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3.1. Der Regionalverbund Sprachförderung

Seit 2010 werden im „Regionalverbund Sprachförde-rung“ 30 Erzieherinnen aus den beteiligten Städten an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd zu Sprach-pädagoginnen qualifiziert. Die Fachkräfte absolvieren ein Jahr lang ein Zertifikatsstudium, das sie dazu befähigt, in den Kindertageseinrichtungen Sprachstandsdiagnostik und Sprachfördermaßnahmen zu implementieren und durchzu-führen. In Kompaktseminaren erwarben die Kursteilnehme-rinnen wissenschaftliche Kenntnisse zu Sprach- und Schrift-spracherwerb, Mehrsprachigkeit, Sprachstandsbestimmung und der Didaktik der sprachpraktischen Arbeit mit Kindern.

Zudem wurden sie in Form eines Coachings bei der Umset-zung der alltagsintegrierten Sprachförderung in ihren Ein-richtungen unterstützt. Darüber hinaus waren regionale Treffen der einzelnen Städte, bei denen sprachpädagogische Themen bearbeitet und Erfahrungen ausgetauscht werden, ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung.

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3.2. Forschungsdesign

Zentrales Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, wie das Fachpersonal die während des Zertifikatsstudiums erworbenen Kenntnisse auf die Praxis transferiert. Obwohl die beteiligten Städte jeweils eigene Sprachförderkonzepti-onen ausgearbeitet hatten, folgte die Umsetzung der Sprach-förderpraxis in allen Einrichtungen des Regionalverbunds gemeinsamen, wissenschaftlich abgesicherten Prinzipien:

 Die Sprachförderung findet alltagsintegriert statt; die Erzieherinnen identifizieren im Alltag, z.B. beim Spie-len, Basteln, Turnen, hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, sprachförderliche Situationen und nutzen diese ge-winnbringend. Zugleich bieten sie vielfältige Sprech-anlässe an und fungieren bewusst als sprachliche Mo-delle.

 Zusätzlich finden Kleingruppenarbeiten mit drei bis fünf Kindern statt, die direkte Adressierung und hand-lungsbegleitendes Sprechen beinhalten.

 Das Fachpersonal schafft gezielt Situationen, die stark an Kommunikation (auch der Kinder untereinander) gebunden sind; z. B. Gesprächs-/Erzählrunden, Bilder-buchbetrachtung, interaktives Vorlesen mit An-schlusskommunikation

 Wertschätzung und Berücksichtigung von Mehrspra-chigkeit. Im Kindergartenalltag werden grundlegende

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pädagogische und didaktische Prinzipien mehrspra-chiger Erziehung umgesetzt.

 Die Berücksichtigung von Literacy-Konzeptionen, Be-gegnung mit Schrift(symbolen) und verschiedenen Textsorten

 Umsetzung von Language Awareness-Konzepten (Sprachspiele und Reime zur Förderung der phonolo-gischen Bewusstheit)

 Kontinuierliche Beobachtung, Sprachstandsdiagnose und Dokumentation der individuellen kindlichen Sprachentwicklung und gezielte Förderung bei Sprachauffälligkeiten

Bei der Evaluation lag das Erkenntnisinteresse außerdem darauf, welche Effekte der Sprachförderung sich in der Spra-chentwicklung der Kinder und beim Übergang in die Grund-schule zeigten. Zugleich sollten aus den Untersuchungser-gebnissen weiterführende Empfehlungen für die sprachpä-dagogische Praxis in den Kindergärten sowie die Weiterent-wicklung des Qualifizierungskonzepts abgeleitet werden.

Bei der Untersuchung wurde von folgenden Hypothesen ausgegangen:

 In allen an der Evaluation beteiligten Einrichtungen arbeiten Sprachpädagoginnen, die ihre Qualifikation im Zertifikatsstudium an der PH Schwäbisch Gmünd erworben haben. Ihr Fokus liegt auf der alltagsinte-grierten Sprachförderung, bei der den Kindern ein

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differenzierter, hochwertiger Input und vielfältige Sprechanlässe angeboten werden. Da die Sprachför-derkräfte die Kinder individuell beobachten und deren Sprachstand dokumentieren, steuern sie abweichen-den Spracherwerbsverläufen gezielt entgegen. Des-halb ist anzunehmen, dass sich die Mehrheit der Kin-der sprachlich altersgemäß entwickelt, sofern keine spezifische Sprachentwicklungsstörung vorliegt oder andere physiologische bzw. psychosoziale Beeinträch-tigungen den Spracherwerbsprozess hemmen.

 Da die Sprachpädagoginnen auch im Umgang mit Mehrsprachigkeit und für die Förderung von Kindern mit Zweitsprache Deutsch geschult sind, wird ange-nommen, dass Kinder mit anderer Erstsprache die Zweitsprache Deutsch – unter Berücksichtigung der Kontaktdauer mit der Zweitsprache – altersgemäß ausbilden.

 Die ganzheitliche Förderung aller sprachlichen Basis-qualifikationen (phonisch, lexikalisch-semantisch, morphologisch-syntaktisch, pragmatisch-diskursiv, li-teral) erleichtert den Kindern den Einstieg in das schu-lische Lernen, da durch die Berücksichtigung von Lite-racy-Konzepten zudem bereits wichtige Vorläuferfer-tigkeiten für den Erwerb der kognitiv-akademischen Sprachfähigkeiten geschaffen wurden. Somit sollte ei-ner altersangemessenen Sprachentwicklung der Kin-der ein unauffälliger Schriftspracherwerb folgen.

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Um ein differenziertes Bild von der Wirksamkeit der Sprachförderung zu gewinnen, wurden bei der Datenerhe-bung quantitative und qualitative Forschungsmethoden (Sprachtest LiSe-DaZ und HAVAS-5) trianguliert.

2013 und 2014 wurden in den am Projekt beteiligten Kin-dergärten mit der Linguistischen Sprachstandserhebung Deutsch als Zweitsprache (LiSe-DaZ) bei 159 Kindern (67 deutsche Muttersprachler, 92 Kinder mit Deutsch als Zweit-sprache) Sprachstandsmessungen durchgeführt.

LiSe-DaZ ist für ein- und mehrsprachige Kinder standar-disiert und normiert und nimmt sprachliche Strukturen in den Blick, die für den Erst-und frühen Zweitspracherwerb hinreichend erforscht sind und die Einschätzung syntakti-scher, morphologischer und semantischer Kompetenzen zu-lassen (vgl. Schulz/Tracy 2011: 19). Untersucht werden so-wohl Sprachverständnis. Die Testauswertung berücksich-tigt neben dem Alter der Kinder auch die Kontaktzeit mit der Zweitsprache. Dies ermöglicht eine Einschätzung des kind-lichen Sprachstands im Vergleich zu anderen Kindern mit DaZ, die sich in der gleichen Erwerbsphase befinden. Somit bildet das Testergebnis u.a. ab, „ob ein Kind mit DaZ im Hin-blick auf sein Alter und die Kontaktdauer für DaZ-Lerner und -Lernerinnen erwartungsgemäße Leistungen zeigt“

(vgl. Schulz/Tracy 2011:18).

Ein Teil der Kinder konnte im Herbst 2015 in das erste Schuljahr begleitet werden. Dabei wurden die sprachlichen Voraussetzungen untersucht, mit denen die Erstklässler in

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das schulische Lernen starteten. Mit dem Hamburger Ver-fahren zur Analyse des Sprachstands Fünfjähriger (HAVAS-5, Reich/Roth 2004), einem halbstandardisierten Verfah-ren, das auch in verschiedenen Herkunftssprachen vorliegt, wurde eine Profilanalyse der Schulanfänger erstellt. Als Sprechimpuls diente die sechsteilige Bildfolge „Katze und Vogel“3. Die mündlichen Erzählungen der Kinder wurden auf Tonband aufgezeichnet und transkribiert. Neben sprachlichen Aspekten (Wortschatz, Form und Stellung des Verbs, Satzverbindungen) wurden Sprachverwendungs-strategien (Einsatz der Herkunftssprache, Code Switching), Sprachaufmerksamkeit, Bewältigung der Aufgabenstellung (Orientierung in der Bildfolge, Detailgenauigkeit) analysiert.

Letzteres lässt Rückschlüsse darauf zu, wie weit die zu den kognitiv-akademischen Sprachfähigkeiten gehörige Erzähl-kompetenz bereits ausgebaut ist. Zugleich spiegeln sich in der Sprachprobe literale Vorerfahrungen des Kindes (z.B.

Erzählstrukturen, Umgang mit Bildern).

Im Frühjahr 2016 wurden mittels einer Schreibprobe (Lernbeobachtung Schreiben nach Mechthild Dehn) Zu-griffsweisen der Kinder auf Schrift erfasst, z.B. inwiefern das Erinnern von Schriftzeichen und deren Zuordnung zu Lau-ten gelingt und in welchem Maße die Kinder bereits Prinzi-pien der Schreibung berücksichtigen (vgl. Dehn 22014:199).

3 https://www.foermig.uni-hamburg.de/publikationen/diagnoseinstru mente/havas-5.html [28.2.2017]

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Abschließend wurde überprüft, ob Kinder, die bei der Ersterhebung mit HAVAS-5 besser abgeschnitten haben, auch erfolgreicher in den Schriftspracherwerb hineinfan-den.

Außerdem wurde ein Datenvergleich vorgenommen zwi-schen Kindern, die im Kindergarten von dem im Regional-verbund qualifizierten Sprachpädagoginnen betreut wor-den waren, und Kindern aus anderen Einrichtungen. Dies sollte Aufschluss geben über Effekte der vorschulischen Sprachförderung und die Wirksamkeit des Qualifizierungs-konzepts.