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auf die Divination der Komnenen- und Palaiologenzeit

Es ist bemerkenswert, dass die Forschung die wichtigen Einflüsse des au-ßergriechischen Ostens auf die byzantinische Mantik am meisten hochge-schätzt hat, indem Entlehnungen des Westens in diesem Rahmen geringe Aufmerksamkeit erhielten.1 Es ist auch selbstverständlich, da viel esoterisches Wissen im Lauf der Jahrhunderte nach Griechenland von dort eingeführt worden ist. Was die spätbyzantinische Zeit im Einzelnen betrifft, ist zuerst die Omoplatoskopie, d.h. die Prüfung der Vorzeichen aus den Schulterblättern, nämlich eines Schafes oder Lammes, zu erwähnen. Diese Methode ist ein klares Beispiel einer fremden Entlehnung aus der östlichen Welt, wie ein Traktat aus der Handschrift Athen. EBE 1493 des 12. Jahrhunderts ausdrück-lich sagt. Dieser ist unter dem Titel Βιβλίον παραδοθὲν ἔκ τε Τούρκων καὶ βαρβάρων προδηλωτικὸν τῶν ἐσομένων <ἐκ> τῶν ὠμοπλάτῃ φαινομένων τεκμηρίων (Das von den Türken und Barbaren verbreitete Buch, abgefasst, um die Zukunft aus den Vorzeichen im Schulterblatt vorherzusagen) überliefert.2 Dabei bringt der anonyme Verfasser einen direkten Hinweis auf die arabi-sche Welt unter einer außergriechiarabi-schen Perspektive. Dass hier Türken und Barbaren genannt sind, bedeutet einfach, dass Araber und Ausländer aus dem Orient insgesamt damit gemeint sind. Zum fremden Ursprung ist es kein Widerspruch, dass Michael Psellos, die Hauptfigur der philosophischen sowie okkultistischen Überlieferung im späten Byzanz, demselben Thema eine Schrift gewidmet hat.3 Der letzte Herausgeber zählt sie zu den echten Werken

1 Dazu stimmen die allgemeinen Bemerkungen von Schreiner, P.: Ritterspiele in Byzanz. JÖB 46 (1996) 227–241 am Anfang seines Beitrages: „Während Einflüsse des byzantinischen Ostens auf die mittelalterliche westliche Welt schon vielfach Gegenstand von Einzeluntersuchungen waren, ist die Übernahme westlicher Gepflogenheiten in Byzanz bisher weit seltener in der Forschung behandelt worden.“

2 Vgl. Costanza, S. (Hrsg.): Un trattato bizantino di omoplatoscopia (Atheniensis, Bibliotheca Nationalis 1493), ff. 155v-159r. Byzantion 82 (2012) 57–78.

3 Vgl. Michael Psellos, Opuscula logica, physica, allegorica, alia, hrsg. von Duffy, J. M.: Stuttgart

von Psellos, aber die Frage nach der Autorschaft bleibt in diesem Fall bestreit-bar und ist noch nicht entschieden. Auf jeden Fall spricht derselbe Psellos von der Schulterblatt-Mantik in Bezug auf einen aus dem Osten kommenden Fachmann, der am Hof des Patriarchen Michael Keroularios († 1058) tätig war.

In seiner strengen Strafrede gegen den Patriarchen sagt Psellos, dass dieser so viele Quacksalber und Zauberprofis nach seinen Favoriten bekommen hatte, die gar kein Griechisch sprechen konnten und nur aufgrund ihrer exotischen Herkunft im höchsten Mass verehrt wurden. Dabei finden wir auch einen Perser (ὁ δὲ Πέρσης), der seinen Platz aufgrund seines omoplatomantischen Wissens dort gefunden hatte:

ὁ δὲ ὅτι τὸ περὶ τὸν ὦμον ὀστοῦν ἀκριβῶς κατοπτεύοι

der eben den Knochen des Schulterblattes genauer prüfen könnte.4

Die entscheidende Rolle solcher Wahrsager aus dem Osten ist bedeutungsvoll in dieser Hinsicht, wozu wir ausführliche Ankünfte besitzen. Die scharfe Kritik von Psellos bietet noch einen klaren Beweis. Er war auch aus persönlichen Gründen motiviert. In der Tat ist seine Feindschaft gegen die ausländischen Experten für Magie und verwandte Gebiete, die in Konstantinopel seiner Zeit eine starke Konkurrenz wohl auszuüben pflegten, bekannt.5

Dagegen ist eine andere Gattung, wie die Chremetismosmantik, beach-tenswert, weil im vorliegenden Fall ein westliches Kulturbild die vollständige Übernahme in die byzantinische Welt gefördert hat. Es handelt sich um die Deutung des Gewiehers zwecks der Wahrsagung zukünftiger Ereignisse.6

Im Voraus ist festzustellen, dass das Pferd keine große mantische Rolle bei den alten Griechen gespielt hatte, wogegen Perser, Skythen, Germanen, oder

– Leipzig 1989, 113–115, bes. 113, 10–12; Politis, N. G.: Ἡ μαγεία παρὰ τοῖ ς νεοτέροις Ἕλλησιν (ἀ ποσπάσματα). Παρθενών (1872) 1093–1105 mit nützlichen Beispielen aus der neugriechi-schen Folklore.

4 In Paris. Gr. 1182, f. 148 des 13. Jahrhunderts, hrsg. von Bidez, J.: Catalogue des manuscrits alchimiques grecs, VI. Brüssel 1928, 71–89, bes. 76.

5 Vgl. Mavroudi, M. V.: Occult Science and Society in Byzantium: Considerations for Future Research. In: Magdalino, P. – Mavroudi, M. V. (Hrsgg.): The Occult Sciences in Byzantium.

Genf 2006, 39–95, bes. 89; siehe auch im astrologischen Bereich Magdalino, P.: L’orthodoxie des astrologues. La science entre le dogme et la divination à Byzance (VIIe-XIVe siècle). Realités Byzantines 12. Paris 2006, 149; Tihon, A.: Astrological Promenade in Byzantium in the Early Palaiologan Period. In: Magdalino – Mavroudi (siehe oben) 265–290, bes. 280–282.

6 Vgl. Costanza, S.: Nitriti come segni profetici: cavalli fatidici a Bisanzio. BZ 102 (2009) 57–78.

noch Slaven daran stark interessiert waren. Und all diese waren zugleich als gute Reitervölker berühmt.7 Außer den sprechenden Achillespferden der Ilias, die vorherzusagen übten,8 und denjenigen, die zum Poseidon Hippios im böotischen Tempel von Onchestos heilig und ebenso prophetisch begabt waren,9 wissen wir von altgriechischer Pferdesmantik von der klassischen bis in die mittelbyzantinische Zeit so gut wie nichts.10

Es ist überhaupt interessant, dass mehrere Zeugnisse von einem prophetischen Gewieher gerade in den historischen Hauptquellen der spätbyzantinischen Zeit, nämlich der Komnenen- und Palaiologenzeit, vorliegen. Jeweils ist das Gewieher (χρεμετισμός) als ein religiöses Omen abgefasst, das die Zukunft offenbaren lässt und in Verbindung mit den bedeutendsten politischen Fällen steht. Man erkennt ferner, dass das prophetische Gewieher den Kaiser selbst betrifft, und zwar in außerordentlich wichtigen Umständen. Es ist der Fall der Krönung Manuels I. (wohl am 28.11.1143) laut dem Bericht des Niketas Choniates, oder früher in einer Feldschlacht des Alexios I. (1083), wovon dessen Tochter Anna spricht. Oder nochmals im Bürgerkrieg zwischen Andronikos II. und seinem Enkel, Andronikos III., wie uns Nikephoros Gregoras ausführlicherweise erzählt.

Dadurch konnten diese Tierstimmen die bedeutsamen Fragen des Reiches deu-ten. Zweifellos hat es keinen Fall gegeben, in dem ein wieherndes Pferd zwecks Erkundung der Zukunft im Privatkontext beobachtet worden wäre.

Eine weitere Frage in Bezug auf diese ominösen Vorzeichen ist jene, wa-rum so viele wiehernden Pferde als Schicksalstiere des Kaisers gerade in der Komnenenzeit, d.h. seit dem Ende des 11. Jahrhunderts, plötzlich in Reden vorkommen. Warum gerade damals und nicht etwas früher, stellt noch ein Hauptthema unserer Analyse dar.

Demzufolge ist die Beschreibung von Michael Psellos, Chronographie, ei-nes ungünstigen Pferdeomens für Bardas Phokas überhaupt von Bedeutung.

7 Im Allgemeinen ist dazu noch hilfreich Howey, M. – Oldfield, M.: The Horse in Myth and Magic. London 1923. Eine neuere diesem Thema gewidmete Studie prüft ein weiteres Volksbeispiel, vgl. Dynda, J.: Slovanská hippomancie: Końský divinaćní rituál jako mediátor v symbolické soustavê slovanského pohanstvi (Slavische Pferdesmantik: rituelle Divination des Pferdes als Mittel im symbolischen System des slavischen Heidentums). Studia Mythologica Slavica 19 (2016) 61–85.

8 Hom. Il. 17,426, 19,405; vgl. Halliday, W. R.: Greek Divination: A Study of its Methods and Principles. London 1913, Nachdr. Chicago 1967, 138.

9 [Hom.] Hymn. Ap. 230–232, vgl. Bouché-Leclerq, A.: Histoire de la divination dans l’Antiquité.

Brüssel 1876–1879, I 150; Halliday (Anm. 8) 138 nimmt einen Einfluß aus dem mittleren Europa für Onchestos an, aber das ist noch besser abzuklären und bleibt ungeklärt.

10 Vgl. Koukoules, Ph.: Βυζαντινῶν Βίος καὶ Πολιτισμός. I/II. Athen 1948, 189.

Es kam am entscheidenden Zeitpunkt der Feldschlacht von Abydos (13.4.989) vor, als der Usurpator zum Kampf gegen die Mitkaiser, die Gebrüder Basilius II. und Konstantin VIII., angetreten war. Wie uns Psellos berichtet, handelte Phokas dabei gegen den Willen seiner Wahrsager, die ihn vom Kampf abhal-ten wollabhal-ten. Ihre Opfer hatabhal-ten nämlich einen Unfall deutlich angezeigt: τῶν θυμάτων αὐτοῖς τοῦτο διασαφούντων.

Und dann mißachtete Phokas diese Zeichen von unheilvoller Bedeutung:

λέγεται μέντοι καὶ σημεῖα φανῆναι οἱ ἀπαίσια, indem er seinem Pferd den vollen Zügel gab. Weiter ist das dem Phokas zweimal gegebene böse Zeichen beschrieben:

ὡς γὰρ ἱππάσατο, εὐθὺς αὐτῷ διωλισθήκει ὁ ἵππος καὶ ἐπεὶ μετέβη εἰς ἕτερον, καὶ οὗτος βραχύ τι προεληλυθὼς, ταὐτὸ ἐπεπόνθει.

Denn kaum hatte er angaloppiert, da strauchelte sein Pferd und stürzte, und als er auf ein anderes umgestiegen war, widerfuhr diesem nach wenigen Schritten dasselbe.11

Abgesehen von der genaueren Natur der Opfer, die die Wahrsager in der Umgebung von Bardas Phokas angedeutet hatten, ob es sich um eine bloße Reminiszenz des klassischen Tieropfers oder um irgendwas anders als die alte Hieroskopie handelt,12 ist dieser ominöse Bericht mit Pferden am engsten ver-bunden. Vor allem ist zu bemerken, dass ein Pferdeorakel dahinter steht. Es ist eben gar keine Rede von wiehernden Tieren und zugehörigen Orakeln. Darum scheint es folgerichtig, dass Psellos das Gewieher nicht erwähnt, obwohl er an der übernatürlichen Sphäre interessiert war, denn er besaß davon eigentlich keine Ahnung. Um genau zu sagen, war ihm wie seinen Zeitgenossen die Chremetismosmantik noch unbekannt. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb die Zeit von Psellos als Terminus post quem in Bezug auf die byzantinische Chremetismosmantik vorzuschlagen ist.

11 Psellos, Chronogr. 1,15. In Michael Psellos. Leben der Byzantinischen Kaiser (976-1075) Chronographia, übers. von Reinsch, D. R., in Zusammenarbeit mit Reinsch-Werner, L.

Berlin – München – Boston 2015, 75.

12 Dabei folgt Reinsch (Anm. 11) 809f. und Anm. 375 der Interpretation von Grosdidier de matons, J.: Psellus et le monde de l´irrationel. Travaux et Mémoires 6 (1976) 325–349, bes. 333, dass es hier die Frage eher von Losentscheidungen ist. Dass dem Psellos bzw. seinem Milieu die Hieroskopie gut bekannt war, bestätigt sein Werk Περὶ θυτικῆς hrsgg. von OʼMeara, D. J.:

Michaelis Pselli Philosophica Minora. II Opuscula Psychologica, theologica, daemonologica.

Leipzig 1992, 152,25–154,18, unter Nr. 42. Einen weiteren Hinweis auf die von Kostantin V.

Kopronymos praktizierte Hieroskopie gibt Psellos, Hist. Synt. 89 (Aerts, W. J. [ed.]: Michaelis Pselli, Historia Syntomos. Berlin – New York 1990, 80,33–41.)

Tatsächlich kommen die Erzählungen von wiehernden Schicksalspferden nur seit der Komnenenzeit vor. In der goldenen Zeit der byzantinischen Ritterschaft ist ein prophetisches Gewieher bei den historischen Quellen bestimmt häufig angeführt, woraus ein bedeutsames Omen herauszulesen ist. Zugleich waren die Berittenen im Kaiserheer immer wichtiger geworden. Ritterspiele waren aus dem Westen eingedrungen, die in der Hofgesellschaft, vor allem im Kreis derselben Kaiserfamilie, sehr gern abgehalten wurden. Insgesamt war eine bedeutungsvolle, soziale und kulturelle Rolle der Ritterschaft in Konstantinopel neu auffällig, die der früheren byzantinischen Haltung ziemlich fremd geblie-ben worden war. Manuel Komnenos, dessen Pferd in der Krönungsprozession mehrmals gewiehert hatte, war überhaupt ein bekannter Fan solcher abendlän-discher Anleihen, sowie im Allgemeinen der Rittermentalität, die dem Pferd eine große symbolische Bedeutung zuweisen ließ. Überdies ist bekannt, dass Manuel Ritter- und Kampfspiele sowie Turniere auf seinem Hof sehr geliebt hatte und auch dass Veränderungen in den Waffen und in den Kampfübungen gemäß den Vorbildern aus dem Westen von ihm öffentlich eingeführt wur-den.13 Später hätte Alexios III., wohl von seiner französischen Gattin Anna von Savoyen beeinflusst, dieselbe nach einiger Zeit aus einer gewissen Vergessenheit wieder ans Licht geholt.14

Um die Ritterschaftskultur und deren Anschauung zu klären, kommt eine weitere merkwürdige Quelle aus der kurzen Ekphrasis über Kämpfe zu Pferde in Byzanz aus dem Kodex Vat. gr. 1409 des Endes des 13. Jahrhunderts am f.

277r-v, wobei die Beschreibung der Pferde und Reiter eine Hauptrolle spielt.15 Trotz einer überwiegend westfeindlichen Neigung zeigt schon Anna Komnene ihre hohe Meinung für die militärischen Fähigkeiten der westlichen Heere.

Sie beschreibt im Einzelnen die lateinischen Pferde und Waffen.16 Im

beson-13 Vgl. Schreiner (Anm. 1) 228f. Manuel hatte dabei auch das Turnier in Byzanz eingeführt und die erste Darstellung darauf enthält Niketas Choniates 108,53–110,91.

14 Vgl. Schreiner (Anm. 1) 233f. für die neue Ausbreitung von Turnier und Einzelkampf nach der Ankunft der westlichen Kaiserin im Jahre 1326 und auch kurz danach mit dem Alexiosʼ Nachfolger Johannes V. Man hat dazu an Nikephoros Gregoras, Historia Romana 10,3, in Nikephoros Gregoras, Historia Rhomaike 2,2, Deutsche Übersetzung mit Erläuterungen von van Dieten, J.-L. Stuttgart 1979, 251f. zu erinnern.

15 Hrsg. von Lampros, Sp. P.: Ἔκφρασις τῶν ξυλοκονταριῶν τοῦ κραταιοῦ καὶ ἁγίου ἡμῶν αὐθέντου καὶ βασιλέως. Nἐος Ἑλληνομνήμων 5 (1908) 3–18 und wieder von Schreiner (Anm. 1) 235–237 im Anhang, 238–241 mit Übersetzung: „Beschreibung der mit den hölzernen Lanzen durch-geführten Kämpfe unseres mächtigen und heiligen Herren und Kaisers“. Vgl. Bemerkungen dazu 229–232 und Anm. 8, 10 mit weiterer Literatur.

16 Vgl. Szegvári, Z.: Anna Comnena and the West. In: Juhász, E. (Hrsg.): Byzanz und das

deren bewundert die Porphyrogenita die militärische Macht der Normannen, was die Anschauung für die Alexioszeit wiedergibt und die spätere Haltung des komnenischen Hofes zur Zeit Manuels I. vorwegnimmt, als der lateini-schen Ritteraristokratie intensiv nachgeeifert wurde.17 Es nimmt nicht Wunder, dass ein Gewiehersomen gerade beim Angriff des normannischen Prinzen Bohemund in der Alexias angeführt worden ist, wie man unten besser sehen wird.

Argumenta ex silentio haben im Allgemeinen wenig Überzeugungskraft.

Und doch gibt es einen positiven consensus unserer spätbyzantinischen Quellen, dass das Pferd eine prophetische Rolle endlich gespielt hatte, in-dem die Schriftsteller des Altertums sowie der früheren wie mittleren by-zantinischen Zeit sich weigerten, ihm dieselbe Bedeutung zuzuerkennen.

Auf jeden Fall ist der Ursprung der Chremetismosmantik in Richtung des Abendlandes oder besser zu sagen des vom Westen stark geprägten Reiches der Komnenen zu suchen. Es ist konsequent, dass an dieser Epoche und nicht irgendwann früher die Idee eines Schicksalsgewiehers entstanden war. Aus dem Schweigen bei Psellos, Chronographie über ein prophetisches Gewieher des Pferdes, worauf Bardas Phokas ritt, ist wohl zu erwarten, dass am Vorabend der Komnenischen Zeit noch keine zusätzliche Funktion der Tierstimme gemeint wurde.

Folgende Beispiele von ausgewählten Erzählungen können genannt werden, wobei ein bezeugtes Schicksalsgewieher im Rahmen der bedeutungsvollsten Geschehnisse angeführt worden ist, um einige Bemerkungen positiv darzu-stellen. Und zwar sind eine Stelle aus der Alexias, die Passagen aus Niketasʼ Geschichte in Bezug auf Manuel I. bzw. Alexios I. Angelos, und endlich das Zeugnis eines Historikers der Palaiologenzeit, wie Nikephoros Gregoras zu erwähnen. Als grundsätzliche Voraussetzung der ominösen Bedeutung dieser Gewieher gilt die Sammelperzeption des Phänomens, die viele Leute zusam-men und noch ganz unerwartet plötzlich hören können. Kein leicht erwart-bares Einzelgewieher kommt in Frage, wenn man in Betracht zu ziehen hat, um das Zeichen dem göttlichen Willen zuzuordnen.

Wie es in der Mantik üblicherweise ist, muss jeder menschliche Eingriff

Abendland: Begegnungen zwischen Ost und West. (Antiquitas · Byzantium · Renascentia 5, Bibliotheca Byzantina 1) Budapest 2013, 371–375, bes. 373.

17 Wie Lilie, R.-J:, Anna Komnene und die Lateiner. Byzantinoslavica 54 (1993) 169–182, bes. 175 festgestellt hat. Dabei ist die Emphase von McQueen, W. B.: Relations between the Normans and Byzantium. Byzantion 56 (1986) 427–476, bes. 428f. irgendwie zu beschränken, dass die Normannen für den Hof der Komnenen ein aristokratisch-militarisches Ideal darstellen.

streng ausgeschlossen werden. Ebenso waren die Zuckungsprognosen bei den palmomantischen Quellen, die unter dem Namen des mythologischen Sehers Melampous umliefen, als unwillkürliche, unkontrollierte Bewegungen der Körperteilen (παλμοί, τρόμοι, σπασμοί) dargestellt, die mit dem Einzelwillen des Menschen kein Verhältnis zu zeigen hatten. Ein typischer Hintergrund der alten Mantik ist da fassbar: Solang man eine übernatürliche Wertigkeit einer an-sonsten physiologischen Tierstimme, wie dem Gewieher, geltend machen woll-te, war gefordert, dass irgendwas geschah, sodass es den üblichen Erwartungen offensichtlich widersprechen konnte. Dadurch ist das Gewieher als ein Orakel verstehbar. Dies findet sich genauso in den byzantinischen Zuckungsbüchern, die der Gottesoffenbarung das menschliche Zucken zuschreiben.18

Dementsprechend benutzen die obengenannten historischen Quellen gemeinsame Strategien, um dem prophetischen Gewieher ein bestimmtes Vertrauen zu attestieren. So unterrichtet Anna Komnene, dass ein Gewieher aller Pferde des Heeres: χρεμετισμὸς ἁπάντων τῶν ἵππων τοῦ στρατοπέδου ...

ἐξηκούστη und zwar plötzlich (αἴφνης), d.h., auf einmal und abrupt, gehört wurde, gerade als der Kaiser sich zum Kampf gegen Bohemund von Tarent, den Sohn seines Hauptgegners Robert Guiskards, vorbereitete.19 Nach dem Feldzug des Normannen gegen das byzantinische Reich in Albanien, Mazedonien und Thessalien im Vorjahre war der Komnenos in einer sehr unangenehmen Lage und wartete nur kurz, um ihn seinerseits anzugreifen.20 Alles passierte in der Nähe von der befestigten Larissa am Frühling 1083.21 Das Gewieher erhob

18 Vgl. Costanza, S. (Hrsg.): Corpus Palmomanticum Graecum. (Papyrologica Florentina 39) Florenz 2009, 6.

19 Über die negative Einschätzung des Guiskards und seines Sohnes Bohemunds bei Anna Komnene, vgl. Lilie (Anm. 17) 173f., 179. Die normannische Bedrohung mit einer latenten Gefahr steht hinter der tierischen Darstellung der beiden, was zugleich die Bewunderung ihrer intellektuellen Qualitäten, sowohl einer gewissen edlen Haltung ihrerseits nicht ausschließt.

Man beachte auch Drocourt, N.: Au nez et à la barbe de l´ambassadeur. Cheveux, poils et pilosité dans les contacts diplomatiques entre Byzance et l´Occident (VIe-XIIe s.). In: Juhász, E.

(Hrsg.): Byzanz und das Abendland IV. Studia Byzantino-Occidentalia. (Antiquitas · Byzantium

· Renascentia 21, Bibliotheca Byzantina 4) Budapest 2016, 107–134, bes. 109–111.

20 Zum vorhergehenden Feldzug Bohemunds nach Albanien und Nordgriechenland im Territorium zwischen Kastoria und dem adriatischen Meer, wodurch er volle Bewegungsfreiheit verdient hatte, vgl. McQueen (Anm. 17) 442, 464 in Bezug auf seine zweite Expedition in der albanischen Küste im Jahre 1106, die der früheren am engsten nacheiferte.

21 Zur genauen Beschreibung solcher Ereignisse laut Anna Komnene und westlichen Quellen, wie die Gesta Roberti Wiscardi von Wilhelm von Apulien, vgl. Yewdale, R. B.: Bohemond I, Prince of Antioch. Princeton, NJ 1924, 22; Glavinas, A. Ath.: Οἱ Νορμανδοί στή Θεσσαλία καί ἡ πολιορκία τῆς Λάρισας. Βυζαντιακά 4 (1984) 35–45, bes. 37–40; McQueen (Anm. 17) 443;

sich gerade in einem sowohl für den Alexios selbst als auch für seine Armee stark emotionalen Zeitpunkt, da es eine entscheidende Auseinandersetzung für den Sieger eintreten konnte, die nicht nur die Herrschaft Thessaliens bloß einschränken sollte.22

Und dann konnte jeder Augen- oder richtiger Ohrenzeuge die wiehernden Pferde hören und mit voller Panik bewundern: θάμβος ist an dieser Stelle ein deutliches Hauptwort, und später wurde dieses heilvolle Orakel (ἀγαθὸς ... οἰωνὸς) unter der Perspektive eines bevorstehenden militärischen Erfolgs rezeptiert.

Bei Niketas Choniates wieherten nicht alle Pferde im Heer, sondern nur gerade das des Kaisers Manuel I., das ein stolzes, hervorragendes Exemplar der arabischen Rasse war. Dieses wieherte und schlug mehrmals mit den Hufen auf den Boden.23 Aber, da es im wichtigsten Augenblick seiner Krönung beim Zutritt vor dem königlichen Palast passierte, ist das Gewieher nicht weniger ominös. Im Gegenteil hatte niemand daran zu zweifeln, ob es seinen legitimen Platz in der Schicksalswahrsagung beanspruchte. Ansonsten, da der Kaiser mit allem überaus heilig war, war auch plausibel, dass sein persönliches Pferd dadurch ein sinnvolles Vorzeichen verursacht hatte.24

Loud, G.: The Age of Robert Guiscard: Southern Italy and the Norman Conquest. Singapore 2000, 209–219: der oströmische Kaiser reiste aus Konstantinopel im Februar 1083 ab, um Thessaliens Hauptstadt Larissa von Bohemund zu retten, was ihm dank eines Betruges gelungen war.

22 Nach Anna Komnene wurde der Kampf zwischen Alexios und Bohemund, dem hervorragenden Helden ihrer Epoche die entscheidende Auseinandersetzung um das Schicksal des byzantinischen Reiches, sowohl in den 80er Jahren des 11. Jahrhunderts als auch im Lauf des ersten Kreuzzuges, vgl. Lilie (Anm. 17) 177f.; Frankopan, P.: Challenges to Imperial Authority in the Reign of Alexios I Komnenos: the Conspiracy of Nikephoros Diogenes. Byzantinoslavica 54 (2006) 257–274, bes. 257.

23 Am höchsten geschätzt waren in Byzanz „arabische“ Pferde wegen der bestimmten Rasse bzw.

ihrer Herkommens; vgl. Kazhdan, A. – Nesbitt, J. W.: Oxford Dictionnary of Byzantium. II.

Oxford 1991, 948, s.v. Horses; Kretschmar, M.: Pferd und Reiter im Orient. Hildesheim – New York 1980. Für die Vorliebe in der Komnenenzeit denke man an die Nennung (ἵππος ἐξ Ἀραβίας) im Versroman von Theodoros Prodromos, Rhodante und Dosicle 4,290; zu den besten Arabischen Pferden der Kaiserreitstall, die anlässlich des Triumphs von Johannes II. am Jahre 1133 benutzt wurden, vgl. Magdalino, P.: The Empire of Manuel Komnenos. Cambridge 1993, 240; Zorzi, N.: La Storia di Niceta Coniata. Libri I-VIII: Giovanni II e Manuele I Comneno. Materiali per un commento. (Istituto Ellenico di Studi Bizantini e Postbizantini Venezia 31) Venedig 2012, 93.

24 Über die Sakralisierung des oströmischen Kaiser mit all seinen Attributen, vgl. Dagron, G.:

Empereur et prêtre. Étude sur le ´césaropapisme´ byzantin. Paris 1996, 141–154; Guran, P.:

Signes et symboles de la sacralité du pouvoir à Byzance. Études byzantines et post-byzantines 6 (2011) 233–249, bes. 234ff.

Noch auffallender ist im Bericht des Nikephoros Gregoras eine angstvolle Nacht im Palast: Hier handelt es sich nicht um ein Gewieher eines lebenden Pferdes, sondern um jenes Pferd, das in der Palastkapelle der Siegbringenden Gottesmutter gemalt wurde und auf dem der Hl. Georg ritt. Wie unser Historiker überliefert, nahmen alle, die zur Zeit da waren, dieses unheimliche akustische Phänomen um Mitternacht (περὶ δὲ μέσας νύκτας) wahr, zuerst die Wachsoldaten und Beilträger der kaiserlichen Garde, die die Nachricht dem Kaiser sofort in großer Unruhe bringen. Danach hörte der Kaiser selbst das Gewieher, als es ein zweites Mal und noch stärker als das erste Mal zu hören war. Und alle, die es hörten, waren schockiert und verwirrt, weil gar kein Pferd da war.

An Orakeln, die Gewieher auslösen, ist zudem bemerkenswert, dass von keiner spontanen, improvisierten Deutung die Rede ist, sondern von einer

An Orakeln, die Gewieher auslösen, ist zudem bemerkenswert, dass von keiner spontanen, improvisierten Deutung die Rede ist, sondern von einer