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Anfänge der ostdeutsch-ungarischen Kulturbeziehungen Eine ausführlichere Analyse der Ziele und des Ablaufs sowie weiterer

Cha-rakteristika der Kulturbeziehungen zwischen beiden Ländern können hier aus Umfangsgründen nicht geschildert werden. Im Folgenden sollen in Bezug auf den Kulturaustausch nur die wichtigsten Thesen, die zu einer

7 Der Ausdruck stammt aus DDR-Regierungsdokumenten.

einigermaßen umfassenden Darstellung der internationalen Karriere Hays unbedingt notwendig sind, behandelt werden.

Hinsichtlich der sozialistischen Kulturpolitik und des kulturellen Le-bens von Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg kann man feststellen, dass dieser Bereich mit dem Ausbau der Rákosi-Herrschaft in der UVR unter die totale Kontrolle des ab 1949 von József Révai geleiteten Ministeriums für Volksbildung geriet. Erst nach Révais Entmachtung im Jahre 1953 konnten sich hier während der ersten Regierung von Imre Nagy neue Tendenzen durchsetzen, in deren Folge das kulturelle Leben – wenn auch in nur beschränktem Maße – deutlich liberaler werden konnte.8 In der DDR bekam zuerst der Kulturbund, dann ab 1954 – der Führung Johannes R. Bechers und der SED unterstellt – das Ministerium für Kultur die Auf-gabe, sich um einen Neuanfang in der ostdeutschen Kunst zu kümmern.

In beiden Ländern durften nur Werke veröffentlicht werden, die die offi-zielle marxistisch-leninistische (bzw. sozialistisch-realistische) Gedan-kenwelt repräsentierten. Mit dem ständigen Kampf gegen den „Schema-tismus“ und den Scheindiskursen im literarischen Leben folgten die Kul-turpolitiker dem sowjetischen Muster.9

Von den Vertretern der Deutschen Demokratischen Republik und der Ungarischen Volksrepublik Anton Ackermann (Staatssekretär im Minis-terium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR) und József Révai (Mi-nister für Volksbildung der UVR) wurde am 24. Juni 1950 ein Kultur-abkommen der beiden Staaten unterzeichnet, in dem sich die beiden Län-der u.a. zum gegenseitigen Austausch künstlerischer Produkte, Werke und Künstler verpflichten.10 Die für die vorliegende Studie relevantesten Punk-te dieses Vertrags lauPunk-ten wie folgt:

Artikel 4 Beide Regierungen fördern

a) die Übersetzung wissenschaftlich, fachlich, belletristisch und drama-tisch wertvoller fortschrittlicher Veröffentlichungen der anderen Seite;

8 Siehe dazu Standeisky 2003. Denselben Fragen widmet sich die Historikerin auch in ihrer 2005 erschienenen Monographie (s. Literaturverzeichnis).

9 Zur Entwicklung des kulturellen Lebens der neu gegründeten DDR vgl. Jäger 1982:

25–64.

10 Dokumente zur Außenpolitik IV. 382–384.

b) den Austausch von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, fotografischen Materials […].

Artikel 5

Beide Regierungen werden bestrebt sein, die kulturelle Zusammenarbeit zu vertiefen durch Aufführung wertvoller fortschrittlicher Theaterstücke, musikalischer Werke und Filme, durch den Austausch von Künstlern und Schriftstellern, durch Veranstaltungen von Kunst- und anderen Ausstel-lungen der anderen Seite.

Artikel 6

Beide Regierungen werden die kulturelle Zusammenarbeit der Massen-organisationen, insbesondere der Gewerkschaften, der Jugend-, Frauen- und Sportorganisationen sowie der Künstler- und Schriftstellerverbände unterstützen.11

Die Verwirklichung dieser Punkte wurde größtenteils durch die jährlich zu erfüllenden Kulturarbeitspläne geregelt, in denen die ostdeutschen und ungarischen Partner – meistens Mitarbeiter der zuständigen Ministerien und Institutionen – präzise zusammenstellten, welche „Kulturprodukte“

im Partnerland „notwendig“ und deshalb vorgesehen sind. In diesem Sys-tem erhielt unter den Schriftstellern, die die vom Kulturministerium be-stimmten strengen Kriterien erfüllten, auch Hay seinen eigenen Platz: Be-reits für das Jahr 1951 wird die Veröffentlichung einer Sammlung seiner Stücke in der DDR geplant. Die Liste der Schriftsteller, denen die Möglich-keit zuteil wurde, an dem offiziellen kulturellen Austausch teilzunehmen, zeigt, welches Ziel die Parteipropaganda mit dem Programm verfolgte: In erster Linie sollte auf das Partnerland Eindruck gemacht werden, um da-durch gewisse Vorteile auch in anderen Gebieten der bilateralen Bezie-hungen (z.B. im Handel) zu erreichen.12 Besonders zu betonen ist, dass

11 Ebd. 383.

12 Wentker 2007: 54f.: „Die kulturelle Auslandsarbeit verfolgte einen ähnlichen Zweck wie der Außenhandel. Es ging dabei nicht um die Beförderung eines Kulturaus-tausches, der der Völkerverständigung dienen und einen gesellschaftlichen Dialog über die Grenzen hinweg in Gang setzen sollte. Ziel der DDR war vielmehr, im Ausland Flagge zu zeigen und sich international positiv zu profilieren. Ihre Bemü-hungen richten sich folglich auf die Erzeugung eines DDR-freundlichen Klimas und auf die Gewinnung von möglichst einflußreichen Persönlichkeiten, die in

ge-das Abkommen und dessen Folgen für die DDR im Vergleich zur UVR auch in einer anderen Hinsicht von Belang waren: Der ostdeutsche Staat wurde zu jener Zeit, und zwar unter unsicheren Umständen, zustande ge-bracht, weswegen diese Einstellung von deutscher Seite auch als „Exis-tenzdemonstration“ galt, während dies für die Außenpolitik Ungarns of-fensichtlich als unnötig erachtet wurde.

Für die von Hermann Wentker vertretene Meinung scheint die Zusam-menstellung der für den Kulturaustausch bestimmten bzw. veröffentlich-ten Werke (s. Tab. 1, S. 152f.) zu sprechen.13 Die Autoren waren entweder führende Staatsmänner (wie Mátyás Rákosi oder Wilhelm Pieck) oder sie zählten zur damaligen literarisch-gesellschaftswissenschaftlichen Elite, deren Vertreter die offizielle Parteiideologie repräsentierten und dadurch die von Wentker geschilderte Rolle zuverlässig spielen konnten.14 Gemäß diesen Mechanismen war es besonders wichtig, dass sich die einzelnen staatlichen Organe darum bemühen, über die aktuellen Ereignisse und Prozesse im Kulturleben des jeweiligen Partners im Klaren zu sein, um die gegenseitige Propaganda effektiv zu fördern.15 Zum damaligen Ablauf des Kulturaustausches gehörten – als die vielleicht bedeutendesten Ereignisse des Jahres mit Vertretern der darstellenden und bildenden Kunst und der literarischen Kreise – die ostdeutschen bzw. ungarischen Kultur- und Filmwochen im jeweiligen Partnerland.16

sellschaftlichen und staatlichen Schlüsselpositionen zugunsten der DDR wirken sollten.“

13 BArch DC 20/15705, S. 15 und MNL OL XIX-J-1-k NDK 4bc, S.24

14 Neben den zeitgenössischen Autoren findet sich in der Tabelle auch der Name von Kálmán Mikszáth, der – ähnlich z.B. Zsigmond Móricz – als „Vorläufer des sozia-listischen Realismus“ in Ungarn galt. Laut Kulturminister József Révai spiegeln sich in Mikszáths Werk allerdings nur die Prinzipien des kritischen Realismus wi-der: In seinen Arbeiten schildere Mikszáth zwar kritisch den unzeitgemäßen und ungerechten Feudalismus der ungarischen Gesellschaft, entfernt sich jedoch nicht bzw. nicht in wünschenswertem Maße davon (vgl. Révai 1952: 137).

15 Vgl. z.B. den ausführlichen Bericht über den ersten Kongress des Ungarischen Schriftstellerverbandes (BArch DR 1/6005, S. 140–144).

16 Bezüglich des Jahres 1951 und der Vorbereitungen beider Veranstaltungsreihen sie-he BArch DR 1/6007, S. 1199–1200. Zur Vorbereitung der deutscsie-hen Kulturwocsie-he in Ungarn vgl. BArch DR 1/6006, S. 479–480; zu Presseberichten über Programme der ungarischen Kulturwoche in der DDR siehe BArch DR 1/6007, S. 1192–1194.

Seitens der Ungarischen Volksrepublik

Seitens der Deutschen Demokratischen Republik Rákosi, Mátyás: Wir bauen ein neues

Land. Ausgewählte Reden und Aufsätze 1948–1951. Mit einem Vorwort von Wil-helm Pieck. Berlin (Ost): Dietz („Épít-jük a nép országát”)

Rudas, László: [Materialistische Welt-anschauung] („Materialista világnézet”) [Veröffentlichung nicht nachweisbar]

Hay, Julius (1951): Dramen. Berlin (Ost): Aufbau17

Lukács, Georg: Sämtliche Artikel und Studien18[zeitgenössische Veröffent-lichung nicht nachweisbar bzw. unter den damaligen Ausgaben nicht ein-deutig identifizierbar]

Szabó, Pál (1952): Befreites Land. Ber- lin (Ost): Henschel („Isten malmai”) Szabó, Pál (1951): Um einen Fußbreit Land. Übers. von Hermina Meinck.

Berlin (Ost): Deutscher Filmverlag („Talpalatnyi föld”)

Tibor Déry (1952): Die Antwort der Kindheit. Berlin (Ost): Volk und Welt („Felelet I – A gyermekkor felelete”) Ferenc Karinthy: Das goldene Zeitalter („Szép élet”) [Veröffentlichung nicht nachweisbar]

Pieck, Wilhelm (1950): Válogatott beszédek és cikkek. Budapest: Szik-ra (nach der dt. Ausgabe „Reden und Aufsätze“)

Bredel, Willi (1950): Ernst Thäl-mann. Politikai életrajz. Budapest:

Szikra („Ernst Thälmann. Beitrag zu einem politischen Lebensbild“) Norden, Albert (1950): A német monopolkapitalizmus. Budapest:

Szikra („Lehren deutscher Ge-schichte. Zur politischen Rolle des Finanzkapitals und der Junker“]

Hermlin, Stephan (1951): Együtt a pokolban. Elbeszélések. Übers. von László Kálnoky. Budapest: Szép-irodalmi Könyvkiadó

Seghers, Anna (1949): A hetedik kereszt. Übers. von Zsuzsa Thury.

Budapest: Szikra („Das siebte Kreuz“)

Eisler, Gerhart – Norden, Albert – Schreiner, Albert (1950): A német történelem tanulsága. Budapest:

Szikra(„The Lesson of Germany.

A Guide to her History“)

Tab. 1 Für den ostdeutsch-ungarischen Kulturaustausch bestimmte bzw.

mittlerweile veröffentlichte Werke in Übersicht (1951)

17 Hay 1951.

18 Ohne genauere Angaben.