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Die heanzischen Mundarten des Burgenlandes im Wandel unseres Jahrhunderts 1

In document 34 . Budapest 1999 (Pldal 89-99)

Wenn man den burgenländischen deutschen Mundarten im Gesamtbild der österreichischen Dialekte betrachtet, fällt einem sofort ihre Einzigartigkeit auf. Es gibt hier Wörter, die in ganz Österreich nirgends sonst mehr auftau­

chen; das ist etwa Kittingfür ein Wirtschaftsgebäude, eine Art Speicher, das ist etwa Hotter (aus ungar. hatär) für Gemeindegebiet und seine Grenzen, das ist Lekwa für Marmelade aus altdeutschem Leckware, das ins Ungarische kam und von dort zurück ins Deutsche. Ebenfalls aus dem Ungarischen kommen mundartliche Wörter: Wiiga für „Stier“, Tssikal für „Fohlen“ und Go kos für

„Hahn“. Jenseits der burgenländischen Grenzen sind diese und viele ande­

re W örter nicht mehr zu finden und kaum zu verstehen. Aber erst im Laut­

lichen: Im ganzen Burgenland sind die Anlautskonsonanten verhärtet: Pam für Baum, das etwa in Niederösterreich oder in Wien Bam lautet, Toch für Dach, das in den angrenzenden Mundarten Doch genannt wird, aber auch Ssuntafür Sonntag mit einem „scharfen s“ im Anlaut oder Kruifür Krug, das im Nachbargebiet Grua oder Grui lautet. Das vielbesprochene ui für mit­

telhochdeutsches uo in guidfür guad, Bluidfür Bluad, H uidfür Huadist zwar auch charakteristisch, aber es hat nachbarliche Entsprechungen in der so­

genannten „steirischen Heanzerei“ und im nördlichen Niederösterreich, im Weinviertel. Dort heißt es Muida, da Bui schlogd de Ghui dos ois bluitn duid (Mutter, der Bub, schlägt die Kuh, daß alles bluten tut). Früher einmal war, wie wir aus verschiedenen Texten und besonders aus Urkunden wissen, dieses ui weiter verbreitet im ganzen Osten Österreichs, auch in Wien wur­

de es gesprochen, seinerzeit im 18. Jh. sogar am kaiserlichen Hof, wie man aus Aussprüchen der Kaiserin Maria Theresia weiß.

Weitere Merkmale des Burgenlandes sind die zahlreichen Diphthonge und Triphthonge für sonst übliche Monophthonge: Jour für Jahr, Gourtn für Garten, fäirti für fertig, Käitßn für Kerze, Woinlais für Weinlese, Häuöltß für Holz. Auch dafür gibt es in der steirischen Nachbarschaft gewisse Paralle­

len.Das strikte Herausfallen der burgenländischen Mundarten aus den an­

deren österreichischen Dialekten macht geradezu den Eindruck, als hätte man hier eine Sprachinsel vor sich. Das ist in einem gewissen Sinne auch richtig, wenn man bedenkt, daß dieses Burgenland erst nach dem ersten Weltkrieg zu Österreich gekommen ist. Als Deutsch-Westungarn hatte es eine einsame Position in magyarischer Umgebung. Die Schul- und Amts­

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spräche war ja Ungarisch. Die Dialekte lebten völlig isoliert vom gesamten Verkehrsleben in einer eigenen Welt. Gerade wegen dieser seiner Einzig­

artigkeit wird dem Burgenländischen von der österr. Dialektforschung auch eine besondere Bedeutung zugemessen.

Seitens der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und ihrem „In­

stitut für österr. Dialekt- und Namenlexika“ wurde dem Burgenland schon früh große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Wiener mundartkundliche Schu­

le, gegründet von Josef S e e m ü lle r um die Jahrhundertw ende ließ For­

schungsarbeiten anstellen.

Einige seien hier genannt:

Karner, Hans, Lautlehre der hianzischen M undart von Rechnitz und Umgebung (Diss. masch. Wien 1933).

Laky, Alexander, Lautlehre der M undart des Pinkatals (ungedr. Diss.

Wien 1937).

Rauchbauer, Paul, Die deutschen M undarten im nördlichen Burgen­

land (Diss. Wien 1932).

Zum Teil sind kurze Auszüge aus diesen Dissertationen gedruckt in den burgenländischen Heimatblättern erschienen. Niemand hielt es aber bisher für nötig, diese interessanten Arbeiten in den Druck zu bringen.

W ährend der Amtstätigkeit Prof. Eberhard Kranzmayers an der Univer­

sität Wien entstanden unter seiner Leitung acht wissenschaftliche Arbeiten (Dissertationen wie Hausarbeiten) über die M undarten des Burgenlandes.

Keine davon wurde veröffentlicht. Es handelt sich in alphabetischer Rei­

henfolge um die folgenden Untersuchungen:

Grabner, Sr. Maria Emelia: Die M undart von St. Johann am Heiden­

boden, Westungarn, Lautliches und Wortkundliches (Diss. 1959).

Gräftner, Peter: Lautlehre der Ortsmundarten von Apetlon, Gols und Weiden im burgenländischen Seewinkel (Diss. 1966).

Högler, Helga: Die Mundart von Pötsching im Burgenland. Eine sprach- biologische Studie (Diss. 1961).

Krings, Martha: Die M undart von Edelstal im nördlichsten Burgenland (Diss. 1965).

Seidelmann, Erich: Lautlehre der M undart von Mörbisch am Neusied­

lersee (Diss. 1957).

Szmudits, Friederike: Die M undart von Mattersburg. Eine wortsoziolo­

gische und sprachbiologische Untersuchung (Diss. 1961).

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Unter meiner Leitung entstanden an der Universität Wien folgende nicht publizierte wissenschaftliche Untersuchungen über die Mundarten des Bur­

genlandes:

Braun, Annemarie: Der mundartliche Wortschatz des Burgenlandes (Diss.

1976). (Diese Arbeit fußte auf Tonaufnahmen unseres Institutes, sie wäre der gegebenen Ausgangspunkt für ein Wörterbuch der burgenländischen Mundarten).

Wallner, Herwig: Der burgenländische M undartdichter Adolf Roth - Leben, Werk, Sprache. (Dipl. Arbeit 1988).

Zapfel, Elke: Die burgenländische Mundartdichterin Mida Huber - Le­

ben, Werk, Sprache. (Dipl. Arbeit 1988).

Kranzmayer und ich haben außerdem in der Allgemeinen Landestopogra­

phie des Burgenlandes Aufsätze über burgenländische Mundarten veröf­

fentlicht; Kranzmayer im Bd. 1 (1954) über die Mundarten des Bez. Neu­

siedl, ich im Bd. 2 über Eisenstadt und im Bd. 3 über die Mundart des Bezirkes Mattersburg. Dort finden sich weitere Literaturangaben über burgenländi­

sche Mundarten. Das heißt, die wissenschaftlichen Voraussetzungen für eine weitere Ausweitung sind geschaffen.

Als zu Beginn der 50er-Jahre das Phonogrammarchiv der Österr. Akade­

mie der Wissenschaften an Stelle der alten Aufnahmegeräte auf der Basis des Phonographen mit der Herstellung von Magnetophonaufnahmen be­

gann, wurde 1952 eine erste Tonaufnahmeexkursion der W örterbuchkom­

mission gemeinsam mit dem Phonogrammarchiv unter der Leitung von Uni.- Prof. Dr. Eberhard K ra n z m a y e r in dessen Heimat Kärnten unternommen und nachdem sich diese bewährt hatte, sofort mit einer Tonaufnahmefahrt durch das Burgenland begonnen. Bei der anschließenden Vorführung sol­

cher Aufnahmen vor dem damaligen Landeshauptmann Karall wünschte dieser, daß alle Orte des Burgenlandes in alle Landessprachen aufgenom­

men würden. Das Burgenland ist das einzige Bundesland Österreichs, in dem eine solche das gesamte Gebiet abdeckende Aufnahme der M undar­

ten durchgeführt wurde. Jahr für Jahr wurde eine Woche hindurch jeweils ein Bezirk des Burgenlandes besucht und die Sprache von ca. 100 Perso­

nen aufgenommen. Die Ergebnisse waren geradezu überwältigend. 23Jah- re nach der ersten Überblicksaufnahme der burgenländischen Mundarten veranstaltete ich im September 1975 in denselben Orten, die zum ersten Mal 1952 aufgenommen wurden, in denselben Familien und, wenn es mög­

lich war, mit denselben Gewährsleuten oder ihrer unmittelbaren Nachkom­

men eine solche große Aufnahmefahrt. Es zeigte sich besonders in der nörd­

lichen Hälfte des Landes ein gewaltiger Einbruch hinsichtlich der Erhaltung 89

alter Sprachformen wie auch deren Inhalte. In einem Ort, in dem ich sei­

nerzeit eindrucksvolle Weihnachtsbräuche aufgenommen hatte, erhielt ich auf die Frage nach Weihnachtsbräuchen die ernüchternde Antwort „Fern­

sehen“. Sehr unterschiedlich war die Reaktion der Gewährsleute auf das Vorspielen der alten Aufnahmen ihrer Eltern oder sonstigen Verwandten.

Während die einen in Tränen der Rührung ausbrachen, lachten viele und hielten derartig Kindisches oder Altmodisches nicht für möglich.

Es wäre hoch an der Zeit, wieder eine Aufnahmetournee im Burgenland zu starten. Vielleicht könnte der im Burgenland seit einiger Zeit bestehen­

de „Hianzenverein“ eine diesbezügliche Tätigkeit aufnehmen.

Das gesamte wirtschaftliche Leben des Burgenlandes hat sich im Laufe der letztenjahrzehnte grundlegend verändert. Dies führte nicht nur dazu, daß alte Arbeitsmethoden durch neue abgelöst wurden und damit ein großer Teil des alten Wortschatzes verloren gegangen ist. Auch z. B.: die Vorstel­

lung von Truten und Hexen, die ich im ganzen Burgenland seinerzeit ge­

nau aufgenommen habe, ist den Menschen begreiflicherweise entschwun­

den. W ährend vor einigen Jahrzehnten tatsächlich an deren Dasein und Eingriff in das menschliche Alltagsleben geglaubt wurde, sind dies heute nur Spukgeschichten, die man wie einen Scherz erzählt. Eine häufig vertre­

tene Sage berichtete von einem Bauern, der sich darauf einließ, an einem bestimmten Abend den Tanzplatz der Hexen zu besuchen, wo er mit aus­

gezeichneten Krapfen bewirtet wurde, von denen er eine Probe mit heim­

nahm. Als er sie zu Hause aus seiner Rocktasche nahm, waren es jedoch

„Roßknödel“ (Pferdeäpfel). Sehr erwähnenswert ist es auch, daß wir bei der kompletten Bestandsaufnahme immerhin in 16 Orten Aufnahmen von Ge­

währsleuten machten, deren zunächst vorgeführte deutsche Mundart mir höchst verdächtig erschien. Auf meine Frage, welchen Dialekt sie sprächen, sagten sie, „taitsch“ mit so eigenartiger Aussprache, daß ich sie fragte, ob sie nicht doch daheim „krowotisch“ sprächen, was sie schließlich auch Z u ­ gaben. Wir erreichten mit Mühe, daß sie nun in ihrem kroatischen Dialekt sprachen: sie baten uns aber diese Aufnahmen nicht vorzuführen, da sie sich offiziell nicht zur kroatischen, sondern zur deutschen Muttersprache bekennen. Diese Aufnahmen wurden über Verfügung des damaligen Lei­

ters des Phonogrammarchives, Prof. Dr. Walter G raf, gesperrt und können nicht öffentlich vorgeführt werden. Wir haben es hier mit Menschen zu tun, die ihre Sprache gewechselt haben zu Gunsten einer anderen, deren Ge­

brauch ihnen in verschiedener Hinsicht erfolgversprechender erschien. Der burgenländische Dialektdichter Eugen M ay er hat das Wechseln der Ge­

bräuche und Ansichten in einem Gedicht „da Wechsl“ zum Ausdruck ge­

bracht:

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Van erseht homa d’Ochsn gegnan an Traktra eingwechslt.

Daonn homa d’Roß gegnan an Mercedes eingwechslt.

Ad dös aufi hot da Ahnl d’Wölt gegnan Himmel gach eingwechslt.

D A hnl wieda hot ihr Ausnaohnsstibal gegnan an Plotz in Oltersheim eigwechslt.

Hiaz hom s mi nochdem in Heargoat vom Winkerl und d’Heilinga untn färbinga Lampal gegnan an Foabfeanseha eingwechslt.

Und du moanst, daß oan gibt, der den Wechsl a wieda einwechslt?

Kunnt scha sein,

oba hiaz dawal lebm ma holt wia a u sg w e c h slt.2

Die Tonaufnahme-Exkursion desjahres 1975 fand vom 14.- 22. September statt, sie wurde von der Burgenländischen Landesregierung finanziert und von Herrn Stefan B eh o fsits vom Landesarchiv in Eisenstadt organisiert und in dankenswerter Weise betreut. Die Aufnahmen wurden in den Zen­

tren Güssing (15./16. Sept. 1975), Oberwart (17. Sept.), Oberpullendorf (18.

Sept.), Eisenstadt (19. Sept.) und in Neusiedl (20. Sept.) gemacht, wo sich die von Herrn Behofsits im Zuge der Vorbereitungen kontaktierten Ge­

währspersonen einfanden. Am 20. Sept. wurden in Neusiedl, am 21. Sept. in Eisenstadt und am 2. Sept. in Oberwart durch den Slawisten Prof. Dr. Ger­

hard N ew ek lo w sk y Informanten in kroatischer Sprache befragt und am 17. und 18. Sept. in Oberwart bzw. Oberpullendorf durch Herrn Behofsits Gewährsleute in ungarischer Sprache aufgenommen. Die vorgesehenen Auf­

nahmen von Zigeunern aus Zahling kamen nicht zustande. Als Beispiel zie­

hen wir Aufnahmen der deutschen M undart von Oberschützen heran. Be­

fragt wurden Herr Alfred Amtmann, der 1912 in Oberschützen geboren wurde, hier aufgewachsen ist, eine ungarische Volksschule besucht hat, der evangelischen HB-Konfession angehörte und als Landwirt tätig war bzw.

später Rentner wurde. Der zweite Sprecher, Herr Adolf Krutzler, ebenfalls aus Oberschützen, geb. 1901, war ebenfalls Landwirt und später Rentner.

Er war in den Jahren 1908 -1910 in Amerika, besuchte eine ungarische Volks­

schule und ein Gymnasium; seine Großeltern haben ihn in Oberschützen aufgezogen.

Die Themen waren Schweinezucht, Sauabstechen, Schweinefütterung, Pro­

bleme der modernen Schweinezucht, Hausmittel zur Tierheilung, eine Ge­

schichte von den „Brombeeren mit Haxen“, Witze vom Stotterer, vom Mau­

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rer; Fischerei, strohgedeckte Häuser, Kienleuchte; gestampfte Lehmfuß­

böden, die man am Samstag jeweils klenen (mhd. klenen) „verstreichen“ muß­

te, indem man eine gelbliche Lehmmasse verteilte, über die dann Grannen ausgeschüttet wurden; Methoden des Dreschens, Göpel, Austreten des Ge­

treides durch Vieh (in Ungarn), Wochentagsnamen, Richtungs- und Orts- adverbia.

Die Mundartaufnahme aus dem jahre 1975 zeigt eine ziemliche Altertüm­

lichkeit bei damals schon älteren Menschen, aber man kann doch auch schon das Heraufkommen einer neueren Sprechweise beobachten. Das charakte­

ristische ui in Wörtern wie guid für „gut“ wird doch schon öfters durch das jüngere ua abgelöst.

Der Familienname Krutzler unseres Hauptsprechers ist für das Burgen­

land charakteristisch: Krutz geht auf die Bezeichnung für den Stamm der Kuruzzen zurück, die mit den Türken gemeinsam für den westungarischen Raum gefährlich waren. Das Wort Krutzwird. im Steierischen Wortschatz von U n g e r-K h u ll S. 417 mit folgenden Bedeutungen angeführt:

1) ungarischer Eindringling,

2) Räuber, gefürchteter Mensch, Raufbold 3) gieriger, gefräßiger Mensch (Wechselgebiet).

Mit der Ableitung -1er versehen, kann eine der verschiedenen Bedeutungen für die Benennung der Familie Krutzler herangezogen werden.

Neben den burgenländischen Familiennamen sind noch die Benennungen der Höfe mit Vulgonamen bemerkenswert, zu ihnen tritt vielfach noch ein dritter Name, ein Schimpfname, hinzu. H errjohann Wächter (was „Wäch­

ter“ bedeutet) aus Eisenberg an der Pinka, geb. 1914, sprach als bekannter Weinhauer, der seine Qualitätsweine in die ganze W elt verschickt, zwar nicht mehr gut die alte Mundart, sondern eine Art Verkehrssprache, er be­

richtete aber über die Namen für die Bewohner von 99 Häusern in Eisen­

berg, mit dem Hofnamen und gelegentlich auch mit dem Schimpfnamen:

also z. B. auf Nr. 8 des Ortes: Familienname Meixner (hier sehr häufig, der Name kommt von Meißel und bedeutet „der mit dem Meißel Arbeitende“

zu mhd. meizen „hauen“ und zwar auf Holz oder Stein bezogen), also ein Berufsname. Als Hofname gab er Grondorfer an, also einen Herkunftnamen, etwa aus einem Krähendorf, aber als Spottname dann Kuku, also Kuckuck, ein Vogel, dem bekanntlich besondere Eigenschaften zugemessen werden.

Die Bearbeitung dieser ca. 100 Namen mit ihren Ergänzungen wäre wert, in einer eigenen Untersuchung behandelt zu werden.

So wie die Häuser ihre Spottnamen haben, gibt es im Burgenland in gera­

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dezu einzigartiger, geschlossener Art und Weise auch Spott- oder Ü ber­

namen für jedes einzelne Dorf. Dies kommt in anderen konservativen Land­

schaften Österreichs wohl auch vor, aber nur vereinzelt. So werden z. B.:

in Osttirol die Tilliacher wegen ihrer rauhen Wesensart die „Tilger Wölfe“

genannt.

Im Burgenland ist das gesamte Geflecht dieser eigenartigen humorvol­

len zusätzlichen Namensgebung noch erhalten und wäre dringend erfor- schenswert. Einige dieser Übernamen seien hier angeführt:

Krensdorf: Scheahauffmschuißa „Maulwurfhügelschießer“, weil die Be­

wohner angeblich bei der Kaninchenjagd einmal im Morgennebel auf Maulwurfshügel geschossen haben.

Neudörfl: Moilafanga „Mailerfänger“, das ist Maikäferfänger.

Der Bürgermeister soll in einem argen Maikäfeijahr eine Belohnung von einem Kreuzer für einen gefangenen Maikäfer ausgesetzt haben. Säk- keweise wurden Maikäfer aufs Gemeindeamt gebracht. Der Bürgermei­

ster zog einen aus einem Sack und gab dafür einen Kreuzer - und nicht mehr.

Wiesen: ea klängt schon-, er reicht schon hin!

Dieser Satz bezieht sich auf einen Schildbürgerstreich der Wiesener. Als sich einmal auf dem Kirchendach Graswuchs zeigte, zog man einen Och­

sen mittels eines um seinen Hals gebundenen Strickes hinauf, damit er das Gras abfresse. Als sich sein Maul dem Gras näherte, wurde der ge­

nannte Satz ausgerufen; der Ochse war aber bereits erstickt.

Marz: Neiwlpoßa: „Nebelstoßer“,

weil sie angeblich einmal bei dichtem Nebel mit Stangen ausgerückt wa­

ren, um diesen wegzustoßen.

Rohrbach: Gg&nspään „Gänsebären“ in Hinblick auf ihre intensive Gänse­

zucht.

Pöttsching: G g m iß a tjo d ln , „Gemisch-Stiere“,

weil sie ein Gemisch von Gerste, Klee und Kukuruz anbauen.

Beim Abhören mundartlicher Tonaufnahmen aus dem jahre 1958, z.B. aus Eberau im Bezirk Güssing - es sprechen die damals 58-jährige Landwirtin Anna Horwat und der damals 43-jährige Viktor Zenz, Bürgermeister und Landwirt über Grundzusammenlegung und Weinbau - zeigt sich, daß sich die Sprache nicht wesentlich von der heutigen Ausdrucksform unterschei­

det. Es folgte jedoch eine höchst bemerkenswerte Hexengeschichte, wobei auch die Person, die dem Wildschützen Schwierigkeiten macht, als Hexe entlarvt wird, wie sich herausstellt, ist sie eine „Gevatterin“ von ihm.

Dann folgt noch eine Geschichte von Schratln, also Kobolden: die Erzäh­

lerin beteuert, daß sich das Erzählte wirklich zugetragen hat und bezieht 93

sich auf eine bestimmte Person. Es sei so wahr, wie es wahr ist, daß Gott im Himmel ist. Das ist der gewaltige Unterschied zwischen den Erzählungen aus den 50er Jahren, als man noch die alten Geschichten glaubte und dem späteren Zustand, daß sie zwar erzählt, aber als Spuk abgetan werden. W ur­

den dieselben Geschichten von denselben Gewährsleuten oder deren Nach­

kommen nach über zwei Jahrzehnten erzählt, so wurden sie viel kürzer und ausdrucksloser dargeboten. Die alten volkstümlichen Überlieferungen sind unwiederbringlich. In der älteren wie in der jüngeren Überlieferung volks­

tümlichen Sprachgutes spielt der Begriff der Hianzßn oder Heanzen eine auf­

fallende Rolle.

Im steierischen Wortschatz von U n g e r-K h u ll (1903) steht auf S. 605 das merkmürdige Zeitwort uidelnm.it der folgenden Bedeutung: „an Stelle von u nach Heanzenart ui sprechen“ (der Nachweis erfolgt aus der östlichen Steiermark). Und unter hienen und hienzen, einem schwachen Zeitwort wird weinen, heulen (bes. von Hunden angegeben), als Beleggebiet die Ober- und Mittelsteiermark genannt. Das verbreitete Verbum hienzen bzw. heanzen be­

deutet verhöhnen, verspotten. Nach der tradierten Meinung der Wiener mundartlichen Schule an der Universität Wien und an der Akademie der Wissenschaften liegt ein Spottname für die Heanzen genannte Bevölkerung vor; das mhd. Wort z'e^für „jetzt“ tritt auch als hiezauiund kann ein «-Infix haben, wonach es dann hienz bzw. heanz heißt. Dieses Wörtchen AtVrz^kommt schon in den Mundartdichtungen von J ohannes E b e n sp a n g e rin Deutsch- Westungarn vor. Offenbar hat man, weil die Leute oft einen Satz mit hienz anfmgen, diese ausgespottet. Solche Entwicklungen von Völkerschaftsnamen sind sehr häufig, z. B.: heißen die deutschen Bewohner des Fersentales/

Valle del Fersina bei Trient, Mocheni, weil sie immer wieder das W ort m o c h n „machen“ gebrauchen; die Italiener, die ihnen diesen Namen gaben, sprechen es aber als mocken aus.

Wie dem auch sei, für die Heanzen des Burgenlandes ist der «f-Laut an Stel­

le von ua in guid, Bluid, Muida statt guad, Bluad, Muada usw. besonders cha­

rakteristisch. Man muß aber feststellen, daß gerade dieses Charakteristi­

kum ihrer Sprache im Schwinden ist bzw. immer seltener wird. Es ist schwer, eine Prognose für die Zukunft der heanzischen Mundarten zu erstellen. Einer­

seits wird die Erhaltung der älteren sprachlichen Formen bewußt gepflegt, andererseits hat diese alte Sprache nicht die nötigen Mittel, um die techni­

sierte moderne Lebenswelt sprachlich zu bewältigen.

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Anmerkungen

1 Nach einem im April 1999 im Hianzenverein in Pinkafeld gehaltenen Vortrag.

2 Güssinger Begegnung, Ausgewählte Vorträge, gehalten auf den Tagungen des Josef-Reichl-Bundes in denjahren 1987-1991. Güssing 1993, S. 33.

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Isabella Kesselheim

Die Bedeutung des Juristen Dr. Miksa Märton

In document 34 . Budapest 1999 (Pldal 89-99)