrollverlustes. In einem typischen Labor-Szenario muss ein Proband entscheiden, ob seine Firma in Produkt A oder B investieren soll. Entscheidet er sich für ein Produkt, bekommt er die Rückmeldung, dass sich dieses am Markt schlechter behauptet als das andere. Daraufhin muss die Versuchsperson erneut entscheiden, in welches Produkt sie das Firmengeld fließen lässt. Die dahinter

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stehende Frage lautet: Wie lange weicht jemand von einem erfolglosen Kurs nicht ab? Die Mehrzahl der Probanden hält an dem eingeschlagenen Weg fest und investiert weiter in das erfolglose Produkt. Von diesem Ziel weichen sie auch dann nicht ab, wenn man ihnen immer wieder das Feedback erteilt, dass ihre Entscheidung falsch war.“ 44)

Dies ist ein wichtiger Punkt hinsichtlich der Erfahrungssituation von Bankmitarbeitern, quasi ersetzend für den Unternehmer mit einschätzen zu müssen, ob sich dieser bereits in eine ausweglose Idee verrannt hat (Phänomen der eskalierenden Zielbindung) oder es nur noch einer weiteren Zeitdauer an Geduld (und finanzieller Zuwendungen) bedarf, bis sich der durchschlagende Erfolg schlussendlich doch noch einstellt. Ein bereits schon Jahrzehnte alter Fall zeigt noch heute die Aktualität eines ganz ähnlichen und zum Sachverhalt passenden Phänomens auf: „Auch in der Unternehmensrealität traten erste Fälle des Trennungsphänomens auf. So zwang Georg von Siemens, der Gründer der Deutschen Bank, die Söhne seines Cousins Werner von Siemens durch Aufkündigungsdrohung der Kredite dazu, die Leitung der von ihrem Vater errichteten und von ihnen an den Rand des Ruins gebrachten Elektrogerätefirma an befähigte Dritte zu übertragen.“ 45)

Zu diesem entscheidungsrelevanten Problem meint die Forschung: „Dieses Phänomen wird seit einigen Jahren erforscht. Deutlich wurde dabei bislang, dass Menschen umso unwilliger sind, den gewählten Entscheidungspfad zu verlassen, je größer die gefühlte Nähe zu einem Ziel ist. Aber: Je länger jemand an einer Entscheidung festhält, desto näher glaubt er sich subjektiv dem Ziel - auch wenn das objektiv nicht der Fall ist. Wer lange auf ein Ziel hinarbeite, der glaubt irgendwann, dass es aber gleich klappen werde. Außerdem gilt: Je mehr Zeit und Geld jemand bereits in eine Entscheidung investiert hat, desto stärker hält er daran fest. Und je größer die Verluste bereits sind, desto risikoreicher agiert ein Mensch - was die Eskalation noch begünstigt. Zunehmende Verluste werden weniger als gravierend empfunden, weil man sich gewissermaßen schon an das Übel gewöhnt hat. Dieses Verhalten ließ sich im Labor in fiktiven Entscheidungszwängen genauso beobachten, wie in realen (Unternehmer/Bank-; Anm. d. Verf.) Situationen. Besonders schwer fällt es, selbst gewählte Ziele aufzugeben. Kopfmenschen, so die Theorie, sammeln viele vermeintlich gute Gründe für oder gegen eine Entscheidung. Legen sie sich dann fest (z.B. für die weitere Krisenbekämpfung; Anm. d. Verf.) halten sie ihre Entscheidung für durchdacht und stellen sie kaum noch in Frage.“ 46)

„Es ist schwer bestimmbar, ab wann eine Zielbindung eindeutig fehlerhaft ist, schließlich erinnere das Ganze an ein Dilemma: Einerseits ist es risikoreich, ein Ziel zu früh aufzugeben;

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andererseits ist es genauso riskant, es ohne Rücksicht auf Verluste weiter zu verfolgen. Wer an seiner Ausgangsentscheidung unbeirrt festhält, ist von ihr eben überzeugt und glaubt auf diese Weise, sein Ziel erreichen zu können. So kommt es nicht von ungefähr, dass Optimisten besonders gefährdet sind, mit Vollgas in die Sackgasse zu fahren. Im Verlustbereich handeln Optimisten risikoreicher als Pessimisten und beschleunigen so den Untergang eines Projektes.“ 47)

Wie für die Optimisten, gilt dies auch in gewisser Weise für den dynamischen Personentypus:

„Im Verhältnis von Kultur und Strategie gilt, dass die Kultur sich der strategischen Stoßrichtung anpassen muss und nicht umgekehrt. Bei einem fälligen grundlegenden Strategiewechsel (eine Erfordernis, welche bei einem Unternehmen im Krisenmanagement ohnehin umso mehr gilt; Anm. d. Verf.) kann z.B. eine stark ausgeprägte, Dynamik fördernde Kultur hinderlich, ja sogar gefährlich sein, weil sie die Kurskorrektur behindert (Motto: Mit Volldampf in die Pleite).“ 48) Demnach wäre eher vorsichtigeres, bedachteres Taktieren, als das dynamische Vorpreschen im Falle der Krisenbewältigung die adäquatere Vorgehensweise. Dies hat jedoch nichts mit der Änderungsgeschwindigkeit und dem Ausmaß der Änderungen zu tun, sondern mit der Herangehensweise. Bedachtsame Vorgehensweise kann auch rasch geschehen, jedoch wird sie nicht überstürzt sein, was vom Wortsinn her eher dem „Dynamischen“, wie es hier dem Wortsinn nach gemeint war, nahe kommt. Andererseits stellte bereits der österreichische Nationalökonom Joseph Schumpeter „die Wirkung einer Unternehmenskrise als auslösendes Moment von Innovationen heraus. Danach (bei Überprüfung dieser These; Anm. d. Verf.) scheinen Unternehmen in einer Krisensituation tatsächlich eine höhere Risiko- und damit Innovationsbereitschaft zu zeigen als in Chancensituationen. In diesem Blickwinkel ist es für Unternehmen unzweckmäßig, beherrschbare Krisen herunterzuspielen, da die Innovationsbereitschaft der Führungskräfte hierdurch abgebaut wurde. Trotz dieser Befunde bleibt freilich offen, ob Unternehmen in einer derartig prekären Lage das finanzielle Potential und die Kraft zur Durchsetzung neuer Ideen am Markt besitzen, ob sie also auch innovationsfähig sind.“ 49)

Zum Kontext Entscheidung unter Unsicherheit bzw. Risiko bei dadurch verstärkter Vertrauenssensibilisierung gilt: „Eine akute Krise ist also immer auch eine Vertrauenskrise.

Auch wenn ungünstige, nicht durch das Unternehmen zu beeinflussende Rahmenbedingungen die Krise verschärft haben, so überwiegen in aller Regel die selbst verschuldeten Krisenursachen. Nur durch Missmanagement ist es möglich, dass aus einer strategischen Krise eine Ergebnis- oder gar Liquiditätskrise wird. Wenn in einer solchen

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akuten Krise Banken das Unternehmen unterstützen sollen, so setzt dies eine offene und selbstkritische Haltung des Top-Managements und die Bereitschaft zu auch radikalen Veränderungen voraus. Die Probleme müssen offen angesprochen werden und unangenehme Maßnahmen dürfen nicht ausgespart werden. Besteht diese Bereitschaft nicht, so sind schnelle Veränderungen im Management unvermeidbar. Ansonsten wäre die unter Zeitdruck durchzuführende Restrukturierung schon von Anfang an gefährdet.“ 50)

Nach dem Themenfeld Entscheidung unter Unsicherheit bzw. Risiko bei verstärkter Sensibilisierung für den Komplex Vertrauen folgt nun die Darlegung des rechtlichen Hintergrundes im Zusammenwirken von Banken und Unternehmen im Krisenmanagement, welcher ebenfalls von erheblicher Bedeutung ist. Der literarische Kontext soll dabei die grundsätzlichen Probleme und Risiken der individuellen sowie unternehmerischen Haftung aufzeigen und näher an die Wechselwirkung zwischen Haftung und Vertrauen oder ökonomischer und psychologischer Aspekte heranführen.

In document DR. JOACHIM SCHMID PHD DISSERTATION (Pldal 27-31)