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View of Ökologie des Jungpaleolithikums (Ungarische Angaben) | Communicationes Archaeologicae Hungariae

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V iola T. Dobosi

ÖKOLOGIE DES JUNGPALÄOLITHIKUMS (UNGARISCHE ANGABEN)

Die Einteilung des Jungpaläolithikums a u f chronologischer Basis (frühes, mittleres, und spätes Jungpaläolithikum) ist der entsprechende Rahmen zur Gruppierung der heimischen Kulturen. Das Friihjungpaläolithikum wird durch den Frühabschnitt der Szeletien-Kultur und das Aurignacien vertreten. Das Mitteljungpaläolilhikum vertreten den heutigen Kenntnissen nach zwei Kulturen. Der entwickelte Abschnitt der Szeletien-Kultur mit den Blattspitzen und die erste Siedlungswelle der Gravettien-Entität. Die Kulturen des Spätjungpaläolithikums sind das Ságvárien und das ebenfalls a u f zwei chronologischen Niveaus erscheinende Epigravettien. Von der unbelebten Umwelt untersuchen wir die orografi- schen Umstände, die Charakteristiken der die Funde einbettenden Sedimente, die Rohstoffquellen des Steinwerkzeugs und die a u f der Ausnutzung topografischer Gegebenheiten beruhende Siedlungsstrategie. Unter den Faktoren der belebten Umwelt wurde die größte Betonung a u f die Jagdbeute gelegt, die die Selektierung des Menschen spiegelt.

Stichwörter: Karpatenbecken, belebte und unbelebte Umwelt des Jungpaläolithikums

Die Synthese der Ökologie des Jungpaläolithikums ist durch die Ergebnisse der letzten Jahre begründet, die bei den neuen Siedlungsausgrabungen, bei der Re­

vision des alten Materials und bei der Analyse der Lößschichtenreihen erzielt wurden.

Terminologie

Die Grundlage für die in den letzten Jahren ver­

breitete Einteilung des Jungpaläolithikums (Früh-, Mittel-, Spät-) ist der für Europa im Allgemeinen gültige großschrittige geochronologische Rahmen.

Die Einteilung der kulturellen Entitäten mit lokalen Eigenheiten in große chronologische Einheiten er­

leichtert die Orientierung besonders dann, wenn die fachlichen Ergebnisse einer kleineren geografischen Region schwer erreichbar oder die lokalen Benennun­

gen nicht genügend informativ sind.

Das Rückgrat der kulturellen Aufteilung des Jung­

paläolithikums in Ungarn hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht verändert.

Die Grenze des Früh- und Mitteljungpaläolithi- kums ist „durchlässig“. Die traditionellen frühjung- paläolithischen Industrien bestehen noch beim frühesten Erscheinen der mitteljungpaläolithischen Gravettien-Bevölkerung.

In der ungarischen Geschichte der zweiten Hälfte des Jungpaläolithikums ist eine gewisse Periodizität feststellbar. Die Siedlungen der verschiedenen Kul­

turen konzentrieren sich auf die interstadialen Peri­

oden. Die Ansiedlungswellen werden durch einige tausend Jahre lange „unbewohnte“ Kaltperioden getrennt. Im Falle einer direkten Superpositionsstrati- grafie bedeutet dies ein 80-100 cm dickes Lößsedi­

ment. Die konventionelle Grenze von Mittel- und Spätjungpaläolithikum ist das Würm-Kaltmaximum.

Die faunistisch gut umreißbare, markante Periode vertritt in Ungarn der Faunaabschnitt von Pilisszántó- Bajót. Seine innere Gliederung und sein genaues Verhältnis zu den archäologischen Fundorten ist noch nicht genügend geklärt. Die Paläontologen schließen nicht einmal die Möglichkeit aus, dass dieses Kalt­

maximum milder war als in Westeuropa und im Kar­

patenbecken wegen der spezifischen orografischen Verhältnisse einen geochronologischen Abschnitt später erfolgte. Weiter wird die Synchronisierung der Informationen durch die etwas weniger exakte, un- bezeichnete Verwendung der absolutchronologischen Daten kompli ziert, wo die kritischen 2000 Jahre zwischen den BP- und ВС-Zeitpunkten in der Spät­

würm-Klimageschichte entscheidende Bedeutung ha­

ben.

Die Unsicherheit beeinflusst auch die archäologi­

sche Terminologie. Denn die frühere Datierung des Kaltmaximums reiht die ältere Ebene des Ságvárien und der früheren Klingenindustrien gleicherweise beim Epigravettien-Kulturkreis ein.

Im Jungpaläolithikum sicherte das abwechslungs­

reiche Milieu des bunten Mosaiks der archäologischen Kulturen den ökologischen Hintergrund.

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In den letzten beiden Jahrzehnten hat die Erfor­

schung der Epoche des ungarischen Jungpaläolithi- kums in mehreren Bereichen bedeutende Ergebnisse erzielt:

- Die Neubewertung des Materials der in der klas­

sischen Periode der Forschungsgeschichte, in der er­

sten Hälfte des 20. Jahrhunderts, teils oder vollständig freigelegten Höhlen mittels moderner Methoden ist im Gange. Viele umstrittene Fragen wurden geklärt. Hier muss vor allem die Arbeit in der Szeleta- und der Istállóskő-Höhle hervorgehoben werden. Diese Arbeit setzte sich die Klärung der Herkunft, der Zeitspanne des Nachlebens sowie der Absolut- und Relativchro­

nologie der Kulturen von Szeletien und Aurignacien zum Ziel (Ringer.2002). Von den neubewerteten An­

gaben können hier nur die in sicherer stratigrafischer Lage und genau dokumentierten naturwissenschaft­

lichen Angaben in Rechnung gezogen werden.

- Durch erfolgreiche Geländebegehungen haben sich die großen weißen Flecken der Landkarte mit Sammelpunkten gefüllt. Über die Zunahme der Zahl der Fundorte hinaus ist auch das kulturelle Bild des Mittel- und Jungpaläolithikums farbiger geworden (Markóet al. 2002).

- Richtungweisend ist K. Simáns Versuch einer ökologischen Anschauung (Simán 1983). Sie unter­

suchte den Schauplatz der Fundorte (Höhle oder Freilandstation, im Berginneren oder an seinem Ránd usw.), die Zusammensetzung der Fauna (Berg-, Wald­

oder Steppenfauna) und den verwendeten Rohstoff (lokale Sammlung oder Beschaffung aus der Ferne).

Mittels Vergleich der Angaben umreißt sie den Charakter der Siedlung: permanent Siedlung oder sa­

tellite Jägerstation eventuell Werkstatt oder Rohstoff- Beschaffungsplatz.

- Unabhängig von den archäologischen Fundorten wurden zahlreiche morphologische, physikalisch­

chemische Untersuchungen des Lößprofils im Spät­

pleistozän, des Höhlensediments und des Terrassen­

systems vorgenommen, die genaue Angaben zur Öko­

logie der gegebenen Epoche liefern.

Die Synchronisierung der so gewonnenen Angaben mit den bei paläolitischen Ausgrabungen beobach­

teten Erscheinungen.

Die chronologische Tabelle (Tabelle 1) ist die mo­

difizierte und teilweise erweiterte Variante der 2006 erschienenen Zusammenfassung (T. Dobosi 2006a).

Die diesbezügliche detaillierte Literatur s. dort. Die absolutchronologischen Angaben der Szeleta- und Istállóskő-Höhle haben zum Teil nur informativen Charakter: Das Muster wurde teils bei alten Aus­

grabungen, an heute bereits unsicher identifizierbarem Ort gesammelt, teils ist der archäologische Kontext des Ortes der Musterentnahme nicht eindeutig.

Konkrete relativchronologische Angaben gibt es relativ selten.

Die Zeitgleichheit der beiden Kulturen des Früh- jungpaläolithikums, Aurignacien I und Szeletien, belegen zwei Zufallsfunde. Eine Szeleta-Blattspitze fand sich in der unteren Kulturschicht der Istállóskő- Höhle und eine Geschossspitze mit gespaltener Basis in der unteren Kulturschicht der Szeleta-Höhle.

In Freilandstationen fanden wir in zwei Siedlungen der älteren Klingen-/Pavlovien-Kultur zwei Kultur­

schichten. Das archäologische Material der beiden durch 40-60 cm dicke sterile Sedimente getrennten Siedlungsniveaus war einheitlich. Ebenfalls zwei chronologische Niveaus des Epigravettien-Filums fan­

den wie in Superposition an den Fundorten Jazygiens und des Donauknies.

Kulturelle Einteilung (Abb. 1)

Über die zwei Kulturen des Frühjungpaläolithi- kums, Szelenien und Aurignacien, wissen wir trotz der reichen Literatur wenig. Die typologischen Argu­

mente zur Herkunft und inneren Entwicklung der Szeletien-Kultur warten noch auf ihre naturwissen­

schaftliche und chronologische Bestätigung. Ihr Früh­

abschnitt kann nach den Zeitangaben aus Schicht 3 der Szeleta-Höhle schon zum Frühjungpaläolithikum gerechnet werden. Neben den Blattspitzen ist der An­

teil der Schaber hoch. Außer einer einzigen typischen Geschossspitze mit gespaltener Basis finden sich unter den Steinwerkzeugen auch solche von Aurignacien- J ungpaläolithikum-Charakter.

Die Aurignacien-Kultur verbreitet sich gemäß der meistakzeptierten Theorie aus dem Ostmediterraneum nach West-Europa. Ihr Streckenverlauf lässt sich von Südosten durch das Donautal gut verfolgen: Bul­

garien, Moldau, Mitteldonaubecken, Willendorf, Mähren, Schwäbischer Jura, Thüringen. A uf Grund der absolutchronologischen Angaben gelangt sie bin­

nen relativ kurzer Zeit bis an den Westrand der Iberi­

schen Halbinsel (DjlNDJANet al. 1999). Das Mittel­

donaubecken ist eine bedeutende Station.

Das Aurignacien haben mit seinem kompletten Fundmaterial (Stratigrafie, Fauna, Flora, archäologi­

sche Funde) jahrzehntelang nur zwei Höhlen vertre­

ten: Istállóskő und Peskö. Eine wesentliche Verän­

derung brachte die Entdeckung von Freilandstationen im letzten Jahrzehnt. Deren Fehlen war bisher durch nichts begründet - nur die Forschung war nicht gründlich genug. An den Freilandstationen wurde außer Steinwerkzeugen kein naturwissenschaftliches Begleitmaterial gefunden.

Von einer Freilandstation kennen wir bisher nur von Andornaktálya eine absolute Zeitangabe (BUDEK

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Tabelle 1. Jungpaläolithische chronologische Tafel

Fundorten

lab.code BP CalBC

Szeleden Aurignacien Gravettien

Szekszárd Hv408 10350±500 10826(10280)9060

Lovas ETH15199 11740±100

Dunaföldvár Hvl657 12110±315 12601(12180)11796

Zalaegerszeg Hvl816 12125±300 12601(12200)11831

Pilismarót Hv 12988 13130±100

Arka-felső GrN 4218 13230±85 13972(13840)13698

Szeged deb-3344 159204170 17850-17690

Budapest deb-3160 159404150 17850-17700

Esztergom deb-1160 16160±200 17950-17750

Árka alsó GrN4038 17050±350 18749(18230)17725

Ságvár GrN 1959 17760±350 19684(19220)18738

Madaras Hvl619 18805±405 -

Jászfelsőszentgyörgy deb-1674 18500±400 20590-19450

Árka A518 18700±190 -

Ságvár-Alsó GrN 1783 18900±100 -

Mogyorósbánya deb-9673 19000±205 21050-20140

deb-1169 19930±300 -

Megy aszó deb-5378 27070±300 -

Hont-Parassa deb-5027 27350±610 -

Püspökhatvan deb-190 27700±300 -

Bodrogkeresztúr deb-2555 26318±365 -

Gx0195 2870043000 -

Andorkatálya 30180±330 -

Istállóskő AurII

ISGS-A-0186 27932±224 -

Gro 1935* 309804600 -

ISGS-A-0188 316084 295 -

Istállóskő Aur I ISGS-A-0185 29035 237 -

307104 600 -

309004 600 -

ISGS-A-0187 327014 316 -

ISGS-A-184 331014512 -

4430041900 -

Herman Ottó Höhle (Aur.?)*

Beta 178806** 334404660 Beta 178807** 356804630

Szeleta ISGS-A-4460 25200 -

ISGS-A-0189 26002 182 -

Büdöspest GXO 198*** 37 700 -

Szeleta GXO 197*** 41700 -

Knoche und Zahn aus der zweiten Schicht. In der originalen Publikation: ’’Die Fauna und Steinindustrie des gelben Kalk­

schutt-führenden und gelben Tones entspricht im grossen Ganzen den Frühsolutréenschichten der Szeletahöhle Der gröäte Teil der Paläolithe gelangte aus dem gelben, Klakschutt führenden Ton zutage...” (KADIC 1916); ** (Ringeret al. 2006);

♦""T VÉRTES 1968)

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C14 EUP

period

MUP LUP

epigravetti ságvárí 10

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Epigravettien Ságvárien

ii

21 22 23 24 25

Pavlovién 26

27 28 29 30

Aurignacien II.

Szelete 0 31

32 33 34 35

Szelete U

Aurignacien I.

36 37 38 39 ___ 40

Abb. 1 Die kuturelle Einteilung des Jungpaläolithikums in Ungarn

—Kaliczki 2003-2004, Fig. 3). Das archäologische Fundmaterial an dem Fundort war nicht einer einzigen bestimmten Niveau zuzuschreiben, es war vertikal verstreut. Die chronologische Angabe stammt von der Sohle des das Werkzeug enthaltenden Sediments. Der in einem oberflächennahen Sediment gefundene Teil des Fundmaterials war jünger als das Arcy-Stillfried- Interstadial (Hevesi-Ringer 2003-2004,143).

Die spezifische Färbung gibt dem Fundmaterial mit etwa 1500 St. aus der Oberflächensammlung und der Grabung der hohe Anteil an Rohstoff aus der Ferne (Kozlowski-Mester 2003-2004).

Vom Interpleniglazial bis zum Würm-Kaltmaxi- mum dauert der Mittelabschnitt des Jungpaläoli­

thikums. Seine Kulturen sind der jüngere (entwickel­

te) Abschnitt der Szeletien-Kultur und der Früh­

abschnitt der Gravetti-Entität. Der wichtigste Typ des entwickelten Szeletien sind die einigen Dutzend voll­

kommenen Blattspitzen, die teils ohne archäologi­

schen Kontext an der Oberfläche, teils in ver­

schiedenen Schichten der Szeleta-Höhle gefunden wurden. Neben ihnen erscheinen die typisch jung- paläolithischen Werkzeugtypen. Ihre chronologischen Angaben weisen große Streuung auf. Die neuen, „kur­

zen“ absolutchronologischen Angaben ziehen die Le­

bensdauer der Szeletien-Kultur auseinander, die nur schwer mit tatsächlichem archäologischen Inhalt zu füllen ist. Sie sind Zeitgenossen der in Nordungran er­

scheinenden Gravettien-Gruppen.

Die Gravettien-Entität ist eine chronologisch gut zu umreißende kulturelle Einheit. Sie ist ein Mosaik aus auf einem großen Territorium verstreuten, häufig voneinander isolierten Kulturen. Einige „fossile direc- toire“-Werkzeugtypen und identische Siedlungs­

strategie stellen den Kontakt zwischen den lokalen Kulturen dar. Das Charakteristikum der Entität ist viel eher die Gravetti-Lebensführung, die optimale Anpas­

sung an die Bedingungen der zweiten Hälfte des Würm, als die Typologie oder das Festhalten an den Werkzeugbearbeitungstraditionen.

Die Herkunft der Kultur, ihr archäologischer Vor­

gänger, ist noch nicht geklärt. J. K. Kozlowski meinte 1985: „L’origin du Gravettian en Europe centrale est polycentrique et polyphilatic“ (KOZLOWSKI 1985).

Und radikaler formuliert: „L’origin du Gravettien de 1’

Europe Centrale, tout comme la plupart des cultures paléolithique, est inconnue“ (VALOCH 1996).

In Ungarn ist die Gravettien-Kultur des mittleren Jungpaläolithikums das Pavlovién im Valochschen Sinne. Die vor etwa 50 Jahren eingeführte Terminolo­

gie umfasst die Fundorte des älteren Abschnittes des Gravettien-Kulturkreises (30-25 kyear BP) (VALOCH

1996), die letzten wirklichen Mammutjäger.

In Ungarn ist das Stammgebiet der um 29-28 000 BP erscheinenden Bevölkerung irgendwo in der Nach­

barschaft, vielleicht im Wachau-Pavlov-Kreis zu suchen (Willendorf II Schicht 5). Aus der Sicht der ungarischen Fundorte kann dieser als einziges der mit­

tel- und osteuropäischen großen Gravettien-Zentren in Frage kommen. Aus nordwestlicher Richtung ist das Donautal-Thebener-Tor die ideale Wegstrecke in die inneren Gebiete des Karpatenbeckens. Die osteuro­

päischen Zentren liegen in zu großer Entfernung für eine reale Annahme der massenweisen Migration. In der pleniglazialen Periode В war in Folge der nied­

rigen Schneegrenze das Becken von Osten-Nordosten her geschlossen.

Im Frühabschnitt der Lebensdauer der Kultur er­

reichten sie schon mit der ersten Siedlungswelle den Nordstreifen Ungarns, wo wir ihre reichen Siedlungen kennen. Hier ist der Werkzeugbestand etwas an­

ders und ärmlicher, es fehlt z. B. die Kerbspitze des Willendorf-Kostenki-Kreises. Die Kratzer und Stichel wurden aus Rohstoff guter Qualität in sorgfältiger Ausführung auf regelrechten Klingen geschaffen.

An insgesamt zwei Fundorten, Hont und Megya- szó, fanden wir zwei Siedlungsniveaus des Pavlovién.

(5)

Die obere Kulturschicht war an beiden Orten ärm­

licher, vereinzelter als die untere, im archäologischen Fundmaterial war kein Unterschied zu bemerken, weder im Typenspektrum noch in der Qualität der Ausführung.

Das späte Jungpaläolithikum umfasst die letzten 10 000 Jahre des Pleistozäns. Aus dieser Periode ken­

nen wir das Fundmaterial zweier kultureller Fila, des Ságvárien und des Epigravettien.

Ságvárien zeichnet sich in der Periode um das letzte Würm-Kaltmaximum - evtl, im vorangehenden oder unmittelbar folgenden Interstadial - in den in­

neren Gebieten des Beckens ab. Der Grund für die geochronologische Unsicherheit ist, dass sich einer­

seits die Siedlungen der Kultur in interstadialen Böden befinden und wir andererseits die Fauna und Schicht des Würm-Kaltmaximums kennen. Die Beziehung beider ist noch nicht geklärt. Von den Wurzeln, von Entstehungszeit und -ort, von der Verbreitung und dem Nachleben der Kultur wissen wir nichts. Sie er­

scheint im Inneren des Karpatenbeckens als lebens­

tüchtige, kraftvolle Kultur. Ihr eponym Fundort ist Ságvár, zugleich ist Ságvár auch der Stratotypus der geochronologischen Periode.

Von der jungpaläolithischen Technologie auf Klin­

genbasis kehrt sie zurück zu den Traditionen der Geröllbearbeitung. Der Unterschied zwischen den beiden teilweise zeitgleichen Kulturen, des Ságvárien und des Epigravettien, zeigt sich in den Werkzeug­

typen, den Relationen der Typenlist, der Werkzeug­

größe und der Rohstoffauswahl.

Die Gemeinschaften des Epigravettien-Filum trafen um 19-18 000 mit einer neuen Siedlungswelle ein. Nach einigen tausend Jahren Hiatus kehrt die Technologie auf Klingenbasis wieder zurück. Die Epi- gravettier setzen die Tradition der Werkzeugbearbei­

tung des Pavlovién fort. Jedoch erreicht der Werkzeugbestand der Fundorte weder hinsichtlich der Größe noch der Quantität und Qualität das Niveau des Pavlovién. Wir kennen zwei chronologische Horizon­

ten: um 18-16 000 BP bzw. das letzte Ende der Eiszeit. An den Fundorten, wo es beide Horizonten gibt, ist die sporadische obere Kulturschicht unmittel­

bar unter dem Holozänhumus zu erkennen. Ihr geschätztes Datum ist um 13 000 BP. Ihr archäologi­

sches Fundmaterial ist einheitlich.

Die bestimmenden Faktoren der belebten und un­

belebten Umwelt der jungpaläolithischen Siedlungen, die erkennbaren, verwendbaren Kraftquellen kennen wir ziemlich asymmetrisch.

Unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit ist mit folgenden Naturwissenschaften erfolgreich:

- Steinwerkzeug-Rohstoffbestimmung, Identifizie­

rung der im Jungpaläolithikum erschlossenen geolo­

gischen Quellen durch die Analyse ihrer physikalisch­

chemischen Komponenten, Kartierung der Mög­

lichkeiten zur Rohstoffbeschaffung im Karpaten­

becken und in Mitteleuropa,

- Umreißen der Siedlungsstrategie einer Kultur in Kenntnis der orografischen und hydrografischen Verhältnisse,

- es gibt gründliche Kenntnisse der Säugetierfauna im späten Jungpaläolithikum und der Klimaindikator- Weichtierfauna, auf Grund der Analyse teils der paläolithischen Kulturschichten, teils der mehrere Me­

ter dicken Lößprofile.

Unbelebte natürliche Umwelt

Wir untersuchen drei Faktoren: Oberflächenfor­

men, archäologische Funde enthaltende Sedimente und Rohstoffquellen.

Im oberen Pleistozän gibt es im Karpatenbecken keine Spur einer bedeutenden und ausgedehnten Umgestaltung der Oberfläche.

Der zwei Drittel des Beckens umgebende Hochge- birgsbogen (mit über 2000 m Gipfelhöhe) nimmt in Richtung des Beckeninneren auf Mittelgebirgsniveau ab (max. 1000 m ü. M.) und gleicht sich dann nach einem schmalen Hügelgebiet der Großen Ungarischen Tiefebene an. Im Ergebnis der wechselnden Relief­

energie kleinerer tektonischer Bewegungen konnte die Erosion zunehmen, die Flüsse mit schwankender Wasserergiebigkeit änderten häufig ihr Bett. Die Spuren dessen verschwanden nicht einmal spurlos in Folge der intensiven Bodenbearbeitung und Ober­

flächenumgestaltung während der 10 000 Jahre des Holozän. In den wasserbestandenen oder periodisch überfluteten Ebenen bestand die Möglichkeit der Niederlassung nur auf den aus dem Terrain heraus­

ragenden eiszeitlichen Restoberflächen oder den Lößrücken am Rand der Tiefebene.

In Mitteleuropa und somit auch im Karpatenbecken häufte sich der Löß noch in mehreren Dutzend Metern Dicke und nahm nach Westen hin kontinuierlich ab. In Ungarn kann mittels der Verbindung der Schichten­

reihe von fünf großen Ausgrabungen bis zur Brunhes- Matuyama-Grenze (Emiliani Serie 22-23) eine gene­

ralisierte Schichtenreihe skizziert werden: in den Sedi­

menten der Klimageschichte von mittlerem und oberem Pleistozän. In den ins Innere des Beckens führenden breiten Flusstälern haben die Flüsse mit Mittellaufcharakter ein ganzes System von klimati­

schen Terrassen gebildet. Diese sind bis zu den pan- nonischen Sedimenten zu verfolgen (Ha h n et al.

2003).

Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der die Terrassen und unteren Bergabhänge bedecken­

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den Löß- oder lößartigen Sedimente und Böden sind mit den Elementen der belebten Umwelt gleichrangige Indikatoren des Klimas. Der Stratotypus der Sedi­

mente der Periode vom Ende des Riss-Würm bis zum Holozän ist der Lößprofilen von Tápiósüly-Duna- újváros. Während der jungpaläolithischen Periode sind vier bodenbildende Zeitabschnitte nachzuweisen.

Das Leitniveau in zahleichen Löß-Serien ist der inter- pleniglaziale Paläoboden (Denekamp-lnterstadial, 32-26 000 BP), ein an organischen Stoffen reicher, rötlichbrauner, nicht oder nur schwach kalkhaltiger Boden (RUDNER-SÜMEGI 2001).

Eines der erfolgreichsten Projekte der letzten Jahre war in Nordostungarn die komplexe mikroregionale Erforschung des Tokajer Kopaszhegy (SÜMEGI 2006).

Der Tokajer Kopaszhegy und seine unmittelbare Umgebung ist ein archäologisch exponiertes, viel un­

tersuchtes Gebiet. In Folge außerordentlich günstiger Gegebenheiten ist er eines der Stammgebiete der äteren Klingen/Pavlov-Kultur. Die auch archäologisch interessante Periode wurde auch in den Sedimenten nachgewiesen: in der relativ reichen Tonfraktion und im Humus. Um 24 000 beginnt ein kaltes und trocke­

nes Stadial. Die sinkende Temperatur, der sauere Un­

terboden und die Nadelbaumvegetation hatte Podsol- Bildung zum Ergebnis (SÜMEGI-RUDNER 2001). In den kurzen Interstadialen der pleniglazialen B- und der Spätpleistozän-Periode ergab das niederschlag­

reichere Klima drei Embryonalböden (Akkumulation des Humus). In den Feuerstellenflecken der jung­

paläolithischen Wohnoberfläche erscheinen im terra­

kottaartig durchbrannten Löß auffällige, weißgebran­

nte Die Beschaffbarke it des Rohstoffes für re­

tuschiertes Steinwerkzeug hatte entscheidende Bedeu­

tung bei der Auswahl des Ortes der Siedlungen. Das genetisch wechselreiche ungarische Mittelgebirge lie­

fert mesozooische Feuersteinarten, die miozänische Vulkanität Obsidian und hydrothermale Quarzitarten.

Die geologischen Quellen der entsprechenden Roh­

stoffe werden seit fast drei Jahrzehnten erforscht. Vor allem in Ungarn, aber auch im Karpatenbecken kar­

tieren und sammeln wir laufend. Unser Ziel ist die Sammlung von Mustern der zur Herstellung von re­

tuschiertem Steinwerkzeug geeigneten Rohstoffarten, zum Zwecke der Referenz. Diese Primär- und Sekun­

därquellen können natürliche Austritte, aus irgend­

einer archäologischen Epoche stammende oder neu­

zeitliche künstliche Freilegungen, Seifen, Schwemm­

kegel von Flüssen, Moränen usw. sein. Manchmal wird man allerdings damit konfrontiert, dass im Jung- paläolithikum ein breiteres Spektrum der natürlichen Kraftquellen verwendet wurde, als heute identifiziert werden kann. Die Ausstrahlung der Tausch- oder gar gesellschaftlichen Beziehungen einer Gemeinschaft

kann am konkretesten mit der Entfernung der Rohstoffbeschaffungsplatzes charakterisiert werden.

Wir arbeiten mit drei Kategorien: lokale, regionale und aus großer Entfernung beschaffte Rohstoffe (Biró

-DOBOSI 1991, 8). Die Kategorien sind selbstver­

ständlich durchlässig: Obsidian kann lokal (Fundstel­

len am Rand des Tokaj-Eperjes-Gebirges), regional (Fundstellen des Nördlichen Mittelgebirges) oder fernbeschafft (z. B. transdanubische Siedlungen) sein.

Lokal (local): „distribution o f the rock not exceeding a day’s walking distance“. A uf Grund unserer prakti­

schen Erfahrungen gehen sie nicht einmal über die Entfernung von einigen Gehstunden hinaus: sie

„sitzen“ auf den Rohstoffquellen. Wir kennen kaum eine abschlaggeeignete Gesteinsentblöäung, in deren Umgebung sich keine bearbeiteten, Versuchsstücke befänden, mit denen man den Rohstoff testet.

Regional: „flexible category changing by age and culture. Roughly this term denotes raw materials used by the people/cultural unit inhabiting the environs of the source.“

Die wortwörtliche Interpretation der Bestimmung stößt deshalb auf Schwierigkeiten, weil wir die Gren­

zen der von den jungpaläolithischen Kulturen be­

wohnten Gebiete nicht kennen. Wenn wir von der vorangehenden Kategorie ausgehen, könnte die Grenze eine Entfernung von 1-2 Tagen Gehweg oder die maximale Sehentfernung sein.

Große Entfernung (long distance): „travelling over hundreds of miles from the source area, a cross-cul­

tural item“. Die Entfernung zwischen Quelle und Ver­

wendungsort betrug nicht selten mehrere hundert Kilometer.

In der Mehrheit der Fälle ist die Qualifizierung eines Rohstoffes eindeutig. Die Art, wie er zur Zielsta­

tion gelangte, und die Wegstrecke können nur theore­

tisch oder mit großen Lücken annähernd erkannt wer­

den.

Klassische long-distance-Rohstoffe sind folgende:

- Rohstoffarten mit dem Sammelnamen „nörd­

licher Feuerstein“ kommen von NW, NNW und von außerhalb des Karpatenbeckens: schlesischer errati­

scher Feuerstein (seine genau mineralkundliche Be­

stimmung stößt auf Schwierigkeiten), jurazeitlicher

„Schokolade“-Feuerstein der Umgebung von Krakau (einige Schaustücke) und der gesprenkelte Hornstein von Swieciechow, mit dessen Erscheinen seit der Aurignacien-Kultur zu rechnen ist.

- Der Anteil des vom Pruth, aus ca. 600 km Entfer­

nung gekommenen Rohstoffes erreicht in Esztergom- Gyurgyalag (Epigravettien-Kultur) 80 %, an den übrigen ungarischen jungpaläolithischen Fundorten ist sein Vorkommen zufällig. Eine der logischen Weg­

strecken, auf der er zu den ungarischen Fundstellen

(7)

kam, war das Maros-Tal durch ganz Siebenbürgen.

Unsere Hypothese wird dadurch bestätigt, daß dieser Rohstoff auch in der Epigravettien-Siedlung bei Sze­

ged vorkommt: gegenüber der Marosmündung in die Theiß.

- Bergkristall war in den älteren Klingen-Gravet- tien und auch in den Epigravettien-Siedlungen bekannt. Die wahrscheinlichste Quelle ist das in Luftlinie mindestens 400 km entfernte Ostalpenge­

biet.

Es ist das Ergebnis der Forschung der letzten Jahre, dass sich der Verbreitungs- und Verwendungskreis eines sehr charakteristischen Rohstoffes, des glä­

sernen Quarzporphyrs, erweitert hat. Der zur Herstel­

lung von Blattwerkzeug geeignete, plattenförmig spal­

tende dunkelgraue Rohstoff ist aus der Kategorie der lokalen Verwendung zum Entfernungsrohstoff aufge­

stiegen. Seit dem Ende des Mittelpaläolithikums kommt er bis zu den Epigravettien-Siedlungen im ge­

samten Land vor.

Belebte Umwelt

Unsere Angaben stammen aus Quellen zweier Typen:

- von jenen Fundorten, an denen es in Folge natür­

licher Prozesse aufgehäufte Funde gibt. Sie haben eine natürliche oder naturnahe Artenliste zur Folge.

- von archäologischen Fundorten, an denen die menschliche Auswahl eine lückenhafte, asymmetri­

sche, „humanisierte“ Artenliste ergibt.

Die Informationen, die sich den Mikrofossilien ent­

nehmen lassen, sind aus allgemein bekannten biolo­

gischen Gründen nur in begrenztem Raum gültig. Der Lebensraum der Schnecken ist eng, auch die Zahl der Pollen der durch Insekten bestäubten Pflanzen und ihre Verstreuungschance ist gering.

Die Vegetation

Die Rekonstruktion der Vegetation im Jungpalä- olithikum stützt sich auf die Ergebnisse der Palinolo- gie und Anthrakotomie (aus den früheren Abschnitten des Pleistozän sind in Ungarn auch Travertine mit sehr reichen Pflanzenabdrücken bekannt).

Die wichtigsten Fundorte zweier kultureller Ein­

heiten des Frühjungpaläolithikums sind die Szeleta- und die Istállóskő-Höhle (Tabelle 2).

Die Holzkohlen aus den Ausgrabungen in der Szeleta-Höhle sind statistisch nicht auswertbar, weil nur die Artenliste bekannt ist: Die Mehrzahl der Holzkohlen der entwickelten Szeleta-Schicht stam­

men von Pinus silvestris, wenig Larix-Picea und Juniperus (VÉRTES 1 9 6 5 ).

Tabelle 2. Die Holzkohlen der drei Kulturschichten vom Istállóskő (nach VÉRTES 1965)

Aurignacien I

Aurignacien 11

Spät- Eiszeit

Pinus cembra 70.8 % 22.1% 73.9%

Picea-Larix 20.7% 71.7% 20.4%

Andere Nadel­

hölzer - 5.4% 4.6%

Laubhölzer (Acer, Quer­

cus, Strobus)

8.1% 0,4% 0.7%

Das schon erwähnte Tokaj-Projekt hat auch in der Vegetationsforschung wichtige Ergebnisse erzielt. Die Schicht zwischen 28 und 26 000 BP war reich an Holzkohlen. Die herrschende Holzart, die Picea, ist die bestandbildende Art der heutigen borealen Taiga.

Wie rezente Beispiele beweisen, gibt es in Fich­

tenwäldern wegen der flachen Wurzelung oft Wind­

bruch und wegen des hohen Harzgehaltes Wald­

brände. Die in Lößprofilen häufigen und nicht mit archäologischen Fundorten zu verbindenden Holz­

kohlestreifen sind die Reste solcher sich regel­

mäßig wiederholender Waldbrände (SÜm e g i- Ru d n er

2001).

Die Vegetation des Spätjungpaläolithikums be­

stand in den Interstadialen aus den heutigen waldbild­

enden Baumarten (Eiche, Ulme, Linde, Esche), und bei den krautartigen Flora waren viele Wasserpflanzen typisch.

In den Stadialen waren die beiden bezeichnenden Vegetationstypen die baumlose Steppe und der Nadel­

wald. Die Baumvegetation beherrscht der gegenüber ökologischen Bedingungen tolerante, anspruchslose, aber lichtbedürftige Pinus silvestris. Er ist eine typi­

sche Pionierart. Die spezifische Baumart der kalten, aber niederschlagsreicheren Periode ist Larix decidua, die Baumart des gemäßigteren kalten Klimas die Picea abies. Den Anteil der Baumarten der Nadel­

wälder beeinflusst die Verstärkung oder Schwächung des aktuellen Klimafaktors. Unter den Laubbäumen bilden die verschiedenen Ainus-, Salix- und Betula- Arien kleine Baumgruppen, Galeriewälder an den Flüssen oder mischen sich mit den Nadelbäumen.

In der pleniglazialen kältesten Periode können wir in der Tiefebene mit einer baumlosen Löß-Steppen­

vegetation rechnen. Die Flora verarmt, in der territori­

alen Anordnung (Mitte der Tiefebene oder ihr Randgebiet zu den Gebirgen, östliche oder westliche Hälfte des Beckens) sind Chenopodiaceae bzw.

Artemisia typisch, als ungarische Eigenheit mit einer großen Menge von Poaceae-Pollen (JÁRA1NÉ KOM- LÓDI 2000).

(8)

Zunehmend mehr botanische Angaben bestätigen den Mosaikcharakter der Vegetation. Die mikrore­

gionalen Forschungen belegen die fortlaufende Exis­

tenz von Waldrefugien, z. B. um den Tokaj-Berg in Nordostungam. Von diesen Refugien aus erneuerten sich die Wälder, von dort aus setzte in den Inter­

stadialen die Bewaldung ein, und auch der Ab­

wechslungsreichtum der Baumarten und der relativ schnelle Ablauf der Bewaldung sind mit der Existenz dieser Refugien zu erklären (Ru d n e r-SÜMEGI 2001).

Nach Járainé Komlódi ist die Erhaltung dieser Re­

fugien dem Mosaikcharakter und fallweise den von den globalen abweichenden, vorteilhafteren Mik­

roumweltbedingungen (Südabhänge, Fluss- oder Quellennähe) zu verdanken. Die Baumarten mit großer Öko logischer Toleranz nutzten schnell die von den „Klimaoasen“ gebotenen günstigen Bedingungen (Járainé Komlódi 2000).

Diesen überzeugenden neuen botanischen Ergeb­

nissen fügt auch der Archäologe seine bescheidene Beobachtung hinzu: In den Pleniglazialen musste sich in der leicht erreichbaren Ungebung der provisori­

schen Siedlungen immer irgendeine Baumvegetation befinden (anders gesagt: Den Ort der Siedlungen mochte auch die Nähe einer Baumvegetation be­

stimmt haben): Auf den Feuerstellen der jung- paläolithischen Siedlungen befindet sich Holzkohle, und es gibt keine Spur von Feuerung mit Knochen, die in extrem kalter Umgebung allgemein ist.

Fauna

Die Klimaveränderungen im Spät-Pleistozän spiegeln sich markant in der Fauna sowohl der Weichtiere als auch der Wirbel/Säugetiere.

Der Grund für den Artenreichtum der Säugetier­

fauna ist, dass im Karpatenbecken in Folge seiner geo­

grafischen Lage mehrere Klimatypen ihren Einfluss ausüben. Im Wechsel der Anteile der einzelnen Taxo- nen spiegeln sich die lokal-regionalen Abweichungen von den globalen Tendenzen. Die Fauna ist eines der sensibelsten Elemente des Milieus, in dem sich die ar­

chäologisch-historischen Ereignisse abspielen.

Aus den Angaben von 212 Fundorten des Jung- Pleistozäns stellte I. Vörös die Grafik der Großsäuger­

arten zusammen (Abb. 2).

Die Abbildung illustriert anschaulich das ununter­

brochene, gleichmäßige Vorkommen einzelner Arten und das starke Schwanken des Anteils der „fossile di- rectoire“-Tierarten (VÖRÖS 2000).

An den archäologischen Fundorten kommen fast sämtliche bedeutenden Arten vor. Die Fauna der Siedlungen ist trotz der großen Variabilität eine aus­

gewählte Fauna (Tabelle 3).

S: Süttö, sensu lato Riss/Würm interglazial, 3 Fundorten V: Varbó: prae-Würm, 11 Fundorten

Sb: Subalyuk: Altwürm, Early Würm, 9 Fundorten Sz: Szeleta: Mittelwürm, Middle Würm, 55 Fundorten/sites I: Istállóskő : Interpleniglazial, 70 Fundorten

P: Pilisszántó: bis Würm Kalt-Maximum, till LGM, 32 Fundorten

B: Bajót: bis Holozän, till Holocene 32 Fundorten

Mamm.: Mammulhus, Coei.: Coelodonta, As.: Asinus, Rang.: Rangifer

Meg.: Megaloceros, Ale.: Alces, Cp.: Capreolus, D.: Dama, Cerv.: Cervus

Abb. 2. Die jungpaläolithische Großsägetierfauna (VÖRÖS 2000, fig. 1)

Die 19 9 0 zusammengestellte Tabelle (T. Do b o s i

2000a) wurde erweitert und verändert. Bei der Zusam­

menstellung bereitete die Interpretation des Materials der alten Höhlengrabungen Schwierigkeiten. In den Publikationen hatte man die Elemente der natürlichen und der bejagten Fauna schichtenweise zusammenge­

fasst behandelt (Tabelle 4). Bei den Arten mit teil­

weiser höhlengebundener Lebensweise ist auch mit natürlichem Sterben in der Höhle zu rechnen. Wenn sie dagegen zusammen mit dem Knochen- „Küchen­

abfall“, aufgebrochen-bearbeitet, gebrannt-geröstet, glaubwürdig mit dem Werkzeug gefunden wurden, sind sie Teil der bejagten Fauna.

(9)

Tabelle 3. Bejagte Tiere an jungpaläolithischen Fundorten

F u n d o rte F a u n a

Я Hochwild Kleinwild

R яJoli e re P flan z en fre 5 s e r R a u b te ? e Na ger

C C L L G U № C E A R M C R C g 8 S A V A IF M M M L P L C

a г У e и г a c Я l 3 e e u a о u V u i e a u e u u e a

n. о n о i s m e u c n g r P P s s s e Ii о 1 r 5- 1 t t P 5

СП.ГОП i €• X о u m 1 u e g a V r о s P P i t t e r о u 1

к y ea r

H ehle P e rm a n e m S a te ilte n s- О s u c s s i É u c a n e e s e e s a r S О

S iedlung Siedlung: 1 t c f о s a s X s- i i 7

t h c e c P a u

3. u n r e r •s

s t r a

a c-

1 2 L ovas Шi i ,

13 P ilism aró t ....;

14 . . .

15

16 E szterg o m

17 Á rka _ L™

16 M ad aras

J á s z fe is ö -

szenfcgyoryy i

19 S a g v ár t:_

M ogyorós 20 P ilisszá n tó О

21 M u l

22 и

23 ~зпса1

24 2 5

26 Nadia p ___

27 Meg v a s z ó

Honi

2 6 Püspökin a tvan

29 B o d ro g k e re sz

3DIstáHősko О

-

31 S z e k t a О 32 33

3 4

35

35 Istáílósko У 37

36 39 40 S z e te ia U

Ebenso ist es ein Teil menschlichen Eingreifens, wenn die verschiedenen Knochen in den geschlos­

senen und trockenen Höhlen nicht in der der Anatomie des Tieres entsprechenden oder annähernden Relation gefunden werden, sondern ihre Zahl signifikant ab­

weicht. So etwa beweist die auffallend große Zahl von trockenen Extremitätenknochen, dass die Tiere nicht in der Höhle umkamen, sondern zusammen mit dem abgezogenen Fell dorthin gelangten (Pelzdepot?)

Unter den Fundorten der Aurignacien-Kultur wurde ebenfalls in der Istállóskő-Höhle die reichste Fauna ausgegraben (Tabelle 5).

I. Vörös sammelte die Funde und führte ihre Revi­

sion durch. Auf Grund der Dokumentationen fixierte er die Lage der Knochen horizontal und vertikal und sortierte sie nach Tierarten und innerhalb dieser auch nach Körperregionen und Altersgruppen. In der Fauna dominiert der Höhlenbär (488 Individuen). Unter den Pflanzenfressern fanden sich in größter Zahl die Über­

reste von Rupicapra. In die Höhle kamen insgesamt 42 969 kg Fleisch. Der schichtenweisen Menge nach zu schließen, kann die Höhle in jeder Siedlungs- Niveau 15-20 Bewohner gehabt haben. Die Höhle kann zeitweise eine Siedlung mit allgemeiner Funk­

tion bzw. Zerstückelungsort oder Pelzlager gewesen

sein, je nach Siedlungsebene in Winter-Frühlings- bzw. Sommer-Herbst-Perioden (VÖRÖS 2003-2004).

In Aurignacien-Freilartdstationen wurde keine Fauna gefunden. Der für Nordostungam typische stark gebundene Gley begünstigt die Fossilisierung der Knochen und des Zahnschmelzes nicht.

Von den Siedlungen der Pavlov - (älteren Klingen- Gravettien) - Kultur gab es nur in Bodrogkeresztur eine auch statistisch auswertbare Fauna. Die Haupt­

beute waren Pferd zu 63 % und Elch, Alces zu 29 %.

Tabelle 4. Szeleta-Höhle, faunistische Liste (nach

VÉRTES 1 9 6 5 )

Species Früh-szeletien Hoch-szeletien Carnivora Herbivora Carnivora Herbivora

Ursus + +

Felis + +

Hyaena + +

Canis + +

Alopex + +

Megaceros + 4-

Ibex +

Equus +

(10)

Tabelle 5. Istállóskő-Höhle, faunuistische Liste (nach VÖRÖS 2003-2004)

Herbivorae % Ursus spelaeus % Carnivorae % Lepus %

Aurignacien I 111 1,9 5076 88,6 382 6,7 161 2,8

Aurignacien 11 185 7,6 1399 58,2 676 28,1 146 6,1

Total 364 3,4 8555 81 1261 11,9 381 3,6

Das „l’äge du renne“ verwirklicht sich im Kar­

patenbecken eher westlich der Donau. Östlich der Donau ist das Pferd ein dem Rentier gleichwertiges Beutetier.

Die in der Fauna der Epigravettien-Siedlungen der Tiefebene vorkommenden Eierschalen bereichern nicht nur die Speisekarte, sondern zeugen auch von Ansiedlung im Frühling (VÖRÖS 1 9 9 3 ).

Eine für die an ungarischen Epigravettien-Siedlun­

gen übliche ungewöhnlich abwechslungsreiche Fauna fanden wir an den Fundorten um Pilismatót:

Raubtiere: Canis, Gulo, Vulpes

Pflanzenfresser: Rangifer (mit Übergewicht), Bison, Equus Alces, Mammuthus Sus

Nagetier: Lepus (Vörös p.c.)

Die Erklärung ergibt sich aus der Topografie des Fundortes.

Die saisonale Rentierwanderung und die mit ihr verbundenen Großjagden (wie wir sie im Falle der Jagdstationen am Donauknie voraussetzen) bedeutet einen vorübergehenden zahlenmäßigen Anstieg der Raubtiere. Rezente Beispiele (so etwa die ostafrikani­

sche Gnuwanderung) belegen, dass an den Flussfurten die Herde ihren gewohnten Laufrhythmus verliert, sich aufstaut und verletzbar wird. An solchen Orten schlägt die allgemein geschätzte Pflanzenfresser- Raubtier-Relation von 400: 1 zu Gunsten der Raub­

tiere um - so auch in diesem Fall. Zwar ist die klassi­

sche Jagdsaison auf Pflanzenfresser und Raubtiere un­

terschiedlich, doch tauchen Raubtierüberreste in ge­

ringer Zahl in den damaligen Freilandstationen auf.

Besonders erwähnt sei die Fauna der auf das letzte Ende der Eiszeit datierten Ockergrube von Lovas.

Sie spiegelt nicht die primären Ziele der Jagd (Fleisch und/oder Pelz) wider, obwohl gewiss das Fleisch und das Fell nicht verloren gingen. Der Bestand von insgesamt 130 St. besteht zu 80 % m s Al­

ces alces. Dieser Anteil übersteigt weit das Alces- Vorkommen in den damaligen paläontologischen Fundkomplexen. Aus dessen Knochen, vor allem der Ulna, verfertigte man das spezielle Bergmanns­

werkzeug (T. Dobosi 2006).

Der Nachteil und Vorteil der Weichtierfauna als Klimaindikator ist dasselbe: ihre große Empfind­

lichkeit gegenüber mikroklimatischen Faktoren.

Deshalb eignet sie sich wenig für die Rekonstruktion globaler Prozesse, wohl aber hervorragend für die der mikroregionalen Ereignisse und Umwelt. Die Ausge­

setztheit, die Bedeckung mit Pflanzenwuchs, die Luft­

feuchtigkeit, die Menge des in die Schale einzubauen­

den СаСОз usw. spiegeln innerhalb der klimatischen Tendenzen die lokalen Gegebenheiten wider.

In Ungarn ist seit Beginn des Studiums der Eiszeit die malakologische Forschung erfolgreich. In Folge dessen ist die terrestrische Schneckenfauna des Kar­

patenbeckens gut bekannt. Ergänzt durch die botani­

schen (Pollen und Holzkohle) und wirbeltierfaunisti- schen Angaben kann die Klimageschichte des Jung- Pleistozäns und in ihm auch der pleniglazialen B- und der spätglazialen Periode in komplexer Weise re­

konstruiert werden.

Mit der Auswertung der Schneckenfauna der großen Lößprofile und mit ihnen zu verbindenden ar­

chäologischen Fundorte haben E. Krolopp und P.

Sümegi einen malakologischen Standard zusammen­

gestellt, der die ins Einzelne gehenden, auf 2000 Jahre aufgeteilten ökologischen Veränderungen festhält:

27-25 Kyear BP xerophile Elemente vorherrschend, das Attribut der extrem kalten Klimaverhältnisse ist die Pupilla triplicata.

25-22 Kyear BP: ln einem charakteristischen Niveau in mehreren groäen Löäprofilen der Subzone zeigt Vallonia tenuilabris ausgesprochen kaltkontinentale Steppenverhältnisse an.

In dem Interstadial der Periode sind mildes Klima liebende Arten dominant; die charakteristische Art ist Granaria frumentum. Die Zonula Vallonia enniensis zeigt den heutigen ähnliche, feuchte und gemäßigte klimatische Umstände. Am Ende des Interstadials finden sich extrem trockene Verhältnisse anzeigende Arten {Pupilla triplicata), die dann von kältever­

träglichen und mesophilen Arten abgelöst werden.

Um 22-20 Kyr ist mit einem relativ milderen und niederschlagsreicheren Klimaabschnitt zu rechnen, mit mesophiler, sehr toletanter Malakofauna.

20-18 Kyr: Würm-Kaltmaximum, kaltkontinentale Steppe, Namengeber der Periode ist Columella co­

lumella (SÜMEGI-KROLOPP 1995).

Archäologisch ist dies die Periode des älteren Epi- gravettien-Abschnittes und der Ságvárien-Kultur. Und

(11)

hier liegt der bereits genannte Widerspruch der LGM- (Late Glacial Maximum)-Periode: Die archäologi­

schen Fundorte liegen in interstadialem Embryonal­

boden, die Schneckenfauna zeigt ein extremes Klima an und ihr absolutchronologisches Datum ist dasselbe.

Die Ságvárien-Siedlung von Madaras ergab geringes archäologisches und reiches Malako-Material. In dem 8,5-9 m dicken, etwas sandigen, typischen Löß wur­

den zu 39 Taxonen gehörige 30 000 Weichtierüber­

reste gefunden. Die Liste enthält zumeist allgemein vorkommende Arten großer ökologischer Toleranz.

Die Kulturschicht lag in 6,8-7,2 m Tiefe. Auf diesem Niveau verringert sich der Anteil feuchtigkeitslieben­

der Arten. Häufiger sind die auch trockeneres Klima vertragende Vallonia costata, und auch wärmelie­

bende Arten (z. B. Helicopsis striata) erscheinen (Krolopp 1989).

Die Schicht über der paläolitischen Siedlung ent­

spricht malakologisch dem Liegenden der Siedlungs­

schicht von Pilismarót, was die absolutchronologi­

schen und archäologischen Angaben eindeutig bestätigen: Das Epigravettien-Pilismarót ist jünger als das Ságvárien-Madaras.

In der Ságvárien-Kulturschicht von Mogyorósbánya wurden ausschließlich Arten von großer ökologischer Toleranz gefunden. Kaltindikatorarten (Columella, Vallonia) machen ein Viertel der Fauna aus, wärme­

liebende Arten (Chondrula, Helicopsis) weniger als 10 %. Die häufigste mit 36 % ist die kältetolerante feuchtigkeitliebende Succinea oblonga (Krolopp

1992).

18-16 Kyr: Namengebende Arten der relativ mil­

deren, niederschlagreicheren Periode (Ságvár-Las- caux-Interstadial): Punctum pygmaeum-Vestia tur­

gida. Ausgehend von den geschützten Refugien be­

walden sich die südlichen Landesteile und einzelne Bereiche des Mittelgebirges, es beginnt eine neue Bodenbildung. Archäologisch gehört hierzu der jüngere Epigravettien-Abschnitt.

In Esztergom gab es 17 Taxone, mehrheitlich die öko­

logisch resistente Löß-Schnecke. Der Anteil der extre­

men, sowohl wärmere als auch kältere klimatische Bedingungen indizierenden Arten ist niedrig. Das 6

%ige Vorhandensein der in einem relativ seltenen und engen Intervall vorkommenden Art Vestiga turgida bestimmt den sicheren molluskenstratigrafischen Ort der Kulturschicht. Insgesamt deutet sie den hinsicht­

lich der Temperatur gemäßigteren und nieder schlags­

reicheren Abschnitt an. Die Oberfläche bedeckte in der Vegetationsperiode Graspflanzenwuchs mit ve­

reinzelter Baum vegetation (Krolopp 1991).

An zwei Fundorten der (Epigravettien) Siedlungs­

kette in der Umgebung von Pilismarót, in Diós und

Pálrét, ergab sich die Möglichkeit einer malakologi- schen Bewertung.

Ein Beispiel der beschränkten Gültigkeit der Weichtierfauna: der Unterschied der Malako-Fauna zweier zeitgleicher Epigravettien Siedlungen in we­

nigen hundert Meter Entfernung voneinander, ln der von Hügeln umgebenen, geschützten, auf einem nied­

rigeren Rücken liegenden Siedlung ist der Anteil der ein kalt-feuchtes Mikroklima andeutenden Weichtier­

arten niedriger und setzt eine weit reichere Vegetation voraus als der der Witterung ausgesetzte, auf einer of­

fenen Landzunge windumstrichene andere Schauplatz (T. DOBOSI etal. 1983, 304-305).

Siedlungsstrategie

Die altsteinzeitlichen Gemeinschaften werden bei der Auswahl des Ortes ihrer Siedlung zahlreiche ständige Gesichtspunkte erwogen haben. Bei der Höhlenauswahl ist keine Gesetzmäßigkeit zu ent­

decken. Unterschiedlich sind absolute und von der Talsohle gemessene Höhe, Orientierung und Größe.

Nur die ausgewählten Stellen können bezeichnend für den Anspruch sein, den eine Gemeinschaft gegenüber dem Wohnplatz erhob. Das gilt für die ständig oder kurzzeitig bewohnten Höhlen sowohl der Szeletien-, als auch der Aurignacien- und Epigravettien-Kultur.

Die mehrschichtigen Freilandstationen sind der Beweis: Bei der geringen Bevölkerungsdichte kehrte man unter den vielen Schauplätzen anscheinend iden­

tischer Gegebenheiten immer wieder in dasselbe enge Gebiet zurück, ohne Kenntnis von der Hinterlassen­

schaft der Vorgänger zu haben. Gesichtspunkte konn­

ten Ausgesetztsein oder Geschütztheit des gegebenen Ortes, leichte Zugänglichkeit mehrerer ökologischer Nischen (niche), Rohstoffquellen, Entstehung sich ständig einschneidender Täler oder ihre Auffüllung, Nähe von Wildwechseln oder Furten usw. sein.

Die Freilandstationen der Aurignacien-Kultur fin­

den sich in den niedrigeren Regionen des Nördlichen Mittelgebirges, am Südrand der Bükk-Mátra-Cserhát- Gebirge.

Acsa: Der Fundort ist ein Bestandteil herausragender Bedeutung jenes 50-60 km2 großen Gebietes an beiden Seiten der Galga, in dem sich bei den reichen hydrothermalen Rohstoffquellen Werkstätten ansie­

delten (Csongrádi -Balogh -T . Dobosi 1995) und an dem das Fundmaterial von zahlreichen Kulturen des Mittel- und Jungpaläolithikums gesammelt werden kann. Rovnya: 270 m hoher Hügel, ein Flur­

teil östlich vom Dorf Acsa, der Fundort liegt auf dem nördlichen, nicht mehr höchsten Punkt des Pla­

teaus.

(12)

Andornaktálya (KoztOWSKl-MESTER 2003-2004):

Am von N-S gerichteten Bachläufen zerschnittenen S-Fuß des Bükk-Gebirges, am O-Talrand des Eger- Baches, oben auf einem steilen, durch Täler separier­

ten 191 m hohen Hügel.

Nagyréde (Lengyel et al. 2006): Die Funde wurden am rechten Ufer des Baches von Nagyréde auf einem 187-200 m hohen Hügel am Süd-Rand des Gliedes vulkanischen Urprungs (Mátra) des Nördlichen Mit­

telgebirges gesammelt.

Galgagyörk (MARKÓ et al. 2002): Cserhát ist das westliche, archäologisch am wenigsten erforschte Glied des Nördlichen Mittelgebirges, eine niedrige, an ihrem höchsten Punkt kaum 600 m hohe Landschafts­

einheit. Seine zerschnittenen, durch steile Abhänge und Schluchten begrenzten Plateaus verleihen der Gegend das Aussehen eines Mittelgebirges. Der Fund­

ort liegt am Süd-Rand des Cserhát an der Ost-Seite des breiten Tales des Galga-Baches auf einem 235-240 m ü. M. hohen Rücken.

Untersucht man die Topografie der Pavlovien- Fundorte im mittleren Abschnitt des Jungpaläoli- thikums, lassen sich gewisse Tendenzen bei der Ortswahl der Siedlungen beobachten. Die Siedlungs­

strategie der Periode wird von dem Faktum bestimmt, dass ein großer Teil der Innengebiete des Beckens, das von Fluss- und Bachtälern zerschnittene Lößgebiet, als ideal geeignet zu betrachten ist. Bei der Verteilung der Siedlungen beider Perioden zeigen sich jedoch Unterschiede, auch wenn wegen der geringen Zahl der Fundorte diese Tendenzen noch nicht Gesetz­

mäßigkeiten genannt werden können.

Die Volksgruppen der älteren Klingen- oder Pavlov-Siedlungswelle wählten den Südrand der Mit­

telgebirge, terrassenartige Abhänge am Gebirgsfuß, 180-200 m hohe Hügel. Diese waren unterschiedlich nutzbare, strategisch wichtige Orte, wie es im Falle des am besten untersuchten Bodrogkeresztur offen­

sichtlich ist. Es ist der Berührungspunkt mehrerer, grundsätzlich unterschiedlicher ökologischer Nischen innerhalb weniger Quadratkilometer:

Im Takta-land (zwischen den zwei Flüssen: Theiss und Takta), westwärts von Bodrogkeresztur, gibt es die reiche und wechselhafte Wasser- und Festland­

fauna des Sumpf-Ebenen-Biotops (Leitfauna: Alces), in der trockenen Grassteppe der Tiefebene Mam- muthus und Equus, und im Norden ist das für das Beutemachen am wenigsten genutzte Mittelgebirge wiederum eine reiche Quelle unterschiedlicher Rohstoffe. Das Gebiet ist eines der Zentren, die das ganze Karpatenbecken (eventuell auch entferntere Ge­

biete) mit Obsidian versorgten. Auf Grund bisheriger Erfahrungen sind diese Siedlungen sehr ausgedehnt und weniger intensiv.

Auf dem gesamten Hügel sind dünn verstreute Siedlungserscheinungen zu finden, mit einem oder mehreren Siedlungsniveaus. Der Streucharakter ändert sich auch nicht in den aufeinander folgenden Niveaus.

Diese Siedlungsstruktur kann eher die kurzzeitige Niederlassung einer größeren Gemeinschaft als das re­

lativ ständige Wohnen einer kleinen bedeuten. Dauer­

hafte, fest in die Erde eingetiefte und im Boden befes­

tigte Bauten, für Basissiedlungen typische Siedlungs­

erscheinungen, exotische Gegenstände und Kunst­

werke fehlen.

Im Spätjungpaläolithikum stellt man nach dem gegenwärtig einheitlich scheinenden Bild im Mit­

telabschnitt des Jungpaläolithikums eine Veränderung fest. Nach einem einige Jahrtausende dauernden Hiatus finden sich als Nachfolger des älteren Klin- gen-Gravettien-Komplexes (Pavlovién) die jüngeren Klingen-Komplex (Epigravettien). Die Verbindung zwischen den beiden Fila bildet die Werkzeugbe­

arbeitungstechnik auf Klingenbasis. Es taucht eine Technologie auf Geröllbasis bisher unbekannter Vorgeschichte auf, deren eponymer Fundort Ságvár und reichstes Fundort Mogyorósbánya ist.

Zwei „exotische“ Fundorte gehören chronologisch zu dieser Gruppe: das hinsichtlich Werkzeugspekt­

rum wie Rohstoffquelle beispiellose Esztergom-Gyur- gyalag und das Farbengrube Lovas mit dem aller­

spätesten absolutchronologischen Datum der Eiszeit in Ungarn. Die kulturelle Variabilität ist allerdings das Zeichen einer sich zunehmend steigernden Unab- hängigkeitmachung von den ökologischen Umstän­

den.

Die Bevölkerung der beiden kulturellen Fila (jün­

gere Klingen- bzw. Ságvárien-Filum) wählten unter­

schiedliche Siedlungsstrategien.

ln der topografischen Lage der vier freigelegten Ságvárien-Fundorte läßt sich keine kulturspezifische Gesetzmäßigkeit entdecken. Sie haben sich den völlig identischen ökologischen Bedingungen angepasst wie das andere Filum der Epoche, die Epigravettien (jüngere Klingen-)-Facies. Die Siedlungsstruktur der Ságvárien-Facies ist die komplexeste. In Ságvár wur­

den in zwei Kulturschichten eine halb in die Erde eingetiefte (semisubterrain) Wohnhütte (GÁBORT- GÁBORI 1957) und in Mogyorósbánya ein zumindest aus vier Wohneinheiten/Zeltgrundriä(?) bestehender Komplex gefunden: vier, voneinander durch 20-30 m breite Fundrettungsstreifen getrennte Fundkonzentra­

tionen mit ovalem Grundriß.

In Madaras wurden in der Lehmgrube der Ziegelei viele Erscheinungen vor der Beglaubigung vernichtet, aber die zahlreichen freigelegten großen Feuerstellen sind als Zeichen intensiven dortigen Aufenthaltes zu interpretieren.

(13)

Die Siedlungen der beiden chronologischen Ebenen (18-16 000 bzw. Ende der Eiszeit) der Epi- gravettien-Kultur sind auch voneinander isolierte pro­

visorische Stationen kleiner Jägergemeinschaften. Das archäologische Fundmaterial beider chronologischer Horizonten ist einheitlich, aber von unbedeutender Qualität und Menge.

Zur Illustration der Siedlungsstrategie eignet sich am besten die Siedlungskette um Pilismarót.

Sie liegt am Donauknie in der Umfassung eines rechteckigen Dreiecks: dem späteiszeitlichen 157-160 m ü. M. hohen Lößzug. Der von dem Dreieck ein­

geschlossene Innenbereich ist das alluviale Über­

schwemmungsgebiet des Flusses, in durchschnittlich 107-108 m Höhe ü. M.

Die periglazialen Klimaverhältnisse des Pleistozän.

Die vulkanischen Gebilde waren in Folge von Erosion Schauplätze eines Ausgleichsprozesses. Diese ober­

flächenformenden Kräfte haben zusammen mit dem Terrassenbau der Donau nordwestlich von Pilismarót diese Hügelreihe geschaffen. Das 160 ± 1-3 m ü. M.

hohe Plateau wird von aktiven oder Trockenbach- tälern durchschnitten. Diese Täler, Talanfänge lagen auf der Wegstrecke der periodisch/jahreszeitlich aus den Gebirgen über die Donaufurten in die Ebenen der Kleinen Tiefebene und zurück wandernden Rentier­

herden. Hier, auf diesem einige Quadratkilometer großen Gelände mag sich in Mikromaßen die die Er­

haltung der ,,1’äge du renne“-Jägergemeinschaften sichernde Geschehnisreihe abgespielt haben. Der Rand der Täler war der ideale Ort der Jägerstationen.

Die paläolithischen Siedlungen reihen sich in 4-500 m Entfernung, in Hör- und Sichtweite auf den Terrassenrändern aneinander. Zwischen den bisher bekannten Endpunkten kennen oder vermuten wir acht durch Ausgrabungen beglaubigte und mindestens noch ebenso viele aus Oberflächen-Streufunden be­

kannte weitere Siedlungen. Die paläolithischen Fund­

orte waren in unterschiedlicher Weise von der Ober­

flächengestaltung betroffen. Eine erheblichere Erosion der Terrassenränder war bereits das Ergebnis der im Holozän geänderten Niederschlagsverhältnisse. Wo dieser Prozeß stark war, dort keilte die Kulturschicht aus, sie wird beschädigt. Zumeist illustriert diesen Prozess jedoch nur die Differenz zwischen dem Neigungswinkel der heutigen Oberfläche und der Kul­

turschicht bei der Ausgrabung.

Für die Intensität der Siedlung ist bezeichnend, dass sie von zwei tiefen Tälern in die Donau fließen­

der Bäche unrahmt wurde, in sämtlichen in dem etwa hektargroßen Gebiet geöffneten Forschungsgräben be­

fand sich gerade so viel Fundmaterial, dass es die stra­

tigrafische Lage der Kulturschicht unbezweifelbar werden ließ. Die geringe Intensität der Fundorte und die Dichte der Funde sind nur als geringer Abfall einige Tage langer Niederlassung zu bewerten. Dabei lagen am Rand der Terrassen die ovalen Fundkonzent­

rationen mit 3—4 m Durchmesser. Obwohl sich keine Spuren der Befestigung von Aufbauten (Pfostenloch usw.) fanden, wird es gewiss irgendeinen provisori­

schen Windschirm oder ein Zelt über dem Wohnraum gegeben haben. Die kleinen wandernden Gemein­

schaften der Gravettien erscheinen auch schon in der Tiefebene. Unseren bisherigen Kenntnisse nach sind sie die Pioniere in der nördlichen Tiefebene. Ihre kurzzeitig bewohnten, provisorischen Stationen finden sich auf den lößbedeckten eiszeitlichen Restober­

flächen. Die ca. 100 m ü. M. liegenden, schwach ge­

gliederten Überschwemmungsterrains bilden einen Übergang zwischen den Abhängen am Fuß der Ge­

birge und der flachen Tiefebene. Teils in 80-120 cm Tiefe unter der gegenwärtigen Oberfläche liegen (Jászság), teils in typische Löß-Schichtenreihen/Emb- ryonalböden, mehrere Meter unter der heutigen Ober­

fläche (Szeged).

Von den jüngsten Siedlungen des Spätjungpaläoli- thikums, die an das Ende des Würms datiert werden, wissen wir am wenigsten. An den Epigravettien-Fund- orten (Jászság, Pilismarót) wurde unter dem Humus, üblicherweise in stark gestörter Position ein Fund­

niveau gefunden. Selbstständige Siedlungen vermuten wir an den Fundorten, an denen 1 bis 2 Streufunde in Sedimenten der Zeit 11-12 kyear (eine der kleinen In­

terstadialen, Alleröd?) gefunden wurden (Dunaföld- vár, Zalaegerszeg). Die Streufunde konnten vorerst noch nicht beglaubigt werden.

Die einige hundert Jahre dauernden Klimaereig­

nisse der spätesten Eiszeit sind wenig bekannt, ihr ar­

chäologischer Kontext ist noch ungeklärt. Die aus der Späteiszeit-Frühholozän-Periode erhalten gebliebenen Moore bieten Informationen über eine enge geografi­

sche Region, über die ökologischen Verhältnisse eines spezifischen Wasser-Lebensraums. Die botanischen Beweise und faunistischen Folgen des Verlaufes der Erwärmung, der Veränderung der Vegetation und des Beginns des Pflanzenanbaues illustrieren bereits die Lebensumstände der mesolithischen und dann der na­

hrungsmittelproduzierenden Gemeinschaften.

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