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Vorträge aus dem allgemeinen Staatsrecht

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Academic year: 2022

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(1)

ÛU§ bem

Л Ü z e n t e i n r u S t i m t s v c d j t

6ZE3EDI TUDOMÁNYEGYETEM Karjjpvtára

» o n p t i i v u n i t

S o n b e r a B b r u á au§ ben „ S í n n a í e n be§ © e u t f Ą e n - £ f t e iá ) § "

SJlitndjcn 1903

% S d ) t o e i t ) e r S S e r l a g ( 2 í r t f ) u r ( S e i l t e t ) .

u fc¿' .

(2)
(3)

3 u ben f ü n f t e n unb reifften ©aben, bie 991 a j ü o n © e t ) b e i un§

binterlaffen fiat, gehören feine Vorträge aus bem allgemeinen Staatsrecht.

SXitf ber ©runbiage eines im Safere 1889 entftaubenen ¿MegienfeefteS auggearbeitet, finb fte i n ben Safergängen 1898—1900 ber SInnalen be§

©eutfcfeen fftcicfeS1) erfcfeieucn. ®er ttmftanb, baff bie fBeröffentlidfeung i n brei fBänben einer umfangreid)eu Seitfcferift unb innerhalb ber einzelnen 33änbe in mehreren. Slbtfeeilungen erfolgte, liefe e§ toünfifeenStüertfe er=

fdfeinen, bafe bie toertfeüoiie Arbeit in einem feanblidfen föattbe oereinigt unb feieburtfe bem allgemeinen ©ebraucfee jugänglicfeer gemacht toerbe.

Sfere 2Iufnafeme i n bie üon m i r lürslid) herausgegebene 9teue ^olge ftaatSrecfetltcfeer unb politifctjer Slbfeanblungen 331 a r ü o n S e t t e l s2) mar aus ben i m SSortoorte j u biefer Sammlung bargelegten ©rünben nicht tfeunlicf). Um fo banlensmertfeer ift es, bafe ber §err 33erleget, meiner aus afabemifchen Greifen uuterftüfeten Anregung bereitmiÜig ent=

•fpredjenb, fidfe 3u r ©eranftaltung biefer SonberauSgabe entfcfeloffen feat.

®er ftubierenben Sugenb, bem naci) tüiiienfdjaftlidjer SBeiterbilbung ftrebenben fßraftifer unb über biefe Greife feinauS jebem, ber ficfe m i t ftaatSrecfetticfeen f r a g e n befehäftigt, toirb baS 33ud) eine reiche Quelle ber 23eleferung unb Slnregung fein.

g j t f t n d j e n , i m Qltober 1902.

K a r l K r a j c i f e i t ,

OberregierungSratf) im ff. 6. ©taatämimfterium be§ Snnern

>) 1898 ©• 321-335, 481-492, 746-758, 1899 ©. 249-263, 1900

<5. 177-194, 351—368.

2) Bübingen unb ßeipjig, »erlag bon 8- ©iebecf), 1902.

(4)

ЩаМ

S e i t e

I . 3 9 e g ' x i f f , < £ n t f t e f ) u n g uttb U n t e r g a n g bes S t a a t e s 1 I I . © i e S e f t a n b t ï j e i l e be§ S t a a t s b e g r i f f s .

1. ©ie Staatsangehörigen 8 2. ©a§ ©ebiet . . 13 3. ©ie StaatSgeraalt 14 I I I . © i e S t a a t s f o r m e n .

1. Allgemeines 17 2. ©ie ©emoïratie 18 3. ©ie Ariftoíratie 22 4. ©ie Monarchie 24 I V . © i e r e f j r ä f e n t a t i ö e O t e g i e r u n g S f o r m 29

V . © a s S t a a t s o b e r h a u p t 43

V I . © a s p a r l a m e n t 49 V I I . © i e S t a a t e n ö e r b i n b u u g e n 58

V I I I . A l l g e m e i n e A e u f j e r u n g S a r t e n ber fetaatSgeœalt . 77

(5)

I. SBcgfiff, ©ntftehuttg unb Untergang be§ Staate^.

S o toenig tote irgenb ein anbetet SScgriff läjjt fid) bet 33egriff beS ^"«"»len Staates in bet SBeife feftfteCfen, baf) man if)n, Oon äffet ©rfafjrung ab= i8. ? ! , felenb, nad) einer borgefafcten 2Jteinung au§ fid) felbft f<höf)ft. 3eber Segriff

entfielt baburd), baß au§ einer 9JM)r3af)i thatfädhiici)er @rfd)einungen bie gcmeinfamen fffferfmale herausgehoben, bie nidff gemeinfamen Sterfmaie bei Seite getanen roerben. S o ift e§ aud) mit bem Staatsbegriffc. Siefer Segriff muß, tocnn er ¿utreffenb gefa&t fein foff, fid) als unmanbeibar richtig bewähren, b. h- auf äffe t^at|öd)tid)en ©rfcheinungen Raffen, bie man Staaten nennt, gleichbiel toei^er Seit, gieid)Oiei .toeldjem Orte fie angehören.

SaS fdjeint biet bertangt, toenn man bie unenbliche Stanigfaltigfeit bet Staatenbilbungen überbtidt, toie fie in ben paar ^aljrtauienbcn fid) jetgt, über bie unfere ©efdjichtsfenntnif) fid) erftredt. l l n b bocf) toitb fid) bte Söfung bet Aufgabe als eine bettjättnifjmäfjig einfädle barfteffen.

greitid) aber barf man bon einer Segriffsbeftimmung beS Staates — unb boffenbS bon einer rein redjtSffiiifenfdjaftlidjen Segriffsbeftimmung — nid)t§

erroarten, ma§ fie nid)t teiften fann. 2Ba§ id) borlfin aiS 311m ©cfdjäfte beS SegriffbeftimmenS gehörig bezeichnete, baS Slnsfc^eiben beffen, toaS bie

®in3elerfd)einnngen bon einanber trennt, baS fftieit gerabe Ifier eine große Söffe. SBer ben begriff beS Staates richtig gegeben fjat, ber hat bamit feinen einseinen Staat erfdiöbfenb gefdjilbert; benn eine Segriffsbeftimmung liefert tooijt ©attungSmerfmale, aber feine Silbniffe. SIber tro^ biefer Sefchränlnng, bieder Segriffsbeftimmung beS Staates notfjtoenbig anhaftet, ift beten Scbeutiing feineStoegS eine geringe; bielmehr ift ber richtige Staatsbegriff gerabesu ber Sdjlüffel 311m richtigen Serftänbmffe beS Sed)tS unb ber Ofed)tStoiffenfd)aft überhaupt.

S u r mit bem nüchternen Singe Staatsbegriff habe ich eS j u thun;

nicht mit ber fogenannten StaatS„ibee", bie, toie S l u n t f c h l i (ßehre Oom mobcrncn Staat I S . 14) fidh auSbrüdt, „baS Sitb beS nod) nicht üertoirftid)ten, aber anpftrebenben Staates in bem leuchtenben ©lan^e gebachter Sofffommenheit" jeigt. Sie StaatSibee, fagt S l u n t f c h l i , totrb „bon ber fji)iioiohhi№cn Speiulation erfdjaut". S.eie 9lnfd)auung ift nichts für uns fRedhtSgeiehrte; eS gehört nid)t p unferem ©efdjäfte, felbftgefertigte Seifenblafen 311 betounbern.

Ser Staat ift eine fDtenfchengemeinfchaft. 216er baS allein macht feinen Segriff nod) nicht auS. Senn eS führen — toenn man bon ber 9InnaI)me eines roh thierifcheu UrpftanbeS abfielet — 3roifd)enftufen ber

©nttoidelung, ^amiliengemeinfchaft, ©efchledhts= unb StammeSgemeinfchaft,

B. Seljbel, SSotträge. 1

\

(6)

j u m Staate empor. Aber immerhin liegt in ber Bezeichnung be§ Staates als SRenithengemeinfchaft bereits ein richtiges SRerfmal auSgefprodjen. ||

Slnnalen 3ieber Sötenich für fich hat feinen eigenen, felbftänbig beftimmten

©8322 SBiHen. Sin biefer Berfdjiebenheit beS SBittenS beruht bie ©inzelperföntid^

feit. Aber baS }d)ranfenIofe SBatten ber persönlichen ©igenart ift bie Ber=

neiitung ber ©emeinfcpaft. ®ie Statur fetbft roeift bie Sötenfdjen auf=

einanber an. ©enn tooCte feber feine anbere IRichtfchnur beS |>anbeinS fennen als ben eigenen SBitten, fo märe baS nicht nur ber $rieg Atter gegen Atte, eS toäre aud) ber Bericht auf bie Bortheite, »eiche bie

©fjätigfeit oereinter Gräfte gegenüber ber ©fjätigfeit ber ©injetfräfte bietet.

©aS gemeinfame $ntereffe »eift atfo bie Sötenfctjen auf Bereinigung f)in, ber Sötenich ift, ttie A r i f t o t e t e S eS auSgebriicft hat, 'Ibas-. xok\.v.y.m Cgnav.

©S ift nicht Aufgabe ber StaatSrechtSmiffenfchaft, p unterfucpen,

»etche Derfdjiebenartigen Itmftänbe eS finb, bie ben Sufammenfchtuh größerer SDtenfchenmaffen p ©efammtheiten beroirft haben unb nod) be»irfen.

Aber ein AnbereS p betonen, ift öon rechtlicher ©rhebiicpfeit. ©ine

©emeinfchaft, eine ©efammtheit mit Beftimmung für bie ©auer liegt nur bann Dor, »enn bie Berhättniffe, %ie ben 3ufammenfchiuh be»irften, p r Begrünbung einer §errfd)aft, b. h- *>ap geführt haben, baff bie

©efammtheit burch einen oberften SBitien beftimmt »irb. ©enn baS, toorurn eS fich hanbeit: baff bie menfchliihe SBittenSüerfdjiebenheit überalt ba, »o eS Stotf) tput, aufgehoben »erbe, ift auf anberem SBege nicht p erjieten, atS auf bem, bah 2BU*C fich über bie bieten fetjt. Ilnb fo ift benn biejem fperrfcherroitten ©inheit unb Uutheilbarfeit »efenttidj.

SBir finb'barmt bein Staatsbegriffe fdjoit ziemlich nahe gefommen.

©er Staatsbegriff erheifcpt eine SRenfchengefammtheit, ein Botf, baS unter

©inem höchften SBitien, einer fberrfchaft oereinigt ift.

Aber ein BegriffSmerfmat fehlt noch- ©ine herumziefjenbe §orbe mag unter einer £>errfd)aft ftehen; aber fie ift noch feitt Staat, »enn gleid) bie nächfte Borftufe hierzu. 3 u m Staatsbegriffe gehört auch Seffhaftigfeit auf einem beftimmten ©heile ber ©rboberftäche, ein ßanb.

Unb fo haben toir benn ben Staatsbegriff. Staat ift bie unter einem

§errfcher»iiten oereinigte ©efammtheit ber Btenfchen eines öanbeS.

©er Staat ift eine ©hatfadje unb z»ar eine folche, bie burd) menfd)=

liehen SBitien herOorgerufen ift.

Unb eine ©hatfadje nicht minber ift baS, »aS aus Sanb unb B o t f ein StaatSttefen madjt, — bie ^errfchaft, beren ©räger natürlich n u r

»ieberum Sötenfdjen fein fönnen.

g ü r ben Staat — »ie für ben §errfchaftSbegriff — ift eS gteid)=

gittig, auf toetd)e A r t Staat ober §errfd)aft entftanben finb.

@S gibt inSbefonbere feinen Unterjdjieb jmifdjeti redjtinähigem unb unrechtmähigem ©ntftehen beS Staates unb ber §errfd)aft, feinen 3ted)ts=

titet ber fperrfchaft.

©iefj Ejat feinen fehr einfachen ©runb barin, bah kQS [Recht über=

haupt nicht Oor unb ü b e r bem Staate, fonbern erft i m Staate ba ift.

®as §errfdjen, b. h- feinen SBitien majjgebenb über anbere SBitien fet;en, hat j u feinem noth»enbigen ©egenftüde baS ©ehordjen. ^errfchen

(7)

ift bie ©efammtfeeit ber Seftimmungen, moburdfe ber fjerrfcfeerroilte baS fiaatlicfee 3uiammenfein Don EOtenftijen orbuet, JBeftimmungen, beten @in=

fealtung er nötfeigen Salles burd). 9lnmenbung feiner Staatsgewalt er=

gwingt. Ser §errfcfeermitle || ift alfo bie Quelle beS fRecfeteS unb er faun Stmwlen eben befefealb nid)t-felbft. wieber baS fRecfet p r Quelle feaben. ©18q8a

Scfe feabe in bie ¿Begriffsbestimmung beS Staates ben 3med beS ' "

Staates, nicht aufgenommen, llnb jraar mit gutem ¿Bebacfete. Safe ber Staat einen 3med feat, tierftefet fidfe üon felbft. Senn ber Staat berufet auf menfcfelicfeem SBiHen, unb ba ber . SRenfdfe ein üernünftigeS SBefen ift, feanbelt er aud) feier nicfet ¿medloS. ©r üerfolgt, inbem er StaatSgemeim fefeaften grünbet, einen 3wed, nämlicfe fein Sntcreffe. Sie ©iuridjtung beS Staates ift in'S öeben getreten, um bie ©efammtintereffen ber SRenfdfeen, bie im Staate üereinigt finb, waferpnefemen. Slber bamit ift feiueSmegS gefagt, bafe bie Sorm beS Staates in jebem einzelnen Salle • ben 3med aud) wirflicfe erfüllt, auS bem feerauS bie ©inriefetung beS Staates ent=

ftanben ift.

SBofel ift eS wafer, bafe ber ftaatbefeerrfdfeenbe Sßille feinem 3ü>ede naefe fein felbftfücfetiger ift, bafe ber ^errfefeer als folcfeer nid)t feine Snter=

effen, fonbern bie ©efammtintereffen ber StaatSgenoffen p üerfolgen feat.

9lber biefe Sdjranfe beS §errfd)ermiilenS ift feine recfetlicfee — benn er felbft fefeafft ja baS fRecfet — , fonbern eine natürliche. Sobalb alfo ber 2Sitle beS §errfdfeerS biefe feine natürlidfeeit Sdferanfen überfdjreitet nub liefe — fei eS auS ©igenfudfet, wie bei SpranniS ober ßlaffenfeerrfcfeaft, ober aus Unüerftanb — in ©cgenfafe j u ben StaatSintereffen fefet, unter=

gräbt er bie ©runbfage beS Staates unb gerätfe mit beffen SBefen in SBiberfprud). 2lber befewegen mag ber Staat unb mag feine ^errfdjaft noefe lange pfammenfealten, folange nämlid), als ber §errfifeer im Stanbe ift, bie 99lad)t p behaupten. SWein fcfeliefelicfe wirb fiefe ber innere 2Biber=

fpruefe, in weld)en ber Staat gefommen ift, boefe geltenb madfeen. Sie ftaatlidfe üereinigten SRenfdjen fiuben fidfe nicfet mefer jwecfgemäfe befeerrfefet, bie ©efeflfdfeaft finbet fiefe an ben SluSgangSpunft ifereS ftaatlidfeen SafeinS prüdüerfefet. Sie Folgerung aus bem 2Biberfprud)e, in welchen fiefe ber

£>errfdfeer mit ben ^errfefeaftspeden geöraefet feat, jiefet bie ©efeHfcfeaft in ber StaatSummalpng (fRenolution).

3iu ber UnabfeängigfeitSerflärung ber norbamerifanifefeen Kolonien üon 1776 feeifet eS: „ S i e iflugfeeif gebietet allerbingS, ÜBerfaffungen, bie feit lange beftefeen, nicfet um leiefeter unb üorübergefeenber Urfacfeen willen p änbern, unb bemgemäfe feat ade ©rfaferung gezeigt, bafe bie SÜlenfcfeen geneigter finb, bie öeibett p ertragen, fo lange fie erträglid) finb, als fiefe burd) aSernidfetung ber formen, an welcfee fie fiefe einmal gewöhnt feaben, felbft ¿Reifet p üerfefeaffen. Söenn aber eine lange Oleifee üon SRifebräucfeen unb unreefetmäfeigen Eingriffen welcfee unWanbelbar baS nämlicfee ,3iel üerfolgen, bie 2lbfidfet beweift, baS SBolf bem fcferanfenlofen SeSpotiSmuS p unterwerfen, fo feat biefeS baS ¿Reifet unb bie ¿ßflicfet, eine folcfee

¿Regierung auSpftofeen unb neue ©ewäferfcfeaften feiner fünftigen Sicfeer=

feeit anporbnen."

l4

(8)

fRedjtSauSführungen finb baS freilief) nicht, Wenn fie auch als foldje

— aus bem fogenannten Saturredjte — gemeint Waren.

S i e StaatSumwälpng ift baS Verfahren, in welchem bie Staats^

genoffen bie berlorene piecfgemäße StaatSüerbinbung fu<hen. Sie ift im Serhältniffe p r bisherigen Staatsordnung aßerbingS (RecßtSbrud) unb fie ift, wenn fie bioS bieß bleibt, b. h- »enn fie mißlingt, überhaupt feine StaatSumwälpng, fonbern tebiglid) Sfufftanb; gelingt fie, "b. h- ift fie toirflid) StaatSumwälpng, bann ift fie nicht mehr fRedjtSbrud), fonbern Schaffung ber ©rtmblage für eine neue S t a a t e unb fRedjtSorbnung. ||

Hnnalen ©benforoenig ift aber baS Serhalten beS ^errfcßerS felbft, welches bie i83 24 StaatSumwälpng heranlaßt, notfjtoeubig [Rcdffsbrud). 3 m ©egentfjeile;

eS toerben in ber [Regel nicht redjtswibrige 2Bißfürf)anblungen, fonbern ooHfommen rechtmäßige £anblungen fein, burd) tteid)e bie StaatS=

umtoälpng herbeigeführt »irb. Ser fperrfcber, ber bie finnlofeften ©efeße gibt ober an ©efe^en, bie finnloS unb fdjäblid) geroorben finb, fcftßält, hat baS Qiedjt nicht berleßt. ©r hQt aber Gegen bie fßatur ber §err=

fdjaft gefünbigt.

Sa3 ftaattoibrige £>anbelu beS §errfd)erS unb bie StaatSumwälpng ber ©efeüfchaft fallen beibe auS ben ©renjen beS [Rechtes hinaus.

3<h glaube hiemit p r ©eni'tge gerechtfertigt p haben, warum nad) meiner 2Infid)t ber S t a a t s p e d nicht i n bie red)tStoiifenfd)aftiiihe Segriffs=

beftiinmung beS Staates gehört.

Unb nod) ein 21nbereS fömmt hmju. ©S gibt überhaupt feinen afi=

gemeinen unb ewig giltigen StaatSjtoed; eS gibt nur eine 3üße toon

Staatspeden, bie nach Seiten unb nad) Sölfern unenblid) berfcßteben finb. Senn mit bem oben angegebenen Säße, baß ber Staat bie SBaf)r=

nehmung ber gntereffen ber StaatSgenoffen (bie salns publica) behielt, ift ber S t o a t S p e d natürlich fachlich nicht umfd)ricben; eS ift bamit nur in einer anbeten SBenbung ber ©ebanfe auSgebrüdt, baß ber Staat feine pedlofe ©inrichtung ift.

Sie grage nach ben Staatspeden ift alfo nad) atlcbem nidit in ber Segriffsbeftimmung beS Staates, fie ift nur für ben einzelnen S t a a t p beantworten. greilid) wirb man, toenn man oergleid)t, gemiffe StaatS=

p e d e bei aßen ober bei fehr öielen Staaten borfinbeu, unb bie 3aljt biefer überaß gleichmäßig borfommenben StaatSpede toirb fid) um fo größer barfteßen, je meßr mau bie Sergleichung auf Staaten eines gleidjen 3eitabfd)nitteS unb gleichen SilbungSftanbeS einfehränft.

Qt6er eine erfd)öpfenbe Slufphlung ber StaatSpede gewinnt man auf biefem SOBege nie unb barum gehören fie auch nid)t in ben Staats^

begriff. Stber ©ineS läßt fid) aus leßterem für bie StaatSpede redjtlid) ableiten. S a bie ^errfchaft ober Staatsgewalt bie fjöjhfte unb barum unumfd)ränfte ©etoalt über ben Staat ift, fo fann fie innerhalb ber

©renjen beS natürlich fDtöglidjen als S t a a t S p e d 2lffc3 feßen, was fie miß.

Ser StaatSbegriff, ben Wir im Sisßerigen ermittelt hoben, hat uns peierlei ergeben: Sanb unb Seutc als ©egenftanb ber §errfchaft, ben

§errfd)er als beren gnßaber.

3ch fpreeße üom fberrfdjer hier borläufig ber ß ü r j e halber in ber

(9)

F n Bezug auf bie wiffcnfipaftiiche AuSbrudSweife ift noch goigenbeS ZU bemerfen.

Fd) bezeichne ßanb unb ßeutc, infofern biefelben einem §errfcher=

Witten unterworfen finb, als Staat, äijnticfj wie man im bürgerlichen [Rechte eine Sache ©igenthum nennt, wenn fie einen Cperrn tjat. Aach biefer AuSbrudSweife ift atfo ber Staat ber ©egenftanb; ber fperrfcher ber Inhaber ber ©ewatt. ©r heißt auch Souoerän, bie Staatsgewalt ober

§errfchaft - Soutieränität.

©ine anbere AuSbrudSweife ift bie, welche mit ber Bezeichnung Staat

^errfchaftSgegenftanb unb fperrfepaftsträger zufammenfafjt, atfo ben 3it=

ftanb bezeichnet. Auch baS tann man gelten laffen; bod) fehlt bann bie bequeme unb geläufige Bezeichnung Staat für bie fperrfcpaftSgegenftänbe,

unb überbieh II ift eS nicht ganz eiuwanbfrei, ben fperrfeper, ber bie ©inpeit be= Stnnalen wirft, wieber mit bem Staate zufammen eine ©infjeit bilbeit zu laffen.

©S ift aber auch noch gang unb gäbe, mit bem Söortc Staat ben fperrfdjaftsträger zu bezeichnen, ©er Sprachgebrauch ift fo eingewurzelt, bah wnu fid) ihm faum entziehen fann. ©r ift unfcpäblid), fo'fern man baS [Ridjttge babei benft, uämlid) ben pcrfönlidjen Fnpaber ber ¿errfepaft.

Aber er ift fehr bebenflid), joferne er zu ber irrigen BorfteRnng führt, als fei ber Staat als folcper, b. i. ber btofe abgezogene Begriff, eine ©terfon, unb biefer ftelje bie fperrfdjaft zu-

©ie BcgriffSbeftintmungen, bie fid) ergeben haben, föuneit — ich berberge mir bieS burchauS nidjt — als bürftig cradjtet werben, wenn man fie mit ber Fülle ber ©rfcheinungen bergleid)t, aus benen fie ent=

uommen finb. Unb nidjt bloS baS. 3M(pe [Reihe bon ©ebanfen unb

©mpfiubungeu fuiipft fid) für feben Btcnfdjen au baS SBort Staat, wenn er nur, ja gerabe bann, wenn er nur an beu Staat benft, bem er an=

gehört! Unb für ad baS, fo fönnte man mit einer gewiffen ©nttäufd)ung, ja faft ©utrüftung fagen, nur biefe nüchternen, fuappen SBorte?

Aber baS ift nun einmal fo in ber aBiffenfcpait unb in ber Aecpt3=

»iffenfehaft inSbefonbere, bah bie einfachfteu ¿Formeln bie rieptigften finb, bah, ie mannigfadjer bie ©rfepeinungen, befto fdjlichter baS Banb ift, baS fie zur begrifflichen ©iuheit oerbinbet.

©ie hier gegebene Begriffsbeftimmung beS Staates wirb gerabe um ihrer Schlichtheit willen bie Feuerprobe ihrer Anwenbbarfeit auf alle

©inzelerfcheinungen beliehen. Unb noch eine anbere IJtrobe wirb fie aushalten.

©er SBerth einer Begriffsbeftimmung zeigt fid) nicht fo faft i n ber Fülle ber ©ebanfen, bie in ihr enthalten finb, fonbern mehr i n ber Fülle ber ©ebanfen, bie fiep als Folgerungen aus iljr herauSentwidelu. Unb ba wirb fid) benn jene Begriffsbeftimmung als ber ©runb= unb ©dftein nicht bloS beS StaatSredjtS, fonbern beS [RecpteS überhaupt bewähren.

©en Beweis für baS eben ©efagte fann natürlich nur eine ab=

gefcploffeue ©arftetlung liefern.

Aber einen Keinen Beweis e contrario beizubringen, fann ich utir niept öerfagen, inbem id) aufs ©eratheWopl ein paar AuSlaffungen über ben Staatsbegriff borfüpre, bie oon neueren AechtSleprcrn perftammen

(10)

unb al§ Beleg bafür bienett mögen, baß S d p u n g ber ©inbilbnngSfraft unb SBofelflang ber SBorte etwas 2lnbereS finb als Strenge ber Begriffs;

geftaltung.

©eorg SBaife jagt i n feinen ©runbpgen ber fßolitif (Kiel 1862):

„©er Staat ift bie Snftitution j u r BerWirflicfeung ber fittlicfeen SefeenS=

aufgaben ber ftRenfcfeen, infoferne biefe in bem 3ufammenleben nacfe Böllern erfolgt ©er Staat ertoäcfeft organifd), als ein D r ; ganiSmuS: aber nicfet nad) ben ©ejefecn unb für bie 3roede beS fRatur=

lebenS, fonbern er rufet auf ben feöfeeren fittlicfeen 2lnlagen beS Blenfcfeen, in ifem walten fittlidic Sbeen; er ift fein natürlicfeer, ein etfeifcfeer Organismus".

Sofeann Kafpar B l u n t f c f e l i äußert in feiner Sefere tiom mobernen Staat, unb p a r im erften Banbe, ber allgemeinen StaatSlefere ( S . 19), SofgenbeS:

„ 3 n bem Staat finb ber StaatSgeift unb ber Staatsförper, ber StaatSWiHe unb bie wirfenben Staatsorgane notfewenbig perbunbeit z"

©inem Seben. ©er ©ine BolfSgeift, ber etwas anbereS ift, als bie Surdjfcfenittsfumme ber gleichzeitigen ©eifter aller Bürger, ift ber Staats=

geift. ©er ©ine BolfSWiHe, ber oerfdjieben ift, oon bem ©urcfefcfenittS;

Slnnaicn Willen ber 9Renge,. ift ber StaatS= || Wide ©er Staat ift bie politifcfee organifirte BolfSperfon eines beftimmten SanbeS" ( S . 44). © e r feöcfefte, zur Seit nocfe nidjt Dermirflicfete Staatsbegriff aber ift nacfe B l u n t f c f e l i ( S . 34): „©er Staat ift bie organifirte SRenfcfefeett, aber bie -äRenfcfefeeit in iferer männlicfeen ©rfcfeeinung, nicfet in ber meiblicfeen

©eftaltung (närnlid) ber Kirdje). ©er Staat ift ber B t a n n " .

3d) meine gegenüber ber Bfecfemufif folcfeer ¿RebenSarten nimmt fid) unfere einfachere -JRelobie immer nod) günftig aus.

3cfe feabe im Bisherigen Wieberfeolt barauf feingewiefen, baß bie ©nt=

ftefeung beS Staates unb naturgemäß ebenfo beffen Untergang tfeatfäcfelicfee

©rfcfeeinungen finb unb außerhalb beS BereicfeeS ber StaatSrecfetSwiffen;

fd)aft liegen, beren Unterfucfeungen notfewenbig innerfealb beS BeftanbeS beS Staates fid) bewegen.

©ine Betrachtung über ©ntftefeung unb Untergang ber Staaten barf icfe inbeffen gleifeWofel in Kür,5c anfügen, tfeeilS wegen iferer mittelbaren Bebeutung für baS StaatSrcd)t, tfeeilS u m , auefe gu zeigen, baß eS fid) babei nicfet um ¿RecfetSfeanblungen, fonbern nur um ©fea.tfacfeen feanbelt.

B f a n fann bei ber ©ntftefeung ber Staaten zweierlei 2lrten Don Borgängen unterfefeeiben: bie ©ntftefeung auS einem ftaatlofen Suftanbe unb bie ©ntftefeung im Bkge ber Umbilbung aus Porfeanbenen Staaten.

©S feat in Bezug auf bie erfteren Salle m. ©. feinen 2Bertfe, wie bieß Wofel gefefeiefet, bie BolfSfagen über Staatengrünbuugen, wie j . B .

¿Roms unb 2ltfecnS, als Beifpiele feeranzuziefeeu.

©ine urfpritnglicfee ©ntftefeung eines Staates tft entweber au) gemalt;

fametn SBege benfbar, alfo baburd), baß eine 2Renfcfeengefammtfeeit gezwungen wirb, fiefe einer Staatsgewalt gu unterwerfen, ober auf frieblufeem Sßege burefe freiwilligen 3ufammenfd)iuß in ein Staatswefen. 3Ran mag feier Don StaatSgrünbung burefe Bertrag reben, baS Söort Bertrag i m Sinne tfeatfäcfe;

liefeer SBillenSeinigung genommen; wobei nod) zu bemerfenift, baß ein.form;

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iid)er IßertragSfdjiuf) immerhin einen gewiffen SöiibuitgSftanb ber Vertrag«

fd)liejjenben boraulfetft; 9lber ba? 3ugeftänbnif) biefer aJiögiid)feit ber StaatSentftet)ung tann burcbauS nid)t ber ßeljre bom StaatSbertrage ober bom contrat social p r Stütze bienen. ®enn — abgefeben babon, baff eS fid) f)iebei nur um ©ine 3Jtögticbfeit bon bieten fjanbeit — ber Staat entfte^t hier jtoar in gotge be? Vertrages, aber er ruht nid)t auf bem Vertrage. Sobalb er gefd)affen ift, grünbet fid) fein Söefianb auf bie Staatsgewalt. ®er befte IBeWeiS bafur ift ber, baff bie ®auer be? Staat?=

toefen? burdjaus nicht auf bie Verfemen ber urfbriinglid)en Vertrag?«

itieilnelfmer befd)räntt ift unb auch nidtjt mit jebem neu binptretenben

•äJtenfcfyen ein neuer StaatSbertrag gefd)ioffen Wirb. ®er ©teufd) wirb nicljt ettoa, toenn er p feinen Satiren gefommen ift, um feine geneigte

©inwiHigung gefragt, ob er bem StaatSberbanbe, in bem er geboren ift, aücf) anpgeböreu gefonnen fei. ©r fteljt bielmef)r unter ber £>errfd)aft ber Staatsgewalt, ob er wiß ober nicht.

©in SiaatSwefen tarnt bann aud) babtird) entfteben, bafj ein nod) iticbt fefjbaftcS, aber bereit? unter einer £>errf<baft fiebenbe? Slotf, fei eS burib ©roberung, fei eS burd) IBefiebetung freien ßanbe? fieb ein ©ebiet erwirbt; ferner .baburd), baß Stngebörige eine? Staate? burd) ?tu?=

Wanberung (Koionifation) einen neuen Staat grünben wie bie gried)ifd)eu ißfianäftäbte.

9teue Staaten au? fd)on oorbaubenen Staaten tonnen baburd) ent=

ftcf)en, baff mehrere Staaten p ©inem üereinigt ober baburd), bafe au?

©inem Staate mehrere ober au? Seftanbtbeiicu üon Staaten neue Staaten gebiibet werben. ||

9lß biefe tann ^otge gewaitfamer SSorgänge, wie ©roberung, Staat?= 9t>tnalen umwäfpng fein, ober mit 3itftimtnnrtg ber bisherigen Staatsgewalten oor J fid) geben. Smmer aber ruht bie neue Staatsgewalt auf fid) felbft. ®er=

artige Vorgänge Weift and) bie neue ©efd)id)te p l p e i d ) auf. SDtan braucht nur an bie ßoSfagung ber 9tieberlanbe bon Spanien (1579), ber norb=

ameritanifeben fireiftaaten bon ©ropritannien (1776), bie Staatem grünbungen ber Stapoleonifcben 3eit, bie ©ntftebung ber Königreiche Belgien unb Italien, ber 33alfanftaaten p benfen. ®abei bon 0ted)t ober Unrecht p reben, bot teinen 3wecf.

®S haben fid) babei tbeitweife Vorgänge mit abgeffhelt, bie an bie bertragSmäffige Staatengrünbung erinnern, • aber boeb nicht ganj gteicb=

artig finb. ®ie ©rünbung be? Königreiche? Italien bat fid) in ber 2öeife boOpgen, bafj bie einzelnen ißrobinjen ober Staaten burd) ben König bon Sarbinieit, ffiäter bon Italien erobert Würben; unb bafj ber

•öebölferung be? eroberten ©ebiet? bann bie $rage Pr Sibftimmung unterbreitet würbe, ob fie ben 2infd)lufj an ba? fonftitutioneüe Königreich SBiftor ©tnanuet? I I . wolle, 3d) tann bie fjrage unerörtert laffen, Wa?

gefdjeben wäre, wenn eine ber Sebölferungen ültetn gefagt hätte; tl)at=

fachlich haben fie 3IIie mit iiberWältigenber 2M)rf)eit • 3 a gefagt. 916er immerhin hatten' jene 21bfttmmungen niep ben botitifchen SBerth ber fjeftftellung ber 29oIf?meinung, wenn fie auch au? ber ßepe bom Seibft=

beftitnmung?,,recht" be? SSolfe? ober bon ber SkdfSfouberänität h«ö°r =

gegangen finb. ®a? ©ntfcheibenbe aber war jebenfati? nid)t bie Slbftimmung,

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— 8 . —

fonbern btc Sßatfacße bec StaatSgrünbung unb ber gewaltfamen 23efeitigung ber bisherigen Staatsgewalten, ohne welche Sßatfadjen bie gtaliener über gar nicßtS abpitimmen gehabt hätten.

©ine Urfadße ber [Rcubiibung Oon Staaten auS einem befteßenben Staate ift im neueren Staatsrechte berfcßrounben, bie Sßeituug im ©rb=

gange. Sie ift nur bei einer pribatrecßtlichen 21uffaffung ber fürftlicßen tperrfcßaft benfbar, wie fie befonöerS bem 2Ritteiaiter eigen war. S i e Untßeilbarfeit beS Staates ift ©runbfaß beS heutigen StaatSredjteS unb ergibt fich aus bem SBefen ber StaatSgeroatt aiS einer öffentlichen, im Staatsintereffe beftehenben ©ewait.

lieber bie llrfachen beS Untergangs Oon Staaten ift nichts zu fageit, baS fich nicht bon felbft unmittelbar ober mittelbar auS bem ergäbe, was über bie Umbilbung Oon Staaten erörtert Würbe.

II. Sie »eftttttbtheile be§ StaatSbegrip.

1. © i e Staatsangehörigen.

3 u m Staate gehören bor 2Mem SRenfchen. S i e ÜJRenfcßen in ißrer [Bereinigung zu einem Staate bilben ein tBott. tBolf im [Rechtsfinne unb tBolf im natürlichen Sinne (tßolfsftamm, [Rationalität) finb nicht baSfelbe.

SaS [Rolf eines Staates faun oerfchiebeue SSolfSftämme umfaffen; ein [BolfSftamm fantt unter bcrfdjiebenen Staaten getheilt fein. S a ß in ber StammeSgemeinßhaft ein großer eintrieb liegt, aud) bie StaatSgemeinfthaft ZU fucßen, ift bon felbft einleudffenb. ©S l a n n aber auch umgefeßrt bie StaatSgemeinfchaft zur iSilbung einer StammeSgemcinfd)aft führen. g n erfterer §inficßt ift felbftoerftänbiich, baß ber in neuerer. 3eit biet betonte

©runbfaß ber StammeSzufammengeßörigfeit ([RationalitätSprinzip) tein fRechtSgrunbfaß ift. ©§ gibt feinen fRecßtSfaß, ber ba lautet: feber 25oIfS=

ftamm hat baS [Recht, für fich einen" S t a a t zu bilben. ©inen Staat bitbet, wer bie ^ r a f t bazu hat. 316er: auch wenn man jenen ©runbfaß j|

älnnalen nicßt als ein [RechtSgefeß, fonbern als eine 2lrt IRaturgefcß anficht, ift au g8g |8 eine auSnahmSlofe [Berwirflicßung beSfelben meßt zu benfen. 9Ranchfad)e

tpinberniffe fteßen bem entgegen: bie beträcßtlichften finb bie, welcßc auS gefdjichtlicher ©ntwidlung ßerborgcßen; aber eS gibt aud) anbere wie zum SBeifpiel ber mangelnbc räumliche 3ufammenhang, bie Surcßeinanber=

mengung oerfchiebeuer Stämme, bie politifcße llnfäßigfeit zur Staateu=

bilbung. 2ßo ein StaatSberbanb meßrere fBolfSftämme ober 23eftanb=

tßeile bon folcßen umfaßt, entließen, falls eS fich nicßt bioS um gering=

fügige [Beim ifcßuu gen zu einer §auptmaffe ßanbelt, eigentßümlidie Scßwierigfeiten ber StaatSgeftaltung. Sen einieucßtenbften 23eleg ßiefür bietet in ber ©egenwart DefterrcidpUngarn. Sie grage, wie biefe Sdpierigfeiten zu löfen finb, ift felbftberftänblid) feine grage beS aUge=

meinen Staatsrechtes, nicßt einmal eine grage ber allgemeinen [ßolitif, fonbern ber befonberen [ßolitif beS einzelnen Staates. S i c gcfeßgeherifdje [Regelung aber, zu ber bie politifcßen ©rwägungcu geführt ßaben, bitbet baS zweifellofe [Reißt beS betrejfenben Staates. SiefcS [Recht fann unter Umftänben, um m i t ^ e i n z e ' S OtuSbrud zu reben, ©efeßeSunrecßt fein.

Slber baS feßabet feiner ©eltung nichts; eS fann .nur mögiidjer Söeife

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ber Staatsgewalt fcpaben, Oon' ber c§ au§gept, ober fogar Aniah j u r StaatSumwäijung werben.

Aber aud) Wenn man bon ben Sdjeibungen in BolfSftämme abfiept, flehen bic StaatSgenoffen ber Staatsgewalt burcpauS nid)t lebigticf) als eine Btenge bon ©inzelperfönlicpfeiten gegenüber. Freilich ift ber ©injetne für bie Aed)tSorbuung in erfter öiuie llntertpan ober Staatsbürger unb als foidjer ber Staatsgewalt nnbebingt unterworfen. Aber auch bie am auSgebepnteften entwidelte Staatsgewalt wirb bem ©in^elnen immer nod) einen ÄreiS ber B e t ä t i g u n g frei laffcn, in ber er lebiglicp Btenfd) unb nicht StaatSgenoffe i f t ; ja fie muß ihm einen folcpen fogar frei raffen, ba bie Staatsgewalt nur baS äufjere ßebeit unmittelbar mit ihrem äufjcren Swange ergreifen iann. Fnbeffen felbft abgefeheu pieroou ftept ber aAenfd) aud) unter ber fherrfdjaft ber AeiptSorbnung nod) i n bielfadjen anberen Beziehungen als in bem Berhältniffe zum Staate.

®ie zunädjft fiep barbietenbe berartigc Beziehung ift ber Fmnilien=

oerbanb, ber, wenn aud) i m Staate burd) bie AecptSorbuung geregelt, bod) gefd)id)tlid) älter ift als ber Staat, ja fogar int urfprüugtidjen Staatswcfen oft eine fepr bebeutcnbe felbftänbige Aoöe fpielt.

Aicpt tninber mistig ift, jumal bet entwidelterer Bilbung, ein AnbereS, bie gefelfid)«itiid)c ©lieberung beS BolfeS. ©S bebarf einer eingehenbercn AuSeinanberfepung, Was ich baruntcr oerftepe.

©er Staat ift eine Fntereffengemeinfdjaft. F m Staate fiuben bie adgemeinften Fntereffen ipre ©iuigung unb Befriebigung. ©3 ift ©inzef=

frage, wie Weit ber Staat hierin geht. Aber fooiel ift fieper, baff ein fepr bebeutenber Aeft Oon Fntereffen immer ü6rig bleibt, bie nidht oon rein perfönlicper A r t , fonberu einer ÖAeprzapI gemeinfam finb, bod) aber nicht ober nidjt öoCf in ben ©pätigfcitSfreiS ber (Staatsgewalt fallen. ÖAit anberen SBorten, ber ©rieb ber Fntcrciiengemeinfd)aft, ber zur StaatS=

bilbung führt, w i r f t auch innerhalb beS Staates fort. SBie bie 3Aenfcp:

heit fid) in ben Staaten gliebert, fo gliebert fid). innerhalb ber Staaten baS Bolf itt ber ©efettfepaft. ©S gefeücn fiep im Staate biejenigen Zufammen, weldje neben ben allgemeinen nod) Weitere gieidje Fntereffen haben. SBenn id) hier Don ©efcllfcpaft unb Sid)=gefc(len rebe, fo ift babei burcpauS niept an Begriffe beS bürgcrlid)en AecptS zu beiden. Fd) meine bamit zunäepft bie rein tpatfäcplitpe ©rfd)einung gewiffer Fntereffen: |i

gruppen, wobei eS fid) ganz üon felber, opne jebe Abrcbe ergibt, baß bie Slnnolen Zugehörigen, weil fie in bem unb jenem ben gleichen Bortpeit fepen, aud) @ 1 8| |9

in fo unb foüiel ©iugen gleidje SAeiiuing unb gleicpeS 3 i c l paben.

SBenn man nun barauf zurüdgept, was eigentlich jebem Fntereffe faepiieper A r t — unb nur barunt paubelt eS fid) pier — zu ©runbe liegt, fo fitibet man, baff bieS nidjtS AubrcS ift als ber ©rieb zu beftepen unb weiterhin, möglich)! gut zu beftepen. I l m beftepen zu fönneu, muff ber ÖAeufd) bie Aufjcnwelt fid) bienftbar madien, irgend eine ©pätigfeit entfalten, ©iefe ©pätigfeit ift, wie ber ÖAenfcp fepr balb bewerft, bann am SBirffamften, wenn,ein Feber baS, was feiner natürlichen Füpigfeit am Angemeffenften ift, für fid) unb für Anbere ober auep nur für Andere tput, gleiche ©ienfte oon Fenen entpfangenb. ®a3 ift bie ArbeitSfpeiluug, eines ber mäcptigfieu cinigenben Berpältniffe i m ßeben ber ÖAeufcppeit;

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fo möcfetig jogar, baß e§ fäfeig ift, in feinen SBirfungen bie Staatsgrenzen Zu burcfebrechen.

3nbem nun jeber biejenige ©feätigfeit fid) erwählt, Welcfee feiner Stnlage am meiften entfpricfet — unb biefe ©feätigfeit braucht gar nicht noffewenbig gütererzeugenb an fid) zu )eiu. roenn n u r feerfönlicfe toertfe=

erzcugenb ift — bilben fid) innerhalb ber ftaatlicfeen Bereinigung ber

•¡Dtenfcfeen ©ruppen, Welcfee burd) gemeinfamen Beruf Derbunben finb.

SBaS fie — nicfet notfewenbig rechtlich, aber (ebenfalls tfeatfäcfeiicfe — perbinbet, ift baS gemeinfame 3ntereffe, ficfe für baS ©rgeugniß iferer Berufsarbeit ben größtmöglichen 9lntfeeil am ©rzeugniffe ber übrigen Slrten Pon ©Ijätigfeiten Z" Derfcfeaffen. ©ine fohfee ©ftenfdjenzafel, bie burd) bie ©emeinfamieit beS Berufes ücrbunben ift, bilbet einen Stanb.

©er Begriff • beS StanbeS ift Pon §aufe auS lein ¿RecfetSbegriff, ganz unbefcfeabet feiner ungeheueren Bebeutung im Sehen. ©S gibt laum irgettb etwas außer ber StammeSangehörigieit, WaS einen fo ungemeinen mobelnbeti ©influß auf bie Bfenfcfeen äußert, als bie StanbeSzugefeörigteit.

©er Begriff beS StanbeS ift lein an unb für fid) feftftefeenber; je nadjbem man innerhalb ber ©efeüfdjaftSgruppen auf bie gemeinfamen ober auf bie Derfcfeiebeneit Sntereffen fiefet, fügen fid) ©ruppen zu ©infeeiten zu=

fatnmen ober löfen fid) in ©infeeiten auseinanber. 2fber ber Begriß beS StanbeS f a n n ¿RcdßSbegriß werben, wenn baS ¿Red)t fid) feiner bemädßigt, fefte BegrißSmerfmale auffteHt unb rechtliche Orbnungen baran fnüpft.

¿Rur ©ineS lann baS ¿Reifet nicfet: eS fann nichts zum Staube machen, WaS fetner ift, fo wenig eS perfügen fann, baß 2 X 2 = 5 fei- .

®ie natürlidje Stänbebilbung gefet auS ber freien 2Bafel beS Berufs nach Btaßgabe ber perfönlid)en jjäfeigfeiten feerPor. Bei biefer SOßafel macfeen fid) ofenebieS feinlänglicfe Diel Umftänbe geltenb, bie bcren fyreifeeit beeinträchtigen; eS fann bafeer Don Staatswegen faum etwas ©cfäferlidjereS gefcfeefeeu, als aud) nod) burd) baS ¿Knfefeen ber ¿RecfetSorbmmg feier feinbernb einzugreifen.

3 m Berfeältniffe unter einanber eignen fid) bie einzelnen Stäube Don ber - gefammten ©ittererzeugung beS BolfeS einen um fo größeren

©feeil an, je feöfeer baS gewertfeet wirb, was fie felbft zu biefer ©rzeugnng beitragen, ©ie feöfeere unb feltenere Befähigung für ben Beruf ift babei Wefentlid) mit beftimmenb. 3eber Staub trachtet, fich in möglicfeft ab=

gefchloffener 3«fel P erhalten, bie an unb für fid) feöfeer befähigten tRenfcfeeu nicfet zu fid) empor fommen zu laffen. Seber Stanb feat bie Beigung, fid) bfoS aus ben 2lbfommen feiner ¿Ungehörigen zu ergänzen.

©aS liegt fcfeon im fyamilientrieb, ber eine fefer wichtige Stieße im ©rb=

recfete ba- finbet, Wo bie BerufSffeätigfeit an eine gewiffe BefißeSform, an Sinnokn ejn ©runbftodDermögen fid) fnüpft, • So liegt || benn in jebem Stanbe

© 330 e i n i3e ^e i9l in g , p m ©eburtsftanbe ober zur Kafte zu werben, ©er

©efeßgebcr fann ficfe biefer -Reigung gegenüber perfefeieben perfealten, gleidfe;

gültig, abweferenb, förbernb. ©aS Derfefeltefte ift fcbenfatls baS leßtere, befonberS bann,- wenn ber- ©efeßgeber gerabezu bie Berufsftänbe zu

©eburtsftänben maefet ober eine ©ntwidelung, bie biefe ¿Ridßung genommen feat, gefeßlicfe fcfeüßt. 3lber auefe wo bieS gefefeefeen ift, ziefet ber ©eburtS=

ftanb feine SefeenSfraft nur auS. ber ©emeinfamfeit beS Berufes. Bermag

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er fid) in biefer ©emeinfamfeit nicht j u haften, fo ift er rettungslos berloren; ber ©eburtSftanb geht, wenn er nicht mehr 23eruf?ftanb ift, in ben 33eruf§fiänben unter. © a r a n fann fein ©efetjgeber ber SBelt etwa? änbern. SBenn ber Staub bie 2SerufSgemeinfd)aft nid)t haften

!ann, fann er bcn Stanb nicht haften; auch nicht burdj bie Weiteft gehenben SSorredjte. ©ie 23orrcd)te tonnen Wohl an einen Stanb, ebenfo wie, nach SBiUfür be? ©efetjgeberS, an irgenb weídje 3ufäÜigfeiten fid) anfnüßfen;

aber fie fönnen feinen Stanb fchaffen. ©in Seifjnel mag bie? erläutern,

©ie beutfchen ftanbeSherrlichen Käufer haben eine Summe gteichheitiicher

•ÜBorredjtc, bie íebigíid) ge|d)id)tlid) erflärbar finb, fachlich aber auf feiner innern Dtotljwcnbigfeit beruhen; einen Stanb aber bitben bie 2lngeljörigen biefer Käufer nicht, benn fie haben al? fotche feinen befoubereit Seruf.

3eber erblich geworbene SBerufSftanb muff, ba e? bem ©cfeljgeber unb OoOenb? bem ©efeijgeber ber Steujeit niemals gelingen wirb, ihn als foldjen p erhalten, nottjwenbig abfterben. ©ie? be?halb, weil ber erblich geworbene SBerufsftanb bie SDtenfch.en p einem beftimmteu Serufe nicht nach bem SJtafjftabe ber ^Befähigung, fonbern uad) bcm Spalte ber ©eburt heranzieht. 2lud) bie ©rblidjfeit be? SSermögen? wirb h i r i W b fclbft bei álnwenbung fünftlicher ^Drittel ber 23ermögenSerhaltung, nur einen be=

fdjränften Schuh bieten, ba idjliefjlid) bod) ba? ÜBermögen betien entgleitet, bie nidjt fähig finb, e? p bewahren unb p berwalten. 3 m 9Ufgemeinen aber Wirb ein ©eburtsftanb um fo rafdjer entarten, je höh« ie'n 58eruf ift, Weil bann unter benjenigen, bie ihm burd) bie ©eburt pgeljören, bie üBerhältniBphl ber 23efä^igtcn bie gcringfte ift.

©ie ftänbifdje ©lieberung be? töolfe? fann auf bie ©eftaltung be?

Staate? einen fehr namhaften ©influfj äußern, ja e? finb häufig bie Slenberungen ber StaaiSberfaffung nidjt? anbcre? al? bie 3otge ber Um=

geftaltung, welche bie ftänbifdje ©lieberung be? 2Solfe? erfahren hat.

©ie bebeuteubfte Söirfung be? ftänbifcheii Söefen? auf bcn Staat tritt ba ein, Wo e? einem Stanbe gelingt, fid)1 in ben Scfifj ber Staatsgewalt p feijen. ©ine földje ftänbifdje §errfd)aft birgt eine grofje ©efahr in fich, ba fie bie natürliche Steigung hat, bie Staatsgewalt nicht im ail- gemeinew Staatsintereffe, fonbern int StanbeSintereffe p hanbhaben.

©ie ftänbifche' ©lieberung be? iBolfe? fann ferner, Wenn bie Stanbe eine fefte • rechtliche SluSgeftaltung gewinnen, unb burd) biefe fid) bon einanber abfonbern, gerabep p r ©ruriblage ber StaatSüerfaffung werben,

©ine- földje' ©ntwidelung ber ©ing'e'ift für bie'StaatSeinbeit ijöchft be=

benflid). 3nbem fidj ber ©inplne pnädjft, ja auSfdjíiefjlidj al? Stanbe?=

genoffe fühlt, geht ber S i n n für ben Staatsoerbanb, für bie Staat?=

genoffenfchaft leidjt berloren ober wirb bodj- crheblid) gefchwädjt. ©ie? ift befanntlid) bie ©ntwidelung be? mittelalterlidjen Staate? gewefen.

Keine ftänbifdje ©lieberung fiellt ber ©egenfats' bou freien unb Un=

freien bar. ©ie Unfreiheit ift Benteimcng ber menfdjlidjen ^Jerfönticfifeit,

ber [| Unfreie fein Staatsgenoffe. • ©ie Sflaberei ift in' unferer Staaten« Slnnalen Welt merfwürbig |d)Wer iiberwunb'en worbeir, tro|bem ihre Unnatur auf J8® ^ ber fpanb liegt. Schon fjlorentinu? fagtr Servitus est' cönstitutio juris

gentium qua quis dominio alieno c o n t r a ú a ' t u r a m subiicitur. '

©ine anbre ©lieberung ber StaatSgenoffew, bie nicijt ..minber belang«

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gebung geregelt unb in ben 23au ber ftaatlichen [ßertoaltung eingefügt.

2lber abgefeßen babon, baß bieS nicßt immer fo mar, ift bie ©emeinbe feineSwegS lebiglid) ein ftaatlicßer SBerwaltungSbezirf. Sie beiißt eine große 3aß( felbftanbiger gntereffen für fid) unb. bamit ßat bie ©emeinbe=

jugeßörigfeit neben ber StaatSzugeßörigfeit einen felbftänbigen gnfjalt.

gcß ßabe im [Bisherigen bie oerfchiebenen möglichen ©ruppenbilbungen innerhalb beS StaatSberbanbeS erörtert.

Sa3 ftaatSrcdjtlicß UBicßtigfte aber bleibt unter allen Umftänben bie unmittelbare [Beziehung ber ©inzelnen zum Staate, bie Staat3angeßörig=

feit. Sie StaatSangeßörigfeit ift ein öffentlicßrccßtlicher status. Sie

©efeßgebung jebeS Staates ßat bie grage zu regeln, wer als Staats^

angeßöriger anzufeßen fei, wie bie StaatSaugeßörigfeit erworben unb ber=

loren wirb. Ser gejeßgeberifeße ©eficßtSpunft bei [Regelung beS ©rwerbeS ber StaatSongeßörigfeit fann ein berfeßiebener fein. ©3 laffeit fid) in ber

§auptfad)e ber ©rnnbfaß ber ©ebietSgcwalt unb jener ber perfönlicßen

©ewalt (Scrritoritätsprinzip, ißerfonalitätsprinzip,) unterfeßeiben. [Rad) bem erfteren ©runbfaße bewirft entweber bie ©eburt im ßanbe ober aueß ber SBoßnört bie StaatSangeßörigfeit, naeß bem ©runbfaß ber perfönlicßen

©ewalt ift bie ülbftammuug oou einem Staatsangehörigen baS ®nt=

feßeibenbe. Ser leßterc ©runbfaß ßerrfeßt in ber [Reuzeit. ©S fönnen aueß beibc ©runbfaße bermifeßt fein in ber [¡Keife, baß für bie im 2lu3=

lanbe gebornen ßinber bon gulänbern bie pcrfönlicße [Beziehung, im Uebrigen ber ©rnnbfaß ber ©ebietsßoßeit gilt. [Reben bem ©rmerbc ber StaatSaugeßörigfeit bureß ©eburt fommt allentßalben aud) ber ©rwerb bureß fBerleifjung (Raturalifation) bor, fei eS als befonbere [RecßtShanblung, fei cS als golge einer anberen [RecßtShanblung wie §eirat, ülnftcllung JC.

Ser [öerluft ber StaatSangeßörigfeit fann in berfd)iebener iffieife ein=

treten. Sie ©efeßgebung eines Staates fann bon bem ©efießtspunfte ausgehen, baß ber ©ingelne ber StaatSangeßörigfeit ficß nicßt einfeitig ZU entzießen bermöge, alfo ber ©nttaffung aus bem StaatSberßanbe be=

bürfe. Sie fann ferner unter Umftänben bie SluSftoßung aus bem Staat3=

berhanbe borfeßen. Sie fann enblicß jebem StaatSgenoffen baS [Recßt einräumen, naeß [Belieben aus bem StaatSberbanbe zu ßßeiben unb babei entweber eine auSbrüdlicße ©rflärung biefeS SluStritteS berlangen ober aueß eiu geWiffeS [Berßalten wie bie tßatiäcßlicße SluSwanberung als 2luStrittSerflärung beßanbeln.

Sie [Ricßtübereinftimmung ber ©efeßgebung berfeßiebener Staaten fann unter Umftänben zur golge haben, baß bcrfelbe SRenfcß bon meß=

reren Staaten als ißr 21ngeßöriger angefeßen wirb, ober aueß, baß ein SRenfcß bon feinem Staate als fein Slngeßörigcr anerfannt wirb, baß er rechtlich ftaatloS ift. Sie Staaten finb baßer beftrebt, im UBege beS [BertrageS unb ber ©efeßgebung berartigen tBerßältniffen oorzubeugen.

3Rehrfacße StaatSangeßörigfeit ift an fid) ein UBiberfprucß; fie ift oßne 3wiefpalt nicßt burdjfüßrbar.

9Ran pflegt aus ber ©efammtßeit ber Staatsangehörigen bie Staats=

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bürget at§ befonbere ßlaffe auSzufcpeiben, b. p. jene, bei welchen bie Boraus:!]

feßungen für bie Ausübung beftimmter öffentlicher Aechte gegeben find. Stnnolen

©iefe AuSföpeibung ift eine Frage be§ einzelnen Staatsrechtes. @18®|2

©cn Staatsangehörigen fiepen bie Fremden gegenüber, Weldpe zur Staatsgewalt, fei eS mit iprent Bermögett als AuSmärfer, fei eS mit ihrer Berfon durch Aufenthalt in Berührung treten. Fpre Beziehung Zum Staate pat alfo barin ipren ©rund, baß fie in den räumlichen 3Aad)tbereid) der Staatsgewalt eintreten, ©er Staat der Aeuzeit läßt im Allgemeinen den Fremden an der BrifatredRSgemeinfcpaft ©peil nehmen, niept dagegen an den politifdjen Achten, bereit gefeptiepe Borau3=

feputtg die Fugcpörigfeit zum StaatSöerbanbc ift. AnbrerfeitS finb bie Fremden auep gepalten, fiep der AecptSorbiiiing beS Staates zu unter:

werfen und unterliegen der Staatsgewalt innerhalb der ©renzen der

©ebietspopeit. Söie biefe ©renzen gezogen finb, läßt fiep gleihfallS nur nah den einzelnen Staatsrechten beantworten. So fepr fiep übrigens tpatfählih die AecptSfteHung beS Fremden der Stellung beS ©inheimifepen annäpern mag, fo bleibt doch jedenfalls ©in bezeichnender Unterfcpieb ftetS beftepen. ©er Staatsangehörige pat ein Ae(pt, in feinem Staate zu leben, der Fremde ift nur geduldet. •

2. B a s ©ebiet.

©aS ©ebiet ift bie zweite ©runblage beS StaatSWcfenS. ©ebiet be=

Zeihnct im Allgemeinen denjenigen abgegrenzten ©peil der ©rboberftäcpe, innerhalb deficit irgettb eine öffentliche ©ewalt f i h bewegt; Staatsgebiet ift alfo dasjenige Bereich, innerhalb beffen bie Staatsgewalt au3f<hließ=

lieh perrfht. A l a n nennt bie Staatsgewalt in ihrer Beziehung zum

©ebiete ©ebietspopeit.

©ie Bedeutung der ©ebietspopeit ift rechtlich in erfter ßinie eine öerneinenbe, nätnlid) der AuSfcpluß jeder anderen fperrfepaft über biefeS

©ebiet. BorauSfeputtg für die Btögticpfeit einer ©ebietspopeit ift alfo bie Beperrfcpbarfeit beS ßanbeS, bie tpatfählipe Btögticpfeit feiner Att=

cignung an eine beftimmte £>errfcpaft. Aicpt bie ganze ©rbe ift beperrfcp=

bar. Aicpt beperrfepbar finb foldje ©peile beS feften ßanbeS, bie nadp ihrer Beftpaffenpeit feine Btögticpfeit menfeplieper Siieberfaffuttg gewäpren;

niept beperrfepbar ift ferner bie pope See.

3um Begriffe beS ©ebietS gepört ferner Beftimmtpeit. Btan nennt bie ßittie, weihe baS Staatsgebiet gegen andere Staaten ober ftaatlofe Flächen abfcpließt, bie Staatsgrenze, ©ie Staatsgrenze ift entweder durch bie Aatur felbft bezeichnet ober fie Wirb, foWeit das möglich ift, bind)

©renz= ober fpopeitSzeidpen Oermarft. ©ie Staaten pflegen die FeftfteEung iprer ©renze und bie erforderliche Unterfucpimg der ©renzzeihen gemein:

fattt durch beiberfeitige Beüoßmähtigte öorzunepmen.

©er bejapenbe Fnpalt der ©ebietspopeit ift eine Folge ipreS öer=

neinettben FnpaltS. ©r beftept barin, baß Alles, was f i h innerhalb beS

©ebietS befindet, unter bie Btacpt der Staatsgewalt tritt. Quidquid est in territorio, est etiam de territorio. ©ieß gilt niept bloS Oon ben Sahen, fonbern auh öon ben Betonen.

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Sie natürliche tBeißaffenßeit unb bie Sage beS ßanbeS haben felbft=

oerfiänbliß großen thatfädjlißen ©influß auf bie ©eftaltung beS edaateS.

2lber biefc ©inflüffe unb ihre SBirfungen barzulegeu, ift feine 2lufgabe beS Staatsrechts. Sa3 Staatsrecht hat eS nur mit ber geschaffenen [ReßtSorbnung zu tfpn, nid)t mit ben natürlichen JBerfjäitniffen, bie bei beren ©eftaltung ttjatfäßliß mitbcftimmenb gemefen finb. ||

Slnnaten ©Qg ©(eiche gilt oon ber ©röße beS ©ebieteS, mag man fie an unb

¿83983 für {iß ober im Verhältniffe p r 23e»öiferungSpht unb zur ©röße anbercr Staaten betrachten, ©erabe biefe llmftänbe fönncn eine fefjr bebeutenbe

©inwirfung auf bie ©eftaltung eines Staates äußern. So fönnen burß bie große 2luSbeßnung eiueS Staatsgebietes geroiffe Staatsformen gerabegu unmöglich ober bocß für baS StaatSmefcn unoortheilßaft werben.

©in ßleinftaat z- 23. mag mit einer unmittelbaren Semofratie burd)=

fornmen; ein ©roßfiaat wie etwa ooit bem Ilmfange beS römifßen 2Belt=

reißS ober RußlanbS fann eine berartige Staatsform nißt ertragen.

Von Vebeutung ift ferner aud), ob baS ©ebiet eines Staates ein gefdjloffeneS ift ober nißt. ©eißloffen ift eS bann, wenn baS ganze Staatsgebiet räumliß zufamineißängt ober boß n i ß t üom ©ebiete anberer Staaten burßfeßt ift. ©efßiofienf)eit beS -Staatsgebiets ift baS natnr=

gemäßere. Sie ©efßlofienheit beS Staatsgebiets fann entweber baburß geftört fein, baß baS Staatsgebiet ©e6ietStßeite frember Staaten in fid) einfßließt (©ebietSeinißlüffe), ober baburß, baß bie ©ebietstfjeile beS Staates räumlid) oon einanber getrennt finb. Serartige Verhältniffe er=

Zeugen regelmäßig bie Rothmenbigfeit oertragSmäßiger 2lbmaßungen zwifßen ben Staaten, beren ©ebiete eine ©emengelage zu einanber haben.

©ine golge ber ©iißeitlißfeit ber Staatsgewalt ift eS, baß eS über ein unb baSfelbe ©ebiet auß nur ©ine ©ebietsßoheit geben fann. S i e

©inwirfung einer anbern als ber eigenen Staatsgewalt auf ein ©ebiet — in frieblißen Verhältniffen natürlich — fann nur in golge eines 3u=

gefiänbniffeS beS gnßaberS ber ©ebietsßoheit ftattfinben.

3. Wie ^fnalggeroalt.

2BaS bie Staatsgewalt (Souoeränität) reßtliß fei, hat fiß im 2111=

gemeinen bei ber geftftellung beS Staatsbegriffes bereits ergeben. Sie ift bie ßößfte ©ewalt über ben S t a a t ; fie umfaßt atfo unbebingt ßanb unb Volf.

Sie grage, Wer ber Sräger ber Staatsgewalt fei, ift nißt aus bem [Begriffe beS Staates, fonbern bei ber ßeßre oon ben Staatsformen zu beantworten. Rur zweierlei läßt fiß fßon auS bem Staatsbegriffe felbft allgemein feftfteCen. ©inmal bieß, baß bie Staatsgewalt ftetS einen menfßlißen gnßaber haben muffe; fobamt terneiuenb, baß fiß auS bem Staatsbegriffe fein noßwenbiger unb allein möglißer gnßaber ber StaatS=

gemalt ergibt. Sie insbefonbere burß g . g . R o u f f e a u zu f° weiter Verbreitung gelangte, aber auß früher fßon öerfoßtene öeßre, baß bie Staatsgewalt Oon RedjtSwegen ftetS beim Volfe unb baß biefe VolfSherr=

fßaft fowohl urfprüngliß als auß unöeräußerliß fei, ift fatfß. Sie ift falfß auß in ber ütbfßmäßung. als müffe jebe anberweitige § e r r j ß a f t in einer Uebertragung burß baS Volf ihre Vegrünbung finben.

(19)

ffite Staatsgewalt ifi, Weil bie ßöcßfte ©emalt, restlich fcßraitfenloS; beim eS ift Riemanb über ißr, ber ißr Sdjranfen feßen lönnte. Söettn man bem gegenüber barauf ßinweift, eS befteße gegenüber' ber Staatsgewalt nur bie Berpflidjtung p DerfaffungSmäßigem/ alfo- nur zu bebingtein ©e=

ßorfame, fo berußt biefcr ©inmanb auf mangelhafter Schlußfolgerung, ©enn bie Berfaffung felbft ift ja ©rzeugniß bcS SBillenS beS SnßaberS ber StaatS=

gemalt. ©benfoWenig ergibt fich eine rechtliche Befchränluug ber StaatS=

gemalt aus ber Behauptung, bie Staatsgewalt habe bie ©ebote beS Sitten=

gefeßeS zu befolgen, Rbgefeßen baüon, baß- bie Ruffaffung barüber, Was

Sittengefeß fei, eine feßr || oeränberlid)e ift, beantwortet fid) ber ©räger ber Slnrtalen Staatsgewalt felbft maßgebenb bie Srage, ob er im ©inflange mit bem g 8 ^ Sittengefeße feine ©ewalt übe, feine ©efeße erlaffe ?c. ©t faun barüber

Riemanbem eine Ueberprüfung zugefteßen. ©ie Staatsgewalt fann bie Berufung auf ben Saß: „9Ran muß ©oft meßr geßordjen als ben SRenfcßen"

nid)t bulben. Seßt fie fid) freiließ itt-großen unb bleibenben Äßiberfprucß ZU ber Ruffaffung beS BolfeS in bebeutenben fragen, fo läuft. fie bie

©efaßr einer StaatSummäl,png.

2Benu nun aueß lue Staatsgewalt redjtlicß, fo ift fie boeß tßatfäch=

lid) nießt fdjranfenloS. @S gibt feßr öiele ©iuge auf ber 2 M t , über welcße bie Staatsgewalt nießt SReifter i f t ; feßr üiele, über wehße fie fid) pernunftgemäß nießt zum Bleifter machen foll. Uta nur einen toießtigften

¿ßunft ßerPorzußeben: bie Staatsgewalt Permag baS menid)licf)e öeben nur in feineu Betätigungen zu regeln unb nur äußeren ¿mang gegen bie StaatSgenoffen zu üben, ©ine unmittelbare £>errfd)aft über baS innere Seben ber Blcnfcßen, über ©ebanfen unb ©efiunungen, über ben ©lauben, über politißße unb fonftige Ueberzeugungen Permag bie Staatsgewalt nie=

malS zu erlangen, ©iefem llmftanbe foll bie Staatsgewalt aud) in bem

©ebiete Redpung tragen, baS für fie erfaßbar ift. ©ie ©emiffeuSfreißeit Z- B., b- ß. bie Rnerfennung ber graßeit in ber B e t ß ä t i g u i t g Pon

©laubenSmeinungen, fomeit baS StaatSiutereffe nießt entgegenfteßt, hängt feßr enge mit bem llmftanbe zufammen, baß bie eigentlid)e innere ©e=

wiffenSfreißeit für ben Staat gar nießt angreifbar ift.

RuS bem Begriffe ber Staatsgewalt ergeben fid) folgenbe notßwenbige

©igenfeßaften berfelben.

©ie Staatsgewalt ift aHumfaffcnb innerhalb ißreS Bereiches unb Zwar foWoßl was ißre ©egenftänbe — ©ebiet uub Untertßanen — als aueß tt>Q§ ißnen 3nßalt anlangt, ©er Snßalt ber Staatsgewalt fann alfo nießt aufzäßlenb beftimmt werben. Blan mag aHerbingS an ber §anb beS RecßtS ber einzelnen Staaten bie Perfcßiebenen Aufgaben zufammen=

ftetlen unb orbnen, Welcße bie Staatsgewalt fid) feßt. Rud) gegen ben

©ebraueß läßt fieß nicßtS einmenben, bie Staatsgewalt in ißrer Betßätigung an biefen Aufgaben mit befonberen RuSbrüden zu bezeichnen, Pon §oßeit3=

reeßten zu fpreeßen, wie ©ericßtSßoßeit, §eereSßoßeit, Bergßoßeit u. bgl.

Rber baran muß man feftßalten, baß bie Staatsgewalt nießt bie Summe einer Rnzaßl aufzäßlbarer ^oßeitSrecßte ift, fonbern b i e Staatsgewalt.

©ie Staatsgewalt ift auSfcßließlid) unb baßer untßeilbar. ©ie StaatS=

gemalt fann für ein unb benfelßen Staat nur ©ine fein. Sie bulbet als

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©arauS ergibt fid) bie Unmöglicpfeit, bie Staatsgewalt naep ihren Betätigungen, naep „©ewalten" j u zerfepneiben unb an üerfepiebene felbft=

ftänbige Fnpaber j u öertpeilen, wie bieß bie B t o n t e S q u i e u ' f d ) e Septe oon ber ©ewaltentpeilung Witt.

©arauS ergibt fiep ferner bie Unmöglicpfeit, irgend eine firdflicpe

©ewalt als ber Staatsgewalt gleidjgeorbnet anjufepen. ©enn foweit bie fireptiepe ©ewalt fiep im geiftigen Bereidje bewegt, z- B . ©laubenSfäße über baS Renferts aufftettt, fömmt fie überhaupt mit dem Staate niept in Berüprung, ift aifo ber Begriß der Aebenorbitung gar uiept anwenh bar. Soweit aber bie firepliepe ©ewalt fid) äußerlich und handelnd be=

tpätigt, tritt fie in den BtacptfreiS der Staatsgewalt unb ift berfelben baper unterworfen, ü

©S ergibt fiep aus ber llntpeilbarfeit ber Staatsgewalt endlich die Unmöglicpfeit eines auS Staaten zufammengefeßten Staates, eines BunbeS=

ftaateS. ©enn faßt man den BunbeSftaat bapin, baß fowopl für bie

©lieberftaaten wie für den ©efammtftaat eine befonbere HerrfdpergeWalt beftept, fo läuft bieß auf ©peilung ber Staatsgewalt hinaus; fpriept man dagegen bie Herrfcpaft (SouOeränität) auSfcpließlicp den ©liebern zu, fo ift baS ©attze fein S t a a t ; auSfcpließlid) dem ©anzen, fo find bie ©lieber, feine Staaten.

®ie neuere öepre oom BunbeSftaat pat fid) biefem ©ilcmina baburd) Zu entziepen gefud)t, baß fie, bie llntpeilbarfeit der ¿errjdjaft anerfennenb, leugnet, bie SouOeränität fei dem Staatsbegriße wefentlicp. Fnbeffen ift cS 'bisper nod) feinem Scpriitftettcr gelungen, eine einwandfreie BegrißS=

beftimmung beS Staates unter Söegtaffung beS BterfmaleS ber SouOerä=

nität zu liefern.

©ie Staatsgewalt ift, unter BorauSfeßung beS FortbeftanbeS beS Staates, ewig, b. p. fie endet niept mit dem ©obe ober fonftigen 2ßeg:

falle ißreS zeitigen FnpaberS, fonbern fie gept als biefelbe ©ewalt auf den neuen Fnpaber üöer. ©arauS ergibt fiep ber widßige Saß, baß ber fpätere Fnpaber ber Staatsgewalt den Staatspanblungen beS friiperen FnpabcrS wie feinen eigenen Handlungen gegenüberftept.

©ie Staatsgewalt ift ihrem Siefen nah untierantWortlicp; baS ergibt fiep fepon daraus, baß bie Berantwortlicpfeit einen Höperen zur BorauS=

feßung pat, dem gegenüber fie beftept; biefer Höpere aber feplt pier.

Freilid) fann ber ©räger einer Staatsgewalt geftürzt unb Oon betn neuen Fnpaber mit ober opite rccptlicße Formen zur BerantWortung gezogen werben; man pat fepott Könige getopft. Aber baS waren, modßen fie auep in bie Form eines AecptSöerfaprenS gefleibet fein, boep nur Hanb=

lungen politifcper Aacße gegenüber Hcrrßpcrn, bie burdp Staatsumwälzung euttpront waren.

©ine eigentpümlidje Frage bleibt pier noep zu erörtern, bie angeficptS unferer bisherigen ftaatSredptticpen Ausführungen etwas Oon einer üer=

blüßeitbeu Ungereimtheit zu paben fepeint, nämlicp bie: ©ibt eS eine Souöeränität opne Staat? ©ie Frage ift Oom Stanbpunfte ber ftaat§=

redjtlicpen ©peorie fepr rafcp baburcp beantwortet, baß man fie burtp

(21)

- 17 -

Ueberfeßung beS SßorteS Souberänetät iu'S ©eutfche ad absurdum, führt,

©cum lautet fie: ©ibt e§ eine Staatsgewalt ohne Staat? .Unb bie Antwort ift felbftoerftänblich M i n . ||

III. Sic StaatSförtncn.

1. JMßemeines.

3ch berftehe unter Staaisform biefenige Unterfdjeibung ber Staaten, Stnnalen bie bon ber Serfdjiebenheit ber Inhaber ber Staatsgewalt (Souberänetät) 4 8 2 8

hergenommen ift. ®ie Staatsgewalt fann bem Segriffe nach immer nur eine einheitliche fein. 3 n biefer Sejiehung gibt eS feine Unterfcpebe.

Slber 3nl)aber öer Staatsgewalt muß nicht nothwenbig ©iner fein; fie fann auch Steueren pftehen. ®ie Staatsgewalt fann allerbingS nicht unter bie Mehreren getheilt fein, fonbern fie fann nur als ©anpS Sitten Zufommcn. ©S fann alfo, um in ber Sprape beS bürgerlichen M c p s gu fprechen, feine wirtlichen, fonbern nur gebaute Sintberte an ber Staats«

gewait geben. SBenu man nun erwägt, Warum eigentlich @taat unb Staatsgewalt ba ift, nämltd) um eine SöittenSeinheit über bie Solfs«

gefammtheit Ijerpftetten, fo mödffe es Wohl fcheinen, als ob biefeS 3iel am Sottfommenften erreicht fei, Wo bie §errfd)aft in ©iner §anb ruht.

Unb fo hat benu fchon ber alte §omer bie Slnficp geäußert: Siel«

herrfchaft führt nimmer p m § e i l ; ©in §errfd)er gebiete! 3 n ber ©hat finb auch ber §errfchaft, bie bon einer Steifheit geübt Wirb, gewiffe Uebelftänbe offensichtlich eigen. S e i einer Mehrheit herrfeßenber ^erfonen Wieb erholt fid) baSfelbe Serhältniß, baS fich bei ber ganzen ©emeinfd)aft bargeftettt hat: bie Scrfd)iebenheit ber ©inzelwitten, unb bie barin liegenbe

©efahr ift für ben Staat um fo größer, fe größer bie 3«hl ber §errfd)aftS=

theilhaber ift. ©S werben alfo in folchem fyatte ftetS Sorfehrungen nöthig fein, welche für bie SluSübnng ber Staatsgewalt bie erforberlid)e

©inl)eit beS §errfcherwittenS fiebern. Stuf ber aitberen Seite aber — unb bieS erflärt fd)on allein baS Sorfommen anberer Staatsformen — liegt in ber 3nnehabung ber Staatsgewalt bureß ©inen, namentlich, Wenn gar feine berfaffungSmäßigen Sicherungen beftetjen, ebenfalls eine ©efahr, bie nicht gering ift, bie nämlid), baff bie Staatsgewalt nad) perfönlicher SBittfür, n i p t i m ftaatlidjen Sntereffe gehanbhabt w i r b ; eine ©efahr, ber übrigens auch bie anberen Staatsformen burdjauS nicht unbebingt entgehen.

3 n Sejug auf bie ©intheilung ber Staatsformen zeigt bie wiffen«

fdjaftlichc Cehre feit mehr als ztoei 3ahrtaufenben eine nterfwürbige Se«

ftönbigfeit. ©ie Unterfpeibung, welche S l r i f f o t e l e S in feiner ffjoliteia aufgeftettt hat, hat fich i m Söefentlidien bis auf ben heutigen ©ag behauptet. ||

S l r i f t o t e leS fagt, eS gebe in jebem Staate einen ©räger ber Staaten

^errfchaft, in bem bie oberfte ©ewalt zufammengefaßt fei. ©ie Sefchaffenheit ^ 9 8 beS §errfcherS präge bem Staatswefen einen eigenthümlid)en Stempel auf, 4 8 2

nach welchem naturgemäß bie Slrten ber Staatsformen beftimmt würben.

©ieS ift ganz gutreffenb; nur muß and) per Wie beim Staatsbegriffe bor Ueberfcßätpng beffen gewarnt werben, was biefe begriffliche Unterab«

1). @et)bei, SBottröflc. 2

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tßeilung leifien fann. R u ß fie gibt feine ©inzelbilbniffe unb unter jebe ber Staatsformen reißen f i ß Staatswesen ein, bie im -fiebrigen einanber feßr unäßnliß finb.

R r i f t o t e l e S fügt feiner ftaatSreßtlißen Unterfßeibung ber StaatS=

formen aber noß eine rein politifße bei. ©r fßeibet nämliß xohzstai opffai unb rwv op&wv soXiteiwv irapsy.ßäas'.?. Siefe ©ßeibung begießt f i ß auf ben [ftunft, ben i ß fßon bei ©rbrterung beS StaateSbegriffeS berüßrt ßabe, nämliß auf bie zwecfmäßige unb zwedwibrige §anbßabung ber Staatsgewalt.

Sie oberfte ©emalt, fagt R r i f t o t e l e S weiter, fteßt notßwenbig ent=

Weber ©inem ober Söenigen ober ber SReßrßeit zu. Saraus ergeben f i ß bie brei Staatsformen ber Vafileia (wir fagen ©inßerrfßaft, Vtonarßie), ber Rriftofratie unb ber tßoliteia (wir fagen Volfsßcrrfßaft, Semofratie).

Sie 7raps7.ßäas'.? biefer brei gormen finb bie SpranniS ober SeSpotie, bie OorzugSweife auf baS gntereffe beS RffeinßerrfßerS auSgeßt; bie £)lig=

arßie, bie £>errfßaft ber beißenden ¿Haffen zu i ßr e m SSortßeile; bie Semofratie (mir fagen ^öbelßerrißaft, Dßlofratie), bie Söifffürßerrfßaft ber nißtbefißenben [Raffe

Sie ariftotelifße ©intßeiiung ber Staatsformen ift in ber Sßat. er=

fßöpfenb. Sie Vetfuße, biefe ©intßeiiung burß weitere Staatsformen zu ergänzen, Wie fie j . 8 . bei V l u n t f ß l i (Rllgemeine ©taatsfeßre © . 371 ff.) tßeilS gemaßt, tijeilS bcrißtet werben, finb reßtsmiffenfßafftiß wertßloS.

Ser Spraßgebrauß ßat Woßt auß bie ariftotetifßen Staatsformen auf zwei zurüdgefüßrt, inbem er ber ©inßerrfßaft ben greiftaat (Republif) an bie Seite ftetlt. Sieß ift aber nicßt zu billigen. Senn ber llnterfßieb ZWifßen Rriftofratie unb Semofratie ift gerabe fo groß, wie ber llnterfßieb ZWijßen einer biefer Staatsformen unb ber ©inßerrfßaft. :

2. D i e Demokratie.

Sie Semofratie ift biejenige Staatsform, bei Weißer bie StaatS=

geWatt ber ©efammtßeit ber Staatsbürger zufömmt, n i ß t einer ßerrfßenben ßfaffe, bie naß irgenbweißen Vorzügen auSgefßieben ift. Ruß bie Semofratie ift nißt bie £>err[ßaft alter Staatsangehöriger; gemiffe Veftanbtßeile ber Veüölferung finb fßon ber Ratur naß, wie SBeiber unb Binder, ober naß zufälliger gefßißttißer ©ntmiieiung Oon ber Sßeitnaßme an ber ¿errfßaft auSgcfßloffen. Rber baS bleibt baS ßenngeißnenbe ber Semofratie, baß fie bie SRenge ber StaatSgenoffen unter allgemein gm gänglißen VorauSfeßungen zur fjerrfßaft beruft.

Sie Semofratie fßeiut, zumal in ißrer einfaßften ©eftalt als un=

mittelbare Semofratie, geradezu eine Verneinung beS ©ebanfenS zu enthalten, auf bem bie ©inrißtung beS Staates berußt, ber Sßeibung ZWifßen bem Stöger ber Staatsgewalt unb ben Itntertßanen; denn,- fo fann man fagen, Wo naßezu Rite nxiteinanber §errfßer finb, wo bleiben bie, bie geßorßen f ollen? SieS ift fßon ber g o r m ReßtenS naß n i ß t Zutreffend, faßliß fogar noß biet weniger. Ser g o r m naß n i ß t ; benn bie Staatsgewalt fteßt nißt bem ©ingelnen antßeilSmäßig, fonbern nur

(23)

ber ©efammtßeit als foleßer zu; atfo nießt || §inz uub Kunz ieber für ?(nnalen fieß finb ^errfeßer, fonbern bie ©efammtßeit als BolfSberfammfung. Unb r 1 8?8

biefe ©efammtßeit als folcße ßcrrfcßt über jeben ©inzelncn. Rber freilief), bieS bleibt ein abgezogener Begriff, ber nur müßfam einleuchtet, unb am heften'ift noef) ber baran, ber als tooßlgefeßulter RecßtSfunbiger Oon ber juriftifeßen fßerfon überzeugt ift unb biefe als feinen §errfeßer oereßrt.

©iefe Berperfönlidpng ßat übrigens, feßon R r i f t o p ß a n es borgenommen, ber in ben „SBoIfcn" beu ©emos auftreten läßt.

©ßatfäd)licß aber liegt bie Sacße nocß biel anberS. ©ie ©emofratie ift, um eine Rtögließfeit zu haben, ben Staat zu lenieit, unweigerlidß genötßigt, einen formalen ©runbfaß anzunehmen, mittels beffen ber einßeit=

ließe $errfeßertoiHe für ben Staat ßergeftetlt wirb. ©S ift ber ©runbfaß, baß ber_ SReßrßeitSwiÜe entfeßeibet. R r i f t o t e l e S bejeießnet rießtig als baS SBefen ber ©emofratie то Usov УЛ.-.' apidfröv, aXXa ¡j/ß -лат' a£iav.

Run muß man aber erft bebenfen, wie biefer SReßrßeitSgrunbfaß, zumal bei einigermaßen entmiefelten BilbungSOerßültniffen, wirft unb wirfen muß.

©er formale ©runbfaß wirb ein Spiel ber gefeHfeßaftlidßeu Kräfte. ©S ift in ber ©emofratie burcßauS nießt fo, baß eine Btenge gleieß bentünftiger unb gleieß gutgefinnter.SRitßerrfdjer baS gemeine SBoßt erwägen unb ßienaeß ißre Befeßlüffc faffen würbe, ©abei fönnte bann ber, weld)er jeweils i n ber 3Rinberßeit geblieben ift, fieß bamit tröffen, bießntal feien feine ©rünbe unterlegen, baS anbere 9Rat würben feine Rnfießten als bie befferen ©eltung erlangen, ©abon ift nicßt bie Rebe, ©ie im Staate borßanbenen Sntereffen;

gruppen maeßen fieß geltenb, unb ba bie Kopfzahl entfeßeibet, zumeift natürlich biejenigen 3ntereffengruppen, weltße bie meiften Köpfe zäßlen.

©ie meiften Köpfe zäßlen aber in ber ftänbifeßen ©lieberung b'eS BolfeS felbftocrftänblid) bie nieberften Stänbe. So gleitet benn in ber ©emofratie bie Staatsgewalt naturgemäß nad) abwärts, zur ©emofratie im Sinne bes R r i f i o t e l c S . ©S entfteßt eine Klaifenßerrfcßaft, bie baS gerabe

©egenftüd ber Rriftofratie ift. Unb baS gibt nießt einmal eine beftänbige Regierung, ©eint bie regierenbe ©emofratie ift metterwenbifeß, in politifcße ober perfönließe Parteien gefpalten unb ber plößließe SBeeßfel ber 9Reßr=

ßeiten ßat oft einen jäßen SBeeßfel ber Rolitif zur ^olge. ©aS ift für bie innere fßolitif feßlimm, für bie äußere mitunter noeß fcßlimmer. ©in gewiffeS ©egengift, bon mitunter zweifelhaftem SBertße, trägt biefe ©r=

feßeinung aüerbingS in fid), näntlicß bie leicf>te Beftimmbarfeit beS großen

§aufenS bureß einzelne fßerfönlicßfeiten, bie bem StaatSwiHen bann ißre Ridßung geben. Rber nießt immer unb (ebenfalls nie auf bie ©auer Wirb eS ber ©emofratie fo gut, wie jener RtßenS unter ißerifieS, bon ber

© ß u f ß b i b e S (II, 65) fagt: Е-р-р;;т6 ts )л~;ы ¡j.tv огролрazia., spyej) oe Öjtö той тгрсотod avSpö; ap'/ß.

©S ßat feinen tiefen ©runb, baß gerabe bie feffellofe ©emofratie fo leießt in ben ©äfariSmuS umfeßlägt. SBenn B l o n t e S q u i e n bie „©ugenb"

als ©runbfaß ber ©emofratie erflärt ßat, fo ift bie ©efcßießte feines eigenen BaterlanbS ber bitterfte -§oßn auf biefe Behauptung.

©ie Seßwäeßen ber ©emofratie ßat ein englifeßer ReeßtSgeleßrter, S i r

§enrß Sumner ¿ R a i n e , in einer Seßrift on populär government ganz

(24)

meifterlicß bargelegt, über bie icp in m e i n e n ftaatSrecßtlicßen unb poli=

tifcpen Abhandlungen (Freiburg i. B . u.ßeipzig 1 8 9 3 , © . 143 ff.) berichtet pabe.

©ie Schilderung beS englifcpeu ©d)riftftelterS ift. ziemlich lebpaft gefärbt nnb er betrachtet eigentlich, troß alter Borbepalte, bie fcbranfenlofe ©emofratie ai§ ein m o n s t r u m nulla v i r t u t e redemptum. UeberbieS pat er i m Slnnalen 2Befent= || ließen nur bie Söirfung ber bemofratifeßen StaatSform auf bie

©8484 ©roßftaaten ber Aeuzeit im Auge.

©ie bemofratifeße StaatSform pat zmei AegierungSformen: bie un=

mittelbare unb bie mitteibare (repräfentatioe) ©emofratie, ober, mie man fie öielleicßt auch nennen fann, bie unbefeßränfte unb oerfaffungSmäßige.

©ie unmittelbare ©emofratie liegt ba bor, too bie ©efammtpeit ber Bürger unmittelbar iit ber BolfSüerfammlung bie Staatsgewalt panbpabt, ölfo unmittelbar burd) ihren 2Btüen ben ©ang ber Staatsgefcßäite be=

ftimmt. © a inbeffen bie ßeitutig beS Staates, bie Herrfcßaft, unbedingt SBillenSeinpeit erpeifept, fo erübrigt, wie bereits bargelegt Wurde, wenn biefe StaatSform möglich fein foK, nicptS anderes, als bie ©eltung beS

©runbfaßeS ber SAeprpeitSentfdfeibung. ©ieS . aber führt zur fperrfepaft ber Bteprpeit über bie Btinberpeit allemal bann, wenn bie Bteprpeit fiefj ftänbig nad) bleibenden Fntereffenöerfäjiebenpeiten, niept naep wecpfelnben perfönlicpen SAeinungen bildet, ©iefe ©rfepeinung ift ber ©emofratie überhaupt, nid)t bloS ber unmittelbaren ©emofratie. eigen; aber fie w i r f t in ber leßteren m i t ber urWücßfigften ÖAacpt. ©arauS erflärt fiep, baß bie unmittelbare ©emofratie eine überaus feltene unb i n ber Aegel audp feine bleibende ©rfepeinung in ber ©taatengefepießte ift. © i e 9Aöglid)feit ipreS, Wenn auep uur zeitweifen BeftanbeS ift tion einer Aeipe Don BorauS=

feßungen abpängig, bie nur auSnapmSWeife fiep zufammenfinben.

©ie befannteften geidjidjtlicßen Beifpiele für biefe F o r m bilden grie=

epifepe Stäbteftaaten beS AltertpumS unb unter biefen wieber baS 9Aufter=

beifpiel Aipen.

F n ber Aeuzeit fömmt bie unmittelbare ©emofratie nur mepr ganz bereinzelt üor, weil fie für andere als Uleinftaaten eine Unmöglicßfeit ift unb eigentliche ^leinftaaten fiep i n größerer 3aßl überpaupt nur i n Staaten:

öerbinbungen erpalten paben.

Unmittelbare ©emofratien find uämlicp einige fcpWcizerifcße ßantone unb Halbfantone, bie man üöerbieS nur bann als Beifpiele für biefe Staatsform nennen darf, wenn man bie Staatsgewalt (Souöeränctät) ben Kantonen unb niept ber Sd)Weiz als ©efammtpeit zufpriept. Auch i n biefen ifantonen ift übrigens bie Unmittelbarfeit ber ©emofratie nur be=

Züglid) ber ©efeßgebung durchgeführt, ©ie unmittelbare ©efeßgebuug burcp baS Bolf bottziept fid) in zwei Formen: ber Bcfcplußfaffung i n ber GanbS=

gemeinde, dem 3ufammentritte aller $antonSbürger, und ber obligatorißpen BolfSabftimmung, dem Aeferenbum.1)

©abei ift übrigens noeß zu erwägen, baß eine Aeipe ber wießtigften Staatsangelegenheiten ber ©ibgenoffenfepaft überwiefen ift, bie repräfeutatibe Berfaffung pat.

*) § i l t l ) , öaS Dieferenbuni im fdjtDeiz. ©taatSrecfjt. 9lrd). für öffentl. fRec^t IT (1887), ©. 167 ff., 367 ff-

Hivatkozások

KAPCSOLÓDÓ DOKUMENTUMOK

Der diligens pater familias ist ein Mensch, von dem in seinen Handlungen Sorgfalt (diligentia), und zwar eine vom Verkehr verlangte, in der Praxis gebildete Sorgfalt

Die Stapelgüter aus (Dft- unb Rorbfee würben auf ben IRarft oon Lübecf gebracht. Direiten Derfehr gab es nidjt. 3af)rhunbert, war es Lübed benn aud) leiht, bie nieberlänbifdien

Ejolber» (Egger, SS. über Karl ben ©roßen bas Sonberßeft 31 ber II. Reiße oon £ötoe.. mal fo gefd)roä&lt;ht unb heruntergebracht, baf} fic felbft bem ffiötjenbienft 3u entfagen

Aber dieser ganze Nutzen würde mit einem Schlage entfallen, sobald es etwa dem Kriminal- statistiker einfiele, die Straftaten, statt nach strafrechtlichen (aus der Dogmatik in

Aber wie fommt beim baS, baß man auf bie eine Weife fcffreibt unb auf eine aübere Weife fpricfft.. Diefe Qrage ift pöHig befugt, unb wir müffeit einräumen, baß e§ liicfftS weniger

E r ließ ß ß baßer feine Kuße — baS ©efßäft, Weißes er tarnte unb Weißes ißm in Kfrifa Keißtümer eingetragen ßatte, naßm er Wieber oor, nänttiß ben Hanbel, er trieb ißn

talbett, in welchem ©ilBert ftarb, in ber Hoffnung, fte wür- ben bort gu Sichtern werben, wie er eS eine Stiertelftunbe Bor feinem Sobe Würbe, unb in bem ©lanbeh, es fei baS

»ergeffen, unb barüber Wirb ber HattSßimmef Wieber ßeiter. Welpe SeufeiSfaune bte fpöne Hipparpia an ben ßäßfipen Hunb ©rate« feffette, ßat unS SBiefanb ju fagen »ergeffen,