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3. Lexikographische Konzeption des WUM im Spiegel ausgewählter

3.2. Benutzerkreis

Im Zusammenhang mit den potentiellen Benutzern von Nachschlagewerken werden in der lexikographischen Praxis drei Bereiche voneinander unterschieden (Spree 2012:

553-554):

• die Benutzervoraussetzung – Laie oder Experte,

• die Benutzersituation – zu welchem Zweck das Nachschlagewerk konsultiert wird

• die Benutzerintention – ob zum Sprachverständnis (dekodierende Benutzung) oder und zur Sprachproduktion (kodierende Benutzung) das Wörterbuch konsultiert wird.

22 Die überwiegende Mehrheit der Belege kommt aus dem basisdialektalen Bereich. Der Wortschatz höher gelegener gesellschaftlicher Schichten (z.B. der städtischen Intelligenzschicht) war und ist nur in der Nähe von Budapest bzw. in Ofen, in Fünfkirchen und Baja sowie in den Kleinstädten entlang der österreichisch-ungarischen Grenze zu erheben.

23 Näheres dazu fi ndet sich bei Hutterer (1991), Manherz (1977), Wild (1985), Földes (2005), Erb (2012), Knipf-Komlósi (2005: 327-342; 2011; 2012: 103-119), Müller (2011), Erb / Knipf / Müller (2012) und Már-kus (2014).

24 Im Falle der Bezeichnungen, die von den Gewährspersonen nicht einmal rezeptiv identifi ziert wer-den konnten, wurwer-den diese durch wissenschaftliche Arbeiten verifi ziert.

25 Hierfür ist ein gutes Beispiel die Ortsmonographie von János Bakonyi, welche die Mundart und die Siedlungsgeschichte von Marka aus dem Jahre 1940 behandelt, oder die ebenfalls sehr interessante Abhandlung von Ferenc Folláth über die Wortbildung in den deutschen Mundarten des Ofner Berg-landes aus dem Jahre 1941. Die älteste – zum Zwecke der Korpusbildung exzerpierte – Monographie entstammt von Rezső Bedi aus dem Jahre 1912 über die Lautlehre der heanzischen Mundart von Ödenburg. Zweitälteste Quelle des WUM ist die Lautlehre von Edit M. Eszterle über die Lautlehre der Mundart von Wudigeß (1929).

Im Zusammenhang mit dem BWB, das seit 1995 erscheint, betont auch Rowley, dass der Ertrag eines Dialektwörterbuches über die Grenzen der Dialektlexikographie hinausreicht, weil er auch für all die Wissenschaften erachtlich sein kann, deren Forschungsgegenstände durch die Sachbereiche des (im jeweiligen Dialektwörterbuch verzeichneten) Belegmaterials vertreten sind (Rowley 2005: 207).26

Die Benutzervoraussetzung lässt sich zweiteilen: in den Kreis der Experten und in den Kreis der Laien, Mundartliebhaber. Der Benutzerkreis des WUM wurde bewusst breit angesetzt, denn in der Planungs- und Entstehungsphase eines Dialektwörterbuchs ist es nicht möglich, alle „denkbare[n] Benutzungssituation im Blick zu haben” (Niebaum / Macha 1999: 109): Wissenschaftler der näher oder ferner verwandten Disziplinen wie Dialektologen, Kontaktlinguisten oder Historiker, Volkskundler, Kulturhistoriker, Soziologen und Laien (Erwachsene, Schüler), d.h. aktive Mundartsprecher, passive Mundartkenner und nichtmundartkundige Interessenten sind gleichfalls als potentielle Adressaten des WUM zu betrachten.

Hinsichtlich der Laienbenutzer lässt sich eine Relation zwischen den Sprechergenerationen (nach dem Generationsmodell von Knipf-Komlósi 2011: 45-53), der Dialektkompetenz und der Funktion des WUM unterstellen:

Abb. 20: Funktionen des WUM in Bezug auf die Vertreter des Knipfschen Generations- und Sprachkontinuums

26 Dass über die Präzisierung der Annahmen über die lexikalische Semantik sowie der Etymologie des Belegmaterials hinaus das BWB „nicht nur für Sprachforscher gedacht” ist (Rowley 2005: 209), illus-triert die Geschichte der Anfrage der Wörterbuchkanzlei über die taxonomische Einordnung der Bayerischen Rübe (Barsche) bei dem Institut für Ackerbau und Informatik im Pfl anzenbau an der TU München. Durch die Anfrage „merkten die Fachleute, dass hier […] ein wissenschaftlich bisher nicht erfasstes […] Kulturgut fast ohne Spuren verschwunden war” und leiteten ein Forschungsprojekt so-wie verschiedene Maßnahmen ein, um die betreff ende bayerische Kulturpfl anze populär zu machen (ebda).

Das oben skizzierte Kontinuum von ungarndeutschen Sprechergenerationen ist freilich nur ein abstraktes Schema, die Übergänge zwischen den Generationen sind fl ießend und ihre Ausprägung variiert stark je nach dem soziokulturellen Hintergrund der Sprecher, der Region und nach dem Siedlungstyp, in dem man lebt. Dennoch kann man im Falle der Generationen A und B (authochthone, zweisprachige Sprecher) vermuten, dass das WUM für sie die Funktion erfüllen wird, ihre (durch die politischen Umwälzungen teilweise angeschlagene) Identität zu erhalten oder zu stärken, wogegen die nachfolgenden Generationen C und D (mit passiver Dialektkompetenz) das WUM eher zum Stärken und zum Aufbau ihrer (u.a. sprachlichen) Identität benutzen werden.

Schließlich kann das WUM in den ungarndeutschspezifi schen Vorlesungen und Seminaren der Studiengänge Deutsch als Minderheitensprache (DaM27) im tertiären Bereich und im ungarndeutschen Schulwesen – im Rahmen der Schulfächer DaM und Landes- und Volkskunde der Ungarndeutschen – Verwendung fi nden (vgl. dazu Drahota-Szabó 2015: XXIV-XXVII). Sowohl im DaM- als auch im Volkskundeunterricht sind die Begriffe Dialekt/Mundart sowie Hochdeutsch feste Bestandteile der gültigen Rahmenlehrpläne. Die Rahmenlehrpläne beider Schulfächer der Sekundarstufe I (Klassen 5-8) und der Sekundarstufe II (Klassen 9-12) gehen in der Einführung darauf ein, dass „(…) die Pfl ege örtlicher Dialekte und Traditionen (…) zusammen mit der Kenntnis der modernen kulturellen Landschaften des deutschen Sprachraums unverzichtbare Elemente ungarndeutscher Identität [sind]“. Im Rahmenlehrplan für DaM an zweisprachigen Schulen werden folgende Anforderungen in den Klassen 5-6 und 7-8 festgelegt: Erweiterung der Kenntnisse bezüglich der Besonderheiten der Aussprache der örtlichen Mundart; im örtlichen Dialekt einzelne Wörter und einzelne gebräuchliche feste Wendungen oder Reime annähernd richtig aussprechen und intonieren können.

In der Sekundarstufe II (Jahrgänge 9-12) tauchen die Begriffe Dialekt/Mundart im folgenden Kontext auf: Verstehen und Vortragen von Mundarttexten; Texte im örtlichen Dialekt nach entsprechender Vorbereitung verständlich aussprechen und intonieren zu können. Über den Sprachunterricht hinaus greifen die Thematik der Mundarten auch die Rahmenlehrpläne für Volkskunde auf. Im Rahmenlehrplan für Volkskunde an zweisprachigen Schulen liest man unter den Soll-Anforderungen der Jahrgänge 7-8 Folgendes: Erweiterung des Bestandes von Mundartwörtern durch Aufgaben.

Charakteristika der ungarndeutschen Mundarten anhand von authentischen Texten bzw.

Tonaufnahmen kennen lernen. Entdecken und Sammeln der Unterschiede bzw. der Gemeinsamkeiten. Darüber hinaus wird in Volkskunde in den Jahrgängen 11-12 auch über die Zukunftsaussichten der (udt.) Mundarten diskutiert (3. Beilage der Verordnung des Ungarischen Ministeriums für Humanressourcen Nr. 23/2013 [29. März]). Wie aus den oben Ausgeführten hervorgeht, wird sich das WUM auch im ungarndeutschen (Hoch-)Schulwesen als Referenzwerk dienlich erweisen.28

27 In Ungarn wird die Abkürzung DaM nicht in dem Sinne wie jenseits der ungarischen Grenzen, d.h.

in der Bedeutung ’Deutsch als Muttersprache’ gebraucht, sondern in der Bedeutung ’Deutsch als Minderheitensprache’.

28 Die erwähnten Rahmenlehrpläne in deutscher Sprache fi nden sich auf der Homepage des Ungarndeutschen Pädagogischen Instituts (www.udpi.hu) sowie in ungarischer Sprache auf der Homepage des Instituts für die Erforschung und Entwicklung der Lehrens (ung. Oktatáskutató és Fejlesztő Intézet; http://kerettanterv.ofi .hu/) (29. 06. 2015).

Hinsichtlich der aktiven oder passiven Benutzerintention kann man nur Vermutungen formulieren, da die Absichten von den Benutzungssituationen, und von den (Mundart-) und (Standarddeutsch-)Kompetenzen der Benutzer abhängig sind. Anzunehmen ist eine eher dekodierende Richtung. Wie dem auch geschehen mag, der Benutzerkreis von Dialektwörterbüchern – so auch von dem WUM – ist und bleibt inhomogen.